Ansichten eines Informatikers

Unser teuerstes Billig-Fernsehen der Welt

Hadmut
11.1.2020 1:47

Ist Euch mal was aufgefallen? Oder geht das vielleicht nur mir so?

Eigentlich fällt mir das schon seit drei, vier Jahren auf, aber ich war im Dezember fast durchgehend zuhause. Eigentlich habe ich den Restjahresurlaub aufgebraucht und wollte hier in der Gegend rumfahren, aber irgendwie war ich nicht nur erkältet, sondern auch sonst einige Tage irgendwie angeschlagen, und bin dann lieber zuhause geblieben, Kleinkram machen, Bloggen, aufräumen, meine Daten- und Softwareberge mal umsortiert, bisschen gekocht, ultimativ ausgeschlafen und sowas. Mal etwas Ruhephase eingelegt. Zumal die Feiertage diesmal sehr günstig lagen. Im Prinzip einen Monat verpennt und verfaulenzt. Zumal ich den Schwarzen Gürtel in Prokrastination habe.

Je nachdem, was ich mache, lasse ich dann auch ab und an tagsüber auch mal das Radio laufen (mal lokal, mal englisch aus Australien, Neuseeland oder USA), und so ab 18 oder 19 Uhr auch mal den Fernseher, hauptsächlich um Nachrichten zu sehen. Ich lasse das dann gerne auch mal abends nebenher laufen, etwa beim Bloggen, ohne aber durchgehend richtig zuzusehen, je nachdem, was kommt.

Privatfernsehen empfange ich nicht mehr. Ich habe keine Lust, für einen Kabelanschluss zu zahlen, weil die mich anfangs mal verarscht haben und ich dann auch für jeden Fernseher eine Karte zahlen müsste. Deshalb habe ich hier mal alles auf DVB-T umgestellt. Der Sender ist nahe genug, dass jeder Fernseher mit einem kleinen Stummel prima empfangen kann. Als die aber von DVB-T auf DVB-T2 umgestellt haben, wollten die dann plötzlich für die Privaten Geld, und das habe ich dann auch nicht eingesehen. Für Sat.1 und ProSieben haben meine Fernseher notfalls Streaming-Apps, über die ich das dann doch wieder kostenlos gucken könnte (es aber dann noch nicht tue, weil eigentlich nichts kommt, was ich sehen will), RTL bekomme ich gar nicht und vermisse es auch nicht. Ich muss nicht fernsehen, weil ich so wahnsinnig viel Material in Text, Video und Ton habe, das ich noch durchgraben müsste, dass ich dann, wenn ich bewusst sehen will, schlicht besseres als Fernsehen habe, und davon mehr als genug. Aber so zum nebenher laufen lassen, damit’s nicht so still und monoton ist, reicht’s gerade so.

Und mir fiel dabei eben so auf, dass eigentlich den ganzen Dezember durch nur Billigschrott im Fernsehen kam.

Außer Terra X am Sonntag abend und Inas Nacht gibt es im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen keine einzige regelmäßige Sendung bzw. Serie mehr, die ich noch gerne schaue. Nachrichten, weil’s halt aktuell ist. Manchmal bringen sie schon mal einen guten Film oder eine gute Sendung, aber das sind dann dass, was die Bibliothekare als „Monographien” bezeichnen würden. Also Einzelsendungen, nicht Serien oder sowas. Aber alles, was da dauerhaft kommt, ist nur noch Müll.

Unentwegt kommen irgendwelche Rateshows auf Kindergeburtstag-Niveau mit Gästen aus der immer selben Personengruppe.

Im Zweiten kommt endlos „Bares für Rares”. Die Dauerkochshows haben sie immerhin reduziert. Dafür Talkshows bis zum Erbrechen und weit darüber hinaus.

Dann jede Menge Krimis. Eigentlich würde ich Krimis lieben. Aber nicht mehr diese. Stinkend langweilig, abgenudelt. Irgendwo stand mal, dass die Tatorte im Budget gekürzt wurden und sie deshalb keine spektakulären Dinge mehr machen können, sondern Rede- und Schwätz-Tatorte mit wenigen Personen drehen müssen. Letztes und Vorletztes Jahr gab es immerhin mal ein paar ungewöhnliche Experimente. Die waren nicht immer gut, aber immerhin mal anders. Im Fernsehen ist alles besser was anders ist.

Das Weihnachtsprogramm war wie eingeschlafene Füße.

Was mir irgendwann auffiel: Das sind eigentlich alles vergleichsweise Billigproduktionen, von der Helene-Fischer-Show mal abgesehen, die ist teuer. (Aber ich halte das Gejaule nicht aus, da schalte ich dann um. Da ist dann irgendwie niemand dabei, der so richtig singen kann.)

Die Vorabendserien laufen auch auf Sparbetrieb. Mir fiel das mal bei „Küstenwache” (schon etwas her, ich habe mir auch mal eine Kulisse angesehen) auf. Mehr als mit dem Schlauchboot ein paar Meter zu fahren machen die nicht. Das große Schiff oder die Hubschrauber und so sind immer nur reingeschnittene Bildkonserven. Alles im Schiffsinneren findet in einem Studio statt. Das merkt man an verschiedenen Details. Noch nie gab es beim Blick von der Brücke durch die Fenster irgendwas zu sehen. Entweder weiß oder die immer selben Wolken, die auf die Wand gemalt sind, die vor den Brückenfenstern steht. Die tun so, als würden sie mit dem Fernglas in die Ferne gucken und dort schreckliche Dinge sehen, aber sie stehen in einer Studiokulisse und gucken durch Pseudofenster einfach auf eine Wand, auf der einfach gar nichts zu sehen ist. Und egal, wie eilig oder gefährlich es ist, niemals fahren sie mit dem großen Küstenwachenschiff zu irgendeinem Notfall. Das heißt immer „Kontrollboot klarmachen”, und dann fahren die mit einem kleinen Schlauchboot los. Man sieht sie in dem Boot, aber niemals sieht man im Hintergrund das große Schiff. Das ist dann immer plötzlich weg. Die gesamte Handlung findet dann zwischen ihrem kleinen Schlauchboot und irgendeiner ranzigen kleinen Miet-Yacht statt, wahrscheinlich 300 Meter vom Hafen weg. Auch die Rettungsflieger hat man nie richtig im Hubschrauber fliegen gesehen. Die haben eine Studioattrappe, die ein bisschen wackelt, aber nie gibt es durch die Fenster irgendwas zu sehen, wenn man gleichzeitig auch die Schauspieler sieht. Und so weiter und so fort. Notruf Hafenkante scheint auch nur aus Studio-Innenaufnahmen und einem Polizeiauto für die Außenaufnahmen zu bestehen, alles andere sind reingeschnittene Konserven. Eigentlich alles Billigproduktionen.

Dann die endlosen Rate- und Wissensshows. Eigentlich auch nur Billig-Mist. Irgendwo steht halt das Studio, eine feste Darstellercrew von ein paar Leuten, wechselnde Gäste und selbstladendes und zahlendes Studiopublikum. Eigentlich auch nur Billigscheiße.

Talkshows: Billigmüll. Die Talk-Queen verdient fette Kohle, alle anderen sind Billiglöhner und durch externe Produktionsfirmen jederzeit kündbar. In der Summe trotz der teuren Queen dann vergleichsweise billig.

Bares für Rares: Billigstmüll. Kommt ständig. Ist Euch aber mal aufgefallen, dass Horst Lichter zwar dekorativ, aber komplett überflüssig ist, weil er eigentlich nur ein paarmal im Bild rumsteht, aber eigentlich keine Ahnung von der Sache hat und beim Bieten auch nicht dabei ist? Kein Drehbuch, keine Ideen, nicht mal ein richtiges Studio. Irgendwo ein altes Fabrikgebäude, paar Lampen und Kameras rein, fertig.

Ich hatte vor einiger Zeit mal geschrieben, dass mir aufgefallen ist, dass selbst die öffentlich-rechtlichen manchmal mit einem Handy Filmaufnahmen machen. Da schrieb mir ein Insider, das käme öfters vor als gedacht, weil manche Produktionen extrem sparen müssen.

Im Fernsehen gibt es viele Billigproduktionen. In der Anfangszeit des Privatfernsehens war das häufig. Warum haben die Tutti Frutti oder nachts Pornos gesendet? Weil das extrem billig ist und sie nicht mehr Geld hatten. Bei Tutti Frutti gab es dann 100.000 Länderpunkte, weil sie im italienischen Studio gedreht haben, vier Sendungen pro Tag gedreht haben und sich nicht mal eigene Schilder für die Preise leisten konnten, sie deshalb die italienischen Lire-Schilder nehmen mussten. Statt Lire nannten sie es dann Länderpunkte. Später kamen dann nachts die Verkaufsshows. Weil man zu der Zeit keine Werbeeinnahmen erzielt, und die Produktion einer solchen Verkaufsshow fast nichts kostet, sie aber für jeden Verkauf noch Tantiemen bekommen, die also sogar negative Kosten verursachen. Aber: Bei Privatfernsehen habe ich Verständnis dafür. Die müssen mit ihren Einnahmen haushalten und trotzdem 24 Stunden senden, und ich muss es ja auch nicht kaufen und gucken, wenn ich nicht will.

ARD und ZDF dagegen sind ein ausufernder Sumpf, aber das Programm wird immer billigerer Schrott.

Wo bleibt das ganze Geld?

Warum brauchen die so irre viele Leute, um so ein Müllprogramm zu produzieren?