Ansichten eines Informatikers

Bei uns kommt das Geld aus der Steckdose

Hadmut
29.12.2019 18:01

Der Tagesspiegel jubelt, dass in Luxemburg ab März Bus und Bahn „kostenlos” seien.

Als ob die sich dann irgendwie von selbst bauten und führen.

Dass die soviel kosten wie vorher, nur jemand anderen, das kapieren Journalisten schon nicht mehr. Muss dann eben der Steuerzahler zahlen. Der Unterschied ist nur, dass der, der es zahlt, und der, der es nutzt, nicht mehr derselbe ist, man also wieder mal auf Kosten anderer fährt.

Wenn das Kriegen aber nicht mehr vom Leisten abhängt, dann ist es eine spieltheoretische Unausweichlichkeit, dass das System am Missbrauch verstirbt.

Ich habe das in Berlin in letzter Zeit öfters erlebt, dass in der U- oder S-Bahn ein oder zwei Wagons nicht mehr zu nutzen war, weil irgendein Penner drin übernachtet hat oder noch drin rumlag, und die Leute so entsetzlich stinken, dass man sich da nicht mehr aufhalten kann. In der Woche vor Weihnachten kam ich am hinteren Ende der U-Bahn rein, hatte es eilig, glücklicherweise eine schlauchförmige Bahn, in der man entlanglaufen kann, und es stank so erbärmlich, dass man das nicht aushielt. Direkt vor mir in ansonsten leeren zwei Waggons (die Leute waren alle noch vorne geflüchtet), der übelst verdreckte, übelst stinkende, übelst mit Drogen vollgepumpte, aber noch heftig wichsende Grund des Gestanks. Ich bin im Zug fünf Waggons nach vorne gelaufen, bis das mit dem Gestank nicht mehr so störend war. An der nächsten größeren Station dauerte das, weil das Personal den irgendwie entfernen wollte und das zu größeren Problemen und Auseinandersetzungen kam. Das ist aber in Berlin kein Einzelfall, nicht wenige Leute ziehen einfach in U- und S-Bahn ein.

Wenn dann alles „kostenlos” ist und man keine Fahrkarte mehr braucht, würden die Bahnen dauerbewohnt. Es gibt ja in Berlin die Ringbahnen, die im und gegen den Uhrzeigersinn im Kreis um Berlin fahren, und die würden dann (was sie jetzt schon teils sind) zu motorisierten Pennerwohnheimen mit eingebauter Kreuzfahrt durch Berlin.

Insofern würde ich auch bezweifeln, dass das umweltfreundlich sein kann.

Man muss sich überhaupt mal bewusst machen, was die da tun: Mobilität kostet Energie. Also wird man den Energieverbrauch ganz sicher nicht reduzieren, indem man sie kostenlos verschenkt, weil Leute dann mutwillig und ohne Grund rumfahren. Ich habe das damals in der Fahrschule noch gelernt, dass es verboten ist, ohne Grund mit dem Auto nur so zum Spaß herumzufahren. Umweltschutz. Genau das führt man dann aber ein.

Und das Ergebnis wird eben auch sein, dass sich die öffentlichen Verkehrsmittel damit so verschlechtern und zum Pennerexpress werden, dass die Leute auf Privatautos umsteigen.

Denn was man mit so einer Wahnsinnsaktion – Luxemburg geht vielleicht noch, aber Luxemburg ist nicht Berlin – eigentlich nur erreicht, ist, dass man die öffentlichen Verkehrsmittel der arbeitenden Mittelschicht entzieht, und das sind die, die Mobilität wirklich brauchen.

Man kann sich das vorstellen, wie bei Wohnungen: Stellt Euch vor, in Berlin oder München wäre das Wohnen kostenlos. Würde man dann noch eine Wohnung bekommen?

Als ich 2013 hier in Berlin nach einer Wohnung gesucht habe, habe ich auch noch halbwegs preisgünstige Wohnungen gesehen, aber da stank es dann halt am Eingang und im Treppenhaus nach vergorenem Urin und faulender Kacke. Alles, was nicht einen gewissen Mindestpreis hat, wird von den untersten Bevölkerungsschichten zerstört und unbrauchbar gemacht.

Kostenlos geht nach hinten los.