Ansichten eines Informatikers

Über Fotografie, Schwarze und Gender-Schwachsinn

Hadmut
17.12.2019 23:53

Eine technische Anmerkung.

Naja. Mmmh.

Geht so.

Ich habe gerade an einem „Webinar” teilgenommen, das mir auf irgendeiner Fotoliste angeboten wurde. Ein bekannter amerikanischer Hersteller von Belichtungsmessern lud ein zu einem Vortrag von Matthew Jordan Smith, ein Promi-Fotograf, dessen Bilder sehr bekannt sind, der verkünden wollte, wie man zuverlässigere Fotografie lernen kann.

Naja, sagen wir es so: Es war eher oberflächlich und irgendwo zwischen einer Butterfahrt und einer typischen amerikanischen Werbesendung. So richtig an Informationen kam nicht viel rüber, und das auch eher für Anfänger (die ersten paar Minuten habe ich wegen Verbindungsproblemen verpasst, eigentlich war ich eingeloggt und der Chat war sichtbar, aber das Video nicht), und wie nicht anders zu erwarten, wenn ein Hersteller von Belichtungsmessern so eine Veranstaltung abhält, war die Quintessenz, dass der erfolgreiche Fotograf genau zwei Dinge braucht: Selbstverstrauen und den Belichtungsmesser dieses Herstellers. Es gab sogar einen zu gewinnen, den ich nicht gewonnen haben (macht aber nichts, ich habe schon so einen). Natürlich, wie immer in Amerika üblich, viel Rhetorik, viel Hurra, ständiges Betonen, wie gut und erfolgreich er ist und die Versicherung, dass man das auch könne, be confident und so weiter, man möge sein eigenes „normal” finden (dazu unten mehr). Und am Schluss ging es dann in die Dauerwerbesendung über, in der er seine Online-Kurse verhökern wollte, und wie da eben üblich, in der Dauerschleife, in der unzählige Male wiederholt wird, dass man es nur jetzt und in den nächsten 15 Minuten (es zählt eine Uhr runter) so billig bekäme, weil er nur jetzt und heute, weil Weihnachten wäre und eine Dekade ende, er seine Kurse so billig anböte. Einmalige Gelegenheit, greife jetzt zu. Und natürlich das Antworten auf Zuschauerfragen, aber nur auf die, die gerade passen, „That’s a great question” (In den Dauerwerbesendungen sagen sie da so gerne, „Ich bin so froh, dass Du mich das jetzt fragst…”).

Dazu natürlich irgendwelche „Zuschauer” (jede Wette: automatisierte Werbeavatare) die im Chatfenster bei den Schulungsangaboten (heute nur $797) jubelten und meinte, es sei Weihnachten, auch doppelt so teuer wären sie noch spottbillig, und man könnte ein großartiger und erfolgreicher Fotograf werden, wenn man nur an diesen wunderbaren Kursen teilnimmt, in denen man ihn (im Teil II) alles fragen kann, was man möchte und get your questions answered.

Oh, liebe Zeit.

Mir geht dieses amerikanische Marketing so wahnsinnig auf die Nerven.

Es ändert aber nichts daran, dass er am Anfang ein paar Sachen sagte, zwar nur oberflächlich streifte, aber die gut und wichtig waren.

Nämlich der Einsatz eines Belichtungsmessers zur Lichtmessung (und nicht – nur – Objektmessung).

Eigentlich habe ich das alles vor ungefähr 30 Jahren schon mal gelernt. Nämlich bei den Aktfotoworkshops, bei denen ich, was so gar nicht glauben würde, sehr viel gelernt habe. Blitzen mit Studioblitzanlagen, die sich völlig anders verhalten als die kleinen Elektronenblitze für auf die Kamera, und vor allem: Mit Diafilmen.

Weil mir Negativfilme mit Abzügen damals zu teuer waren, konnte ich mir als Student nicht leisten. Ich habe es damals geschafft, einem Fotohändler in Karlsruhe (den es nicht mehr gibt) eine ganze Wiederverkäuferpackung mit 100 Dialfilmen samt Entwicklung für 500 Mark abzuschwatzen, der hat erst hinterher gemerkt, dass das mit den Entwicklungen wirklich spottbillig war (obwohl Billigmarke Scotchchrome). Damit habe ich viele Aktofotosessions bestritten, weil pro Session so zwischen 10 und 20 Filme durchgingen. Der Haken an Diafilmen ist: Da lässt sich später nichts mehr korrigieren wie bei Negativfilmen. Passt oder passt nicht. Halbe Blende daneben kann das Bild schon verderben. Und man sieht das ja nicht sofort, wie bei Digitalkameras, sondern erst Tage später, wenn man die Filme von Entwickeln abholt. Da muss man exakt messen. Und messen kann man nicht mit der Kamera, weil die Kamera keine (Studio-)Blitze messen und steuern kann. (Damals nicht konnte.) Zwar konnte man sich ungefähr mit teuren Polaroid-Aufnahmen behelfen, aber letztlich half einfach nur: Richtig messen. Mit dem Handblitzbelichtungsmesser. Anders ging es damals nicht.

Heute verwendet man durch das Aufkommen von Energiespar- und LED-Leuchten, die nicht soviel Strom kosten und Wärme abstrahlen, mehr Dauerlicht als Blitzlicht, und hat die Digitalkameras, was viele dazu verleitet, nur die Kameramessung zu verwenden, die aber systematisch als Objektmessung nicht genau sein kann. Der sagte, dass er immer und ausnahmslos mit dem Handbelichtungsmesser die Lichtmessung macht (naja, sie wollen die Dinger verkaufen, aber er hat Recht), um genau zu messen.

Dann sprach er etwas oberflächlich an (er redete von „normal”, dass die Dinger immer „normal” messen, aber jeder sein eigenes „normal” finden müsse), was genau der springende Punkt ist, ich hatte das schon mal im Blog angesprochen und ausgeführt.

Warum bringe ich das jetzt?

Weil dieser Fotograf eben ein Schwarzer ist und bevorzugt Schwarze fotografiert und wirklich Top Fotos abliefert. Zeigte auch supertolle Fotos von Oprah Winfrey oder Tyra Banks. Was mich daran erinnerte, dass ich viele meiner besten Portraits auch in Afrika von Schwarzen gemacht hatte. Die geben fotografisch einfach enorm viel her, und da gibt es außergewöhnlich schöne Menschen. Dunkle Haut kann mehr Schattierungen hergeben, die Skala besser ausnutzen, und Low Key-Aufnahmen (die auf das untere Ende der Skala belichtet sind) geben oft einfach ansprechendere und erotischere Portraits als High-Key-Aufnahmen ab, obwohl hier seine Angeberaufnahme eine High-Key-Aufnahme von Opra Winfrey in weißer Kleidung vor weißem Hintergrund mit wirklich perfekt abgelichtetem Gesicht. Und er erzählte dazu, dass Opra Winfrey einfach keine Zeit hat, dass er das in einem Besprechungsraum in nur 15 Minuten machen konnte. Das musste auf Anhieb einfach sitzen. Indem er vorher das Licht richtig ausgemessen und die Kamera richtig eingestellt hatte. Das hört man übrigens oft, auch von anderen Profis, die Prominente wie US-Präsidenten fotografieren, dass sie da zwischen 3 und 15 Minuten bekommen und dazu einfach alles stimmen muss. (Der andere Trick ist, was er auch sagte, dass sie ihre Bilder zu professionellen Retuscheuren zur Nachbearbeitung geben.)

Und da stimmte eben alles.

Da ging mir das so durch den Kopf, warum das bei dem so gut funktioniert, und trotzdem die Gender-Spinner behaupten, Kameras seien von Weißen für Weiße gebaut, und würden Schwarze schlecht belichten.

Ich hatte das schon mal erklärt (siehe hier und hier). Ein Film oder auch ein Digitalsensor hat einen gewissen Kontrast- oder Blendenumfang. Jeder normale Blendenschritt (Vorsicht: Moderne Kameras haben halbe oder drittel-Schritte) ist eine Verdopplung der Lichtmenge, weshalb (die Kreisfläche steigt quadratisch mit dem Durchmesser und die Blende ist das Verhältnis von Durchmesser zu Brennweite) die Standard-Blenden wie 1.4, 2, 2.8, 4, 5.6, 8, 11, 16, 22 immer im Verhältnis Wurzel aus Zwei ( = ca. 1.4) stehen. Eine Blende ist eine Verdopplung oder Halbierung der Lichtmenge, und Belichtung funktioniert logarithmisch. Ein klassicher Papierabzug schafft 3 bis 4 Blenden. Der schwächste Film, ein klassischer Diafilm oder alter Schwarzweiß-Film, schafft 5 Blenden. Farbnegativfilme lagen so ungefähr bei 7. Manche weichen und niedrigempfindlichen Schwarzweißfilme bei 8. Man kann es nicht vergleichen, aber moderne Digitalkameras schaffen mehr als 12 Bit, bei teuren Modellen redet man sogar von 11 bis 13, teils mehr Blenden, aber da rauscht’s dann schon. Die klassische Fotokamera und der klassische Belichtungsmesser sind von der Belichtung so eingestellt, dass sie mit allen Filmen arbeiten kann, also auf 5 Blenden Umfang. Deshalb kamen die alte Ritsch-Ratsch-Klick auch ohne Belichtungsmesser aus, weil der Negativfilm 8 Blenden lieferte, der Abzug 3 brauchte und deshalb 5 Blenden zur Korrektur im Belichter übrig blieben, die Bilder aber manchmal komisch flau aussahen.

Belichtungsmesser sind auf die Mitte eingestellt. Oder „normal” wie der es ausdrückte.

Was heißt das?

5 Blenden, jede verdoppelt. 25=32. Ist die hellste Stelle bei 100%, ist die dunkelste bei 3% Helligkeit. Was ist die Mitte? 22,5=5.66, oder 100/5.66 = 18%.

Belichtungsmesser sind so ausgelegt, dass sie das, was sie messen, auf 18% legen. Genau in die Mitte. Hat man einen Objektmesser (wie bei der Kamera, die ja das Objekt, das man fotografiert, und nicht das Licht anschaut), belichtet er immer so, als wäre das 18%-Grau. Das ist der Grund, warum die Graukarten, die man als Hilfsmittel kaufen kann, 18% reflektieren. Wenn man etwas sauber fotografieren will, und nur einen Objektmesser hat, drückt man der Person (oder der Blume) eine solche Karte in die Hand und misst die und nicht den Pullover. Weil die Karte soviel reflektiert, wie der Belichtungsmesser haben will. Oder man nimmt einen Lichtmesser, der nur als separates Gerät funktioniert, wiel er ins Licht gehalten wird, der einem dann objektunabhängig sagt, wie die Kamera einzustellen ist.

Und das ist der springende Punkt.

Es gibt so zwei alte Notbehelfe, wenn man keinen Lichtmesser und keine Graukarte dabei hat: Haut (eines Weißen) oder frisches Gras. Die reflektieren auch ungefähr 18%. Aber nicht, weil die Kamera auf Weiße ausgelegt wäre, sondern weil es eben zufällig so ist. Deshalb bekommt man in der Regel ein richtig belichtetes Bild, wenn man die Kamera eine eine europäische Person richtet.

Und bei Schwarzen? Kann man so nicht sagen, weil die ja viele verschiedene Hauttöne haben, aber es ist eben weniger als 18%. Entweder hat man große Erfahrung und weiß, wie man die Kamera auf Unterbelichtung einstellt, damit sie den Hautton eben nicht auf 18% anhebt (die Kamera weiß nicht, ob etwas hell oder dunkel ist, sie sieht nur, wieviel Licht da vom Objekt kommt, kann aber nicht sagen, ob das von viel Licht auf dunkles Objekt oder wenig Licht auf helles Objekt kommt, deshalb versucht sie immer, es so zu belichtet, dass es mittelgrau 18% erscheint). Beispielsweise wenn man seine Freundin fotografiert und einfach weiß, dass die -1/2 reflektiert oder sowas.

Und dieses ganze Problem umgeht der komplett, indem er erst gar keine Objektmessung macht, sondern mit dem Handbelichtungsmesser immer eine Lichtmessung. Weil dann die Kamera unabhängig von der Reflektionseigenschaft des Objekt richtig eingstellt ist und Helles eben hell und Dunkles dann dunkel erscheint.

Und wenn man das dann mal verstanden hat und richtig misst, dann gibt es auch richtig geile Aufnahmen. Der Brüller ist dann nämlich, dass die damit einen größeren Blendenumfang ausnutzen können, und das deshalb geilere Fotos gibt. Deshalb sind Schwarze eigentlich fotogener und bringen bessere Portraits. Im Prinzip dasselbe, was wir neulich hier schon zu Männer und Frauenstimmen im Gesang hatten: Wer im Stimmumfang tiefer anfängt, hat ein größeres Frequenzspektrum. Wer erst in mittleren Höhen anfängt, schafft nur noch Alt und Sopran. Im Prinzip das gleiche Phänomen, nur eben in Konstrastumfängen.

Aber versucht mal, den Gendersirenen einen von Logarithmen und Lichtmessung zu erzählen.

Die kapieren das schlicht nicht und erklären es dann für rassistisch. Weil die Denken, eine Kamera ist ein Ding, da drückt man drauf, und dann kommt ein tolles Foto raus.

Generation Handy.