Ansichten eines Informatikers

„Retrofit”

Hadmut
5.1.2020 21:12

Huahahaahaaaaaa!

Die BZ hat einen würzigen Artikel über den Flughafen BER.

Selbst wenn die es tatsächlich schaffen, das Ding dieses Jahr zu eröffnen (und alles andere wäre extrem absurd, ich schwelge gerade in Doppel-Glaub, ich glaube nämlich nicht, dass sie ihn technisch fertig kriegen, anderers kann ich mir politisch nicht vorstellen, dass sie die Eröffnung nochmal verschieben können, sie werden ihn also eröffnen und es wird schief gehen), haben sie ein grundsätzliches Problem: das Ding ist zur Eröffnung schon verhaltet.

Der Knackpunkt ist nämlich, dass das Ding ja 2011 hätte fertig werden und eigentlich schon seit fast 10 Jahren in Betrieb sein sollen, es wurde ab 2006 gebaut und eigentlich so ab 2000 geplant und entworfen.

Das heißt, dass das Ding, selbst wenn sie es fertig bekommen, auf einen konzeptionellen und planerischen Stand von 2000 ist.

Und seit 2000 hat sich enorm viel getan, was so die Lebensgewohnheiten, das Business, so das ganze Alles und Überhaupt betrifft. Stichwort: Internet, Digitalisierung, Handy. So um 2000 war Internet noch nicht allgemein verbreitet, und die heute üblichen Webdienste gab es größtenteils noch nicht. Mobiltelefone waren damals noch selten, teuer und sie konnten – naja – sie konnten telefonieren. Und SMS. Fertig. Sonst nichts. Manche wenige konnten Internet an einen Computer weitergeben, aber gaaanz langsam. Ich kann mich erinnern, dass ich damals auf dem Rückweg vom Kunden mal aus dem Zug per Handy eine Mail verschickt habe. Eine. Sonst nichts. Das war noch eine größere Aktion. Und damals hatte ich auf meiner ersten Australienreise noch ein PCMCIA-Modem dabei, für das ich unterwegs im Hotel Nachtische verrückt und Telefondosen aufgeschraubt habe, um für extrem teures Geld per Ferngespräch Einwahlpunkte anzuwählen – unter den entgeisterten Blicken der Mitreisenden, die sich fragten, was zur Hölle der da eigentlich macht. Damals gingen die wenigen, die wussten, was Internet ist, zum Internet. Man holte es nicht zu sich. Es gab damals „Internet-Cafes”, in die man sich setzte, pro Zeit bezahlte, und sich – damals der ganz heiße Scheiß – bei Hotmail einloggte. Jugendlichen vom Internet des Jahres 2000 zu erzählen gehört schon in die Kategorie „Opa erzählt vom Krieg”.

Das ist wohl der Stand der Planung beim BER.

Und es hat sich wohl auch nicht viel dran geändert, denn zum Renovieren sind sie ja noch nicht gekommen.

Und so wird man, wenn man den Flughafen dann besucht, so lästern die BZ, eine Zeitreise in die Vergangenheit erleben.

Manches im „modernsten Flughafen Europas“ musste inzwischen erneuert werden. Da sind etwa die Monitore im Terminal. 750 Bildschirme waren jahrelang in Betrieb – bis sie schrottreif waren und entsorgt wurden. Inzwischen braucht auch die S-Bahn-Strecke zum BER neue Technik. Am Check-in hängt noch das alte gelbe Logo der Lufthansa.

Und viel Papierkram ist nötig, damit bei der Terminal-Abnahme nicht über Dübeln der Daumen gesenkt wird. Sie sind seit Jahren verbaut, doch die Normen sind inzwischen andere.

[…]

Ankunft in der Haupthalle: Auf beigem Jura-Kalkstein führt der Weg zu den Check-in-Inseln. Das sind große vertäfelte Kisten in edlem Holzfurnier – Design der Nuller-Jahre. Da wurde der Bau geplant.

Dass Passagiere selbst einchecken und ihr Gepäck aufgeben, daran dachte niemand. Damit das 2020 geht, erhalten die edlen Schalter nun Aufbauten. Die Flughafengesellschaft hat bewusst Technik geordert, die „retrofit“ ist, wie es hieß.

*Pruuust* Retrofit.

Ja, ich werd’ dann zur Eröffnung mal die Knickerbocker und die Schiebermütze raussuchen.