Ansichten eines Informatikers

Zur zollrechtlichen Abgabenerhebung anlässlich der Wiedereinfuhr auf Grundlage des Veredelungsentgeltes

Hadmut
13.12.2019 13:31

Wieder was gelernt.

Oh, was ‘ne Scheiß Kamera…

Ich hatte gerade ein paar Tage frei und habe bei der Gelegenheit den Reisekram mal ausgemistet, die Akkus alle wieder geladen, noch ein paar Sachen neu gekauft, bevor das Steuerjahr vorrüber ist.

Dabei bin ich auf eine Ärgerlichkeit gestoßen, die ich eigentlich aus meinem Kenntnishorizont verdrängt hatte. Ich hatte ja letztes Jahr in Neuseeland wider besseren Wissens gewaltige fotografische Fehler begangen: Dinge eingesetzt, die ich nicht getestet hatte. Die Zeit zur Vorbereitung hatte gefehlt.

Nie und niemals nicht mit irgendwelchem Technikkram auf Reisen gehen, der vorher nicht getestet und beherrscht ist. Auf gar keinen Fall darauf verlassen, dass man das unterwegs schon herausfinden werde oder die Anleitungen ja im Flugzeug lesen kann. Da wird nichts draus, unterwegs hat man auch keine Zeit dafür, Lust noch weniger. Und Fehler im Ergebnis fallen einem normalerweise auch erst hinterher oder wenn es zu spät ist auf. Meiner Erfahrung nach gehört es zu den dümmsten Fehlern, mit etwas auf Reisen zu gehen, was nicht vorher erfolgreich getestet, erprobt und beherrscht ist.

Den Fehler mache ich immer wieder.

Ich hatte mir letztes Jahr vor der Reise eine Brinno TLC130 Time Lapse Kamera gekauft, ohne konkreten Einsatzzweck. Ich hatte mir schon mal eine Time Lapse Kamera gekauft, als ich noch in München gewohnt habe, sie aber wieder zurückgegeben, weil sie gar zu schlecht war. Außerdem untauglich groß, weil sie für mehrwöchige Aufnahmen gleich ein dickes Bündel von AA-Batterien brauchte. Die TLC130 hat die Größe einer GoPro, ist ziemlich leicht und versprach Aufnahmen bis zu zwei Wochen. Mir war schon klar, dass ich sie eigentlich unterwegs nicht bräuchte, weil die GoPro ja auch Time Lapse kann, aber ich dachte mir, erstens kann man die GoPro in der Zeit dann für nichts anderes verwenden, dann ist die stundenlang irgendwo festgenagelt, und zweitens ist die GoPro nicht dafür gebaut. Die kann es zwar sehr gut, aber nicht sehr lange, während für die Brinno eine Laufzeit von bis zu 2 Wochen angegeben wird. Außerdem sieht sie viel unauffälliger aus. Dachte mir, das kleine Ding, wiegt nicht viel, nimmt praktisch keinen Platz weg, vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit, das Ding an das Wohnmobil zu tackern und irgendeinen Sonnenuntergang oder Ebbe und Flut im Zeitraffer aufzunehmen oder sowas. Ich hatte nur einen kurzen Funktionstest vorgenommen, da schon Probleme gehabt, aber grundsätzlich etwas zustandebekommen, und erst unterwegs gemerkt, dass ich das Ding eigentlich nicht zum Laufen bekomme.

Das Ding hat keinen Bildschirm. Es hat wei Tasten, eine LED und es kann piepen, aber man wird eigentlich nicht schlau draus, was das Ding gerade treibt oder auch nicht. Und verstellen kann man auch nichts. Man ist zwingend darauf angewiesen, das Ding vom Handy aus per App einzustellen und das Bild zu kontrollieren. Nur hat die App es kaum geschafft, sich mit der Kamera zu verbinden, und wenn, dann ließen sich die Einstellungen wie Bildeinstellungen und Zeitabstände, schlicht nicht verändern. Zwei Testaufnahmen, eine vom Hotelzimmer in Auckland, wo ich das Ding Richtung Fernsehturm (da, wo es neulich so gebrannt hatte) an die Scheibe gepappt hatte, funktionierte zwar, war aber qualitativ enttäuschend. Und dann hatte ich mal an einem sehr einsamen Strand, an dem ich da ganz alleine war, versucht, das Ding an einem Holm unter einer kleinen Holzbrücke zu verstecken und über Nacht laufen zu lassen, wobei die Fernsteuerung versagte und ich das Bild nicht kontrollieren konnte, der Horizont dann schief war. Außerdem war die Bildqualität schlicht grausam, das Ding hat offenbar einen sehr billigen Sensor und kann mit Dunkelheit einfach gar nicht.

Die GoPro hat da einfach viel, viel bessere Ergebnisse geliefert, obwohl nicht mal wesentlich teurer, und bei der GoPro nur Nebenfunktion, Dreingabe. Die funktionierte einfach, und man kann sie direkt bedienen und per Bildschirm kontrollieren. Der einzige Haken ist, dass eine GoPro nicht so lange durchhält und schneller geklaut wird. Dann muss halt eine externe Powerbank für 3 Euro dran, was unschön und nicht mehr wasserdicht ist.

Nach Neuseeland hatte ich die Kamera enttäuscht weggestellt und nicht mehr dran gedacht.

Im Rahmen des Ausmistens bin ich wieder drauf gestoßen und wollte das übliche betreiben, Akku Laden, Funktionstest, Firmwareupgrade.

Kein Fortschritt. Im Gegenteil, eigentlich geht noch weniger (mein Handy hat inzwischen eine neuere OS-Version).

Einige Male mit dem Hersteller in Taiwan hin- und hergemailt. Katastrophe. Zwar freundlich und bemüht, aber unfähig und zu doof. Anscheinend hat das Ding mal einer zur Hälfte entwickelt und ist dann gegangen, und die versuchten es fertigzumurksen. Obwohl man in den Shops, wenn überhaupt, nur „geht gar nicht”-Kommentare zu Kamera und app findet, taten sie so, als wüssten sie nichts von Fehlfunktionen, meinten, ich solle eine App-Version installieren, die es im Store nicht gibt, dann eine Firmware, obwohl sie selbst nicht merkten, dass die Firmware auf der Webseite die falsche Version ist, und und und. Alles irgendwo zwischen doof und Verarsche. Als ob sie die letzten 20 Firmware-Versionen entwickelt aber nie gemerkt hätten, dass sie vergessen haben, die auch auf ihrer Webseite zu publizieren.

Inzwischen habe ich aufgegeben. Das Ding lohnt es nicht, sich da noch mit dem Händler zu streiten. Die GoPro ist weit besser, und selbst ein popeliger China-GoPro-Klon für 50 Euro liefert weit bessere Ergebnisse. Das Ding ist Schwindel.

Weil ich zwischendurch mal dachte, das Ding sei nicht upgradefähig und müsste zum Upgrade nach Taiwan eingeschickt werden, hatte ich mal beim Zoll angefragt, was man eigentlich tun muss, um das Ding zur Reparatur einzuschicken und wiederzubekommen, ohne es neu zu verzollen.

Sehr geehrter Herr Danisch,

Sie beabsichtigen eine Kamera nach Taiwan zu schicken, zwecks Reparatur.
Sie erwähnen jedoch nicht ob es sich um eine Garantieleistung handelt oder um eine Reparatur außerhalb der Garantie.

Die vorgesehene Reparatur wird zollrechtlich als passive Veredlung (pV) bezeichnet. In diesem Verfahren können Waren aus der EU ausgeführt, in einem Drittland be- oder verarbeitet und anschließend wieder in die EU eingeführt werden.
Bei der Abgabenerhebung anlässlich der Wiedereinfuhr werden die Abgaben auf Grundlage des Veredelungsentgeltes erhoben.
Erfolgt die Reparatur / der Umtausch aufgrund einer vertraglichen oder gesetzlichen Gewährleistungspflicht oder wegen eines Fabrikations- oder Materialfehlers kostenlos, entstehen keine Abgaben.

Ausfuhr
Ihre Sendung kann ohne vorherige Zollformalitäten bei der Post / bei einem Kurierdienst zum Versand aufgegeben werden, sofern der Sendungswert 1.000 Euro nicht übersteigt. Zur Deklarierung verwenden Sie beim Versand

  • mit der Post die Zollinhaltserklärung CN22 (Pakete) oder CN23 (Päckchen)
  • mit einem Kurierdienst den jeweiligen Paketschein des Dienstleisters.

Deklarieren Sie die Sendung als „Ware zur Reparatur“, damit der Empfänger ggf. keine Abgaben im Zielland entrichten muss.

Einfuhr
Wird die Ware als Päkchen / Paket übersandt, sollte der Absender die Sendung deutlich als Reparaturware / Ware nach passiver Veredelung kennzeichnen, um eine ordnungsgemäße Abfertigung mit Inanspruchnahme der Vergünstigungen der pV durch die Post / den Kurierdienst zu gewährleisten. Es werden nur die Reparaturkosten versteuert, Garantiefälle sind Einfuhrabgabenfrei.

Soweit die vorstehende Antwort fachliche Ausführungen enthält, sind diese aus rechtlichen Gründen unverbindlich.

Passive Veredelung.

Immerhin das habe ich jetzt gelernt.

Da ich inzwischen weiß, dass es nicht daran lag, dass die Kamera kein Firmwareupgrade könnte, sondern der Hersteller zu doof ist, neue Firmware herauszugeben und die Kamera unter neuem Dateinamen doch nur immer wieder die alte Software geladen hat, bringt es nichts, die Kamera einzusenden oder sich überhaupt noch weiter damit zu befassen.

Aber immerhin weiß ich jetzt, was eine Abgabenerhebung auf Grundlage eines Veredelungsentgeltes ist.

Bekommt man eigentlich etwas heraus, wenn der Hersteller die Kamera noch weiter verhunzt?

[Ich sag’s Euch: Geht nicht auf Reisen mit Zeugs, das Ihr nicht vorher hinreichend und erfolgreich getestet und erprobt habt und das funktioniert und flutscht.]