Ansichten eines Informatikers

Die ethische Frage des Reisens nach Australien: coming back to life after fires

Hadmut
13.1.2020 23:51

Ich hatte doch neulich die ethische Frage aufgeworfen: Soll man, oder soll man nicht?

Das Dilemma war ja, dass man einerseits keinen Katastrophentourismus betreiben, nicht gaffen, den Leuten nicht zur Last fallen und schon gar keine Ressourcen wie Arbeitszeit, Platz, Lebensmittel, Unterkünfte, Wohnmobile, Rettungskapazitäten und dergleichen wegnehmen will.

Andererseits sind die Leute auf den Tourismus angewiesen, sie haben Vorräte gekauft, Personal unter Vertrag, Hypotheken abzuzahlen, von irgendwas zu leben, vor allem, nach den großen Schäden. Wenn jetzt noch der Tourismus wegbricht (und danach sieht es ja gerade aus), kommt noch eine Katastrophe obendrauf.

Ich weiß jetzt nicht mehr, wo, aber irgendwo habe ich in den letzten Tagen noch weitere solche Überlegungen gefunden. Viele Leser, auch manche, die gerade unten sind oder vor Kurzem unten waren, schreiben mir, dass die Leute dort sehr um Touristen bitten, weil denen sonst die Pleite droht. Gerade wenn die solche Probleme und Kosten haben, ist das echt übel, wenn Touristen wegbleiben.

Ich habe auch irgendwo einen Kommentar der Feuerwehr dazu gelesen. Und die Feuerwehr ist für mich da ja immer die wichtigste und beachtlichste Instanz. Und die meinten, Ihr Problem seien eigentlich nicht die Touristen, sondern die vielen Touristen, die sich nicht an Verbotsschilder halten. Es wäre alles gut gewesen, wenn Touristen (und in Australien fährt man als Tourist immer rum) sich einfach an die aufgestellten Zufahrtsverbotsschilder gehalten hätten, haben aber viele nicht, und die musste man dann aus dem Feuer retten.

Am Anfang meiner Überlegung hatte ich – noch vor den Blogartikeln zu dieser Frage – die australische Tourismusbehörde angeschrieben, dass ich gelegentlich in Australien bin, Blogger, und über das für und wider einer Reise nach Australien zu Brandzeiten grüble, und mich bei ihnen erkundigen würde, was sie da gerade für angemessen hielten und wünschten. Zum einen wollte ich sie nicht durch Tourismus belästigen, zum anderen aber auch nicht pleit gehen lassen. Ich wäre mir gerade nicht sicher, was ihnen lieber sei.

Zunächst keine Antwort. Ich hatte befürchtet, dass sie entweder technische Probleme haben, vielleicht abgebrannt sind, oder aber meine Frage für törricht oder deplatziert halten könnten.

Heute kam die Antwort. Anscheinend war ich auch nicht der einzige, der gefragt hatte. Sie bedanken sich sogar doppelt und sehr freundlich für die Anfrage, teilen aber nur knapp mit, dass sie die Antwort (am 3.1. schon) auf einer Webseite allgemein dargestellt haben.

Der Text wirkt auf mich sehr bedrückend.

Es geht ihnen wirklich nicht gut. Die haben da richtige Probleme. Ernste Probleme. Einen so depressiven Tonfall kenne ich aus Australien eigentlich gar nicht. Es sind eigentlich immer wir Deutsche, die auf Australier depressiv wirken, weil die fragen „Wie geht’s?” – How ar’ ya, how are you today, how’re ya doin oder sowas in der Art (aber kein Australier jemals eine ernsthafte Antwort darauf erwartet) und eine Krise bekommen, wenn wir Deutsche dann darauf eben wahrheitsgemäß antworten, wie es uns so geht und welche Probleme wir gerade haben. Sowas verkraften die nicht. Die Normantwort ist „not too bad…”, keinesfalls mehr. Deutsche Antworten halten die für den Nachweis unendlichen unvorstellbaren Elends auf der anderen Seite der Welt.

Die Rollen sind gerade vertauscht.

Zuversicht klingt anders.

Aber was ich dem auch entnehme, ist, dass es ihnen nicht nur dreckig geht, sondern sie auch noch große Sorge um ihren Tourismussektor haben und versuchen, den aufrecht zu erhalten. Noch ein zusätzliches Problem können sie nicht brauchen. Weder Touristen als Problem (weshalb sie sagen, was man alles prüfen und berücksichtigen müsse), noch deren Wegbleiben als Problem.

*Seufz*

Eigentlich mache ich nur etwa alle 3-5 Jahre eine große Reise nach AU/NZ, und ich war ja gerade vor 13 Monaten erst in Neuseeland.

Ich grüble noch, ob ich dort im Nord-Sommer (=Süd-Winter) mal hinfahre. Ich wollte eigentlich nach Dubai auf die World-Expo, die im Oktober oder so anfängt. Das wäre vielleicht was für den Rückweg, wenngleich etwas spät.

Aber was dann dort machen?

Eigentlich habe ich alles durch außer Südwestküste und Coober Pedy. Eigentlich müsste man mal die Strecke von Cairns über Sydney bis Adelaide nochmal fahren (die ich auf drei Reisen verteilt schon kenne) und mal schauen, wie es jetzt dort aussieht, aber soviel Urlaubszeit habe ich nicht, und das wäre auch deutlich zu teuer. Was macht man dann da? Abgebrannte Wälder und kaputte Siedlungen betrachten? Koala-Krankenhäuser?

Vielleicht könnte das ja ganz interessant werden. In Australien gibt es nämlich ziemlich viele Pflanzen, die sich auf Waldbrandflächen spezialisiert oder zumindest angepasst haben. Während das Land noch brennt, melden die da bereits wieder neuen Pflanzenwuchs, Waldbrandflächen sind in Australien unglaublich schnell wieder überwachsen:

Coming back to life after fires. Die Regeneration hat – bei den Pflanzen – an einigen Stellen schon voll eingesetzt.