Ansichten eines Informatikers

Heizkraftwerk

Hadmut
3.8.2019 17:16

Zum Artikel über die Blockade des Kohlekraftwerks Mannheim schreibt mir einer, der in einem Heizkraftwerk Leiter ist und den Leitstand fährt,

dass die Dinger das – wie erwartet – gar nicht mögen, wenn sie abkühlen, vor allem, wenn unvorhergesehen und zu schnell runtergefahren. Da kann richtig was kaputt gehen.

Ist eigentlich nicht überraschend. Jedes große Gerät, das unter Hitze steht, auch Schmelzöfen, geht bei sowas kaputt, weil sich durch die Wärmeausdehnung alles verzieht, wenn es zu schnell und damit ungleichmäßig abkühlt. Ich weiß auch, dass es da Dinge gibt, irgendwelche Hochöfen, die Erz kochen, die dann komplett Schrott sind, weil man den Inhalt nicht mehr rausbekommt. Oder die dann wochenlang brauchen, um wieder anzulaufen. Viele große Dinge, die heiß sind, müssen sehr sehr langsam runterfahren und abkühlen. Irgendwo habe ich mal einen Film über riesige optische Linsen gesehen, die sie gießen, mehrere Meter Durchmesser, die brauchen Monate, bis sie abgekühlt sind, damit die nicht springen. Und müssen dabei geschützt werden. Ein einzelner Regentropfen, und das Ding ist hin.

Auch im Kleinen gibt es sowas. Chip-Fabriken können auch nach Stromausfall nicht nur ihren ganzen Produktionsbestand wegschmeißen, sondern brauchen ziemlich lange, bis sich das alles wieder eingependelt und justiert hat.

Viele Turbinen und Motoren dürfen auch nicht einfach abgeschaltet werden.

Übrigens hat mir neulich mal eine Fachmann zu einem Blogartikel (Flugzeug vom Flughafen klauen und sofort vom Vorfeld losfliegen, weil sie die Startbahn blockieren könnten) erklärt, warum man Flugzeugturbinen zwar schnell anlassen kann, aber nicht darf: Die Effizienz und Sparsamkeit einer Turbine hängen wesentlich davon ab, den dünnen Spalt zwischen den rotierenden Turbinenschaufeln und der Außenhülle möglichst dünn zu halten, damit da möglichst wenig Luft an den Schaufeln vorbeirutschen kann. Da entsteht Druck und der soll die Schaufeln bewegen und nicht dran vorbeiblasen. Deshalb baut man die heute so extrem knapp, dass da nur ein minimaler Spalt ist. Lässt man nun die Turbine kalt an und gibt gleich Vollgas, dann erwärmen sich die Schaufeln schneller als die Hülle, dehnen sich stärker aus und die Schaufeln kratzen innen an der Hülle entlang. Davon gingen sie nicht gleich kaputt, weil sie so gebaut sind, dass sie das im Notfall kurz aushalten, aber Schaden nähmen sie schon, die Lebensdauer würde drastisch reduziert, und zur Wartung bzw. Teileaustausch müssen sie dann auch. Deshalb wäre das im von mir skizzierten Fall, sofort Vollgas zu geben, das Flugzeug zu klauen und irgendwo als Terroranschlag reinzuhauen, grundsätzlich möglich, und würde dann eh keinen Unterschied mehr ausmachen, aber im Normalfall gäb das massig Ärger, weil Riesen-Schaden. Triebwerke sind sehr teuer.

Ich nehe mal an, dass solche Ausführungen in ähnlicher Weise auch für Kraftwerke gelten, die ja auch oft Turbinen verwenden.

Würde mich interessieren, ob die Deppen vor dem Kraftwerk in Mannheim wissen, was sie da anrichten (können).

Wieviel CO2 kostet es eigentlich, so ein Kraftwerk mal durchzureparieren?