Ansichten eines Informatikers

Wisst Ihr, was mir so richtig auf den Sack geht?

Hadmut
6.12.2019 1:57

Was mich so richtig umtreibt und bläht?

Ich bin ein Mensch, der viel Krempel hat.

Aber kein Messie. Bei mir ist es zwar nicht immer aufgeräumt, vor allem dann nicht, wenn ich den Krempel auch mal benutze, dann liegt der schon draußen rum – und genau deshalb habe ich ja auch nicht mehr wie früher mal eine ganz kleine Wohnung, weil man da nämlich alles sofort wieder aufräumen muss, um sich bewegen zu können. Ich brauche das, dass man Sachen auch mal liegen lassen kann, wenn die Zeit nicht reicht oder man über irgendetwas nachdenkt, und man auch keinen Krach mit seiner Oidn bekommt, wenn es mal drei Wochen dauert.

Aber grundsätzlich bin ich ein ziemlich ordentlicher Mensch, der seinen Krempel auf- und wegräumt, und ich bin so ein Containerfetischist, bei mir muss alles in einen Behälter aufgeräumt sein, und wenn der nicht eindeutig erkennbar ist, auch beschriftet. Ob nun Kamera, Werkzeug oder Pflaster, ich will das beisammen und geordnet haben. Ich kann das nicht ausstehen, wenn man irgendetwas hat, wozu irgendwelche kleineren Zubehörteile gehören, und dann findet man da irgendetwas nicht, was man gerade braucht. Oder umgekehrt, man findet etwas und weiß nicht, wohin es gehört. Freunde und Gäste wundern sich und lästern sich eins, weil ich enorm viele Schachteln, Kunststoffboxen, Gerätekoffer und sowas habe. Aber wenn ich eine Bohrmaschine oder Stichsäge oder sowas kaufe, wird – wenn nicht sowieso so ein Koffer dabei ist, was für mich ein zentrales Auswahlkriterium ist – einer dazugekauft. Nicht nur, damit Bohrer, Sägeblätter und so’n Zeugs immer mit dran sind, sondern auch, damit die Sache geschützt ist und nicht schmutzig oder beschädigt wird, Kabel zerschnitten, Gehäuse zerkratzt, Späne in die Lüftungsschlitze oder sowas. Und natürlich, ganz wichtig: Damit die Sache einen Griff hat. Denn das geht mir auch fürchtlich auf die Nerven, wenn man lauter Einzelteile hat und die einem dann irgendwann aus der Hand rutschen und runterfallen – und gleich noch Krater ins Parkett schlagen. Ich habe so ein wunderbares, langes, großes, schweres Aluminiumlineal von einem Meter Länge, ein prächtiges Stück, das man beim Möbelauf- und einbau oft brauchen kann. Irgendwo eine gerade Linie, perfekt. Habe ich irgendwann mal in einem Baumarkt gekauft, aber nie wieder irgendwo gesehen. Als ich Werkzeug vom Keller in die Wohnung getragen habe, hatte ich das unter dem Arm, aber es ist so glatt, dass es mir rausgerutscht und auf den Steinboden gefallen ist. Seither ist eine Ecke etwas eingedätscht. Funktional egal, aber sowas wurmt mich. Ich mag es nicht. Ich mag die Sachen aufgeräumt, geschützt, mit ihrem Zubehör zusammen, beschriftet und mit Griff dran.

Ein alter Familienspott besagt, dass Dinge einen Griff haben, um sie wegzuwerfen. Aber da bin ich aus der Sippe geschlagen.

Ich möchte mal an meine Erörterung zur Ordnung von 2007 erinnern.

Was mich aber so richtig umtreibt, und da finde ich dann auch keine Ruhe mehr, ist, wenn ich etwas suche, von dem ich weiß, ich habe es aufgeräumt, aber mein Aufräumschema, nachdem ich trotz enorm vielen Krempels eigentlich immer alles auf Anhieb finde, mich dann doch mal verlässt. Verdammt, ich kann mich erinnern, das in irgendeinen Behälter geräumt zu haben, aber in welchen?

Kann ich nicht ab. Dann geht die Suche los. Meistens finde ich es dann auch nicht, aber zwei andere Sachen, die ich schon vermisst habe, und drei, die nicht mehr aktuell oder nicht richtig eingeräumt waren, oder die Box zu voll oder sowas. Hinterher ist es dann immer besser aufgeräumt, weil dann gleich neu eingeordnet, altes ausgemistet, neu zusammengestellt wird. Für meine Wohnung ist es immer von Vorteil, wenn ich mal was nicht finde, weil die danach an zehn Stellen verbessert ist.

In manchen Fällen könnte ich mich dann in den Ar… beißen, wenn sich am Ende herausstellt, dass das gesuchte Ding genau da war, wo es hingehörte, und wo ich zuerst geguckt habe, aber nicht richtig gut oder es aus irgendwelchen Gründen doch übersehen habe. Kommt selten, aber doch vor.

Erfahrungsgemäß habe ich die Sachen auch nicht verschlampt. Sondern da abgelegt, wo es mir im Zeitpunkt des Ablegens logisch vorkam, aber manchmal kommt es mir dann mal ein Jahr später irgendwie anders vor, vor allem wenn Gegenstände in mehrere Kategorien fallen könnten.

Heute war so ein Fall.

Ich brauche für eine Aufnahme einen laaaangen Teleskopstab für eine kleine Kamera. Ich weiß genau, dass ich den habe. Ich hatte mir den nämlich damals für die Gopro auf den Malediven im Elektromarkt gekauft, weil ausdrücklich auf der Packung stand, dass er salzwasserfest ist, und der ist dann dort im Rekordtempo verrostet, weil ich den unter Wasser eingesetzt hatte. Ich war am ersten Tag noch nicht mal im Hotel angekommen, da hatte der schon Rost angesetzt. An den Schrauben. Nach einer Woche blühte der Rost. Ansonsten war der prima. Also habe ich ihn zurückgegeben. Erst wollten sie nicht, weil sie sagten, da wäre ich doch schuld und zu blöd, wasserfest heiße eben noch lange nicht salzwasserfest. Das müsse man doch wissen. Waren dann aber bedröppelt, als ich ihnen zeigte, dass auf der Packung ausdrücklich salzwasserfest stand. Geld zurück. Zwei Tage später entdecke ich einen völlig identischen, wirklich genau den gleichen Stick auf Amazon, anderer Handelsname, 25 statt 40 Euro, ohne Salzwasserversprechen. Also habe ich ihn nochmal gekauft, für normale Einsätze ohne Salzwasser. Ich wusste genau, ich habe das Ding. Aber ich habe ihn nicht gefunden. Vorhin also ein ganzes Zimmer umgegraben, bei der Gelegenheit deutlich den Aufgeräumtheitszustand verbessert, gleich auch die Staubfängerstellen gesaugt, einiges umgeordnet, es hat sich wirklich gelohnt, nur der Stick war nirgends.

Eben wollte ich mich ins Bett legen, da meldete sich eine Drüse im Gehirn und sagte, guck nochmal in die Schublade, in der er eigentlich hätte liegen müssen. Wo ich am Anfang schon reingeguckt habe.

Und tatsächlich: Er war unter anderem Zeugs in genau der Schublade, in der er hätte sein sollen, nur eben quasi unsichtbar. Schwarze Schublade, Schatten, weil das das Licht ungüngstig fällt, schwarzer Stick, ganz in schwarz, matt, ganz vorne quer, man sieht ihn nicht, wenn man nicht genau von oben reinschaut, und überdeckt mit ganz vielen ähnlichen Sachen, alle in Schwarz.

Ich kenne das Problem. In schwarzen Schränken können schwarze Dinge unsichtbar werden. Ich habe mal eine Dreiviertelstunde meinen schwarzen Geldbeutel gesucht, der eigentlich völlig offensichtlich auf meinem Bürostuhl lag, der mit dem fast gleichen schwarzen Stoff bespannt war. Deshalb habe ich nur die Klamotten- und Wohnzimmerschränke in Schwarz, alles mit technischem Kleinkram aber in Weiß. Aber die Schubladeneinbauten gab es nur in schwarz.

Dabei habe ich mir schon angewöhnt, bei der Suche nach Kleinteilen immer zusätzlich noch mit einer Taschenlampe reinzuleuchten, genau deshalb. Aber den Stick, immerhin zusammengeschoben schon so 40 odert 50 Zentimeter lang, kam mir nicht als Kleinteil vor.

Es treibt mich immer unbändig um, wenn ich weiß, ich habe etwas und finde es nicht. Für einen Informatiker eine Katastrophe. Sachen zu finden ist Informatik. Was selten vorkommt, aber hin und wieder passiert es.

Aber hinterher ist die Wohnung immer ein deutliches Stück besser aufgeräumt. Auch wenn die Suche mal vergebens war, so war sie noch nie nutzlos und umsonst.