Ansichten eines Informatikers

Warteschlangen

Hadmut
26.1.2020 16:42

Ein unbefriedigender Sonntag.

Irgendwie musste ich heute raus aus der Bude, Beine vertreten.

Nun, dachte ich, das trifft sich gut, denn das Naturkundemuseum hatte ja angekündigt, dass an diesem Wochenende der Eintritt frei ist, um sich von Tristan Otto zu verabschieden. Dem Tyrannosaurus Rex (oder was von ihm übrig ist), den sie nun einpacken und nach Kopenhagen verleihen.

Nun habe ich kein so inniges Verhältnis zu jenem Tristan Otto, wir kennen uns nur vom Sehen.

Aber ich gehe gerne in Naturkundemuseen, war ja neulich auch in New York und davor in Auckland und davor in Kapstadt und davor … und so weiter und so fort. Ich halte sie ja auch für überaus wichtig und wertvoll, gerade in Zeiten von Marxismus, Geisteswissenschaft, Gender und anderem Schwachsinn für so unverzichtbar, Kindern (und vielen Erwachsenen) zu zeigen, schau mal, das ist Natur, so sieht das aus. Da gibt es Männchen und Weibchen, und die sehen unterschiedlich aus. Und manchmal, oder im Zoo, oder auf Safari, da kann man sehen, dass sie sich auch unterschiedlich verhalten und benehmen. Nur nicht in Universitäten. Kinder, hütet Euch vor Universitäten. Glaubt ihnen nichts. Haltet Euch an die, die empirisch arbeiten und Euch das zeigen und belegen können, was sie behaupten.

Nun ist das in Berlin immer kritisch, wenn es was für umme gibt, aber die Gefahr, dass ein bildungsorientiertes Museum in Berlin überfüllt ist, die hielt ich für ausgeschlossen. Der Berliner an und für sich nimmt alles, was er für umme kriegen kann, aber Bildung ist jetzt auch nicht so unbedingt … naja.

Umso erstaunter war ich, als ich da um 15:00 ankam und die Schlange am Eingang bis zum Eingang des Mercure Hotels stand. 200 Meter werden das mindestens gewesen sein.

Boah, hätte ich nicht gedacht. Hätte ich wirklich nicht gedacht.

Ei, dachte ich, wie kann das sein? Stehen die alle für kostenlose Eintrittskarten an? Warum machen die nicht einfach die Tür auf? Und warum geht es da überhaupt nicht voran?

Also bin ich an der Schlange vorbei, und die Eingangstür war zu. Wegen Überfüllung. Rappelvoll der Laden.

Grundsätzlich erfreulich, besonders für Kritiker linker Gesellschaftsdekadenz, aber eben nicht für die, die draußen stehen.

Aber warum stehen die da?

Ich habe größtes Verständnis für Leute oder ganze Familien, denen das sonst zu teuer ist. Der Eintritt ist ja nun auch nicht ganz billig. Und mit Kindern geht da schon ein Stück Geld weg, das nicht jeder übrig hat.

Aber wenn man so weit hinten in einer so langen Schlange steht, in der es gerade gar nicht voran geht, dann müsste man sich doch mal eine Überschlagsrechnung durch den Kopf gehen lassen. Um 18:00 machen die dicht. 17:30 letzter Einlass. Wenn man da jetzt ansteht, kann man vermuten (ich hätte die Schlange mal in Bewegung sehen müssen, um überhaupt ein Durchschnittstempo abschätzen zu können, aber weil in der Zeit, in der ich da war, so gar nichts passierte, kann das nicht hoch sein), dass man da mindestens eine Stunde, eher zwei ansteht. Zwei Stunden in der Kälte stehen, um dann mal eine Stunde im Museum rumzurennen? Oder womöglich gar nicht mehr reinzukommen?

So ganz kalt war es zwar nicht, aber unangenehm und hohe Luftfeuchtigkeit, klamm.

Also bin ich wieder abgezogen, dachte mir, kommste ein anderes Mal, sie haben ja sowieso angekündigt, dass sie da richtig viel Geld in die Hand nehmen und das alles viel, viel größer machen wollen, um auf Weltniveau aufzuschließen. (Wie bei Flughäfen und KI.)

Und bin stattdessen dann zu Fuß nach Hause, wollte mir ja die Füße vertreten. Also kleinen Stadtspaziergang, mal eine Stunde unterwegs. Sind so knapp 5km.

Ich hatte mir das so gedacht, dass ich auf dem Heimweg einen Abstecher zu einem Kaffeehaus mache, das ich da mal entdeckt, aber noch nie besucht hatte. So lausiges Wetter, diesig, bewölkt, klamm, das wäre doch wunderbar, um sich auf eine Tasse heiße Schokolade in ein Kaffeehaus zu setzen, wie man das früher so gemacht hat.

Komme rein, sieht voll aus. An einem kleinen Zweiertisch, der zwar in zugiger Nähe zur Eingangstür lag, machten sich gerade welche zum Gehen fertig, ich dachte, gut das passt.

Ein (anscheinend türkischer oder arabischer) Kellner sprach mich an und erkundigte sich höflich nach meinem Begehr. Mich zu setzen und etwas zu trinken. Er drückte mir sein Bedauern und seine Anteilnahme aus. Er habe eine Warteliste und drei Tische vor mir dran.

Mal abgesehen davon, dass mir so eine Pauschalaussage komisch vorkommt, wenn sie so verschieden große Tische haben und mir der kleinste gereicht hätte, und ich da jetzt auch zumindest ad hoc niemanden sehen konnte, der gewartet hätte, hatte ich den Eindruck, der will mich nur nicht. Anscheinend sind Einzelpersonen an einem Sonntag Nachmittag nicht so begehrt, da sollen die Tische voll sein. Ein Gedanke, der mir erst später kam, der aber nur auf den Leuten dort in aller nächster Nähe beruhte, ich muss mir das durchaus nochmal näher anschauen, ob der Gedanke auch stimmt, dass man da vielleicht eher einen anderen Kulturkreis als Kunden bevorzugte. Weiß ich noch nicht. Muss ich mir mal anschauen.

Wie dem auch sei, der Sonntag nachmittag verlief unerfreulich, aber auch etwas aufschlussreich.