Ansichten eines Informatikers

Das juristische Problem des Lippenlesens: Kriminelle Straftat?

Hadmut
3.8.2019 12:53

Eine Überlegung zur Fortentwicklung des Strafrechts vor dem Hintergrund technischer Entwicklung.[Nachtrag]

Der Deutschlandfunk – und es ist allgemein bekannt, wie gering der in meiner Wertschätzung steht – bringt ein Interview mit der gehörlosen „Bloggerin” und Ex-Piratin Julia Probst (angeblich heißt ihr Blog „Mein Augenschmaus” und läuft bei Blog-Spot, angeblich das hier, was aber nur für geschlossene Benutzergruppe zugänglich ist, was man heute halt so unter „Bloggerin” versteht, gibt nix zu sehen aber die große Bezeichnung „Bloggerin”, Frauenförderung eben), die dafür bekannt ist, ihre als Gehörlose erworbene Fähigkeit des Lippenlesens in den Dienst linker Propaganda und Agitation zu stellen.

Und da geht es nun darum, dass sie befürwortet, Menschen (private, Zuschauer) in Fußballstadien per Kamera darauf zu überwachen, was sie sagen, und das dann per Lippenlesen auszuwerten, um sie anzuprangern.

Auf das Blog kann man nicht schauen, aber auch ein erster Blick auf ihren Twitteraccount schlägt (für mich, solange ich angemeldet bin) fehl, denn ich wurde da von ihr geblockt:

Keine Ahnung, warum, ich könnte micht jetzt nicht erinnern, mit der schon mal was zu schaffen gehabt zu haben, aber da zirkuliert irgendwo eine Liste von Menschen, die jeder politisch korrekte Gutmensch zu blocken hat. Schon die Aussage „Menschenrecht ist eine Haltung” als Profilüberschrift ist aber strunzdumm, weil da jemand zeigt, dass er keinen Zentimeter nachgedacht hat. Denn Haltung ist subjektiv und willkürlich, und genau das ist mit Menschenrechten unverträglich.

Allerdings darf man die Anforderungen und Erwartungen da auch nicht zu hoch schrauben, denn der Wikipedia-Artikel erwähnt zu ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung gerade mal Kindergarten und Grundschule, danach noch dass sie Gebärdensprache erlernt hat und von Jack Dorsey zum Abendessen eingeladen wurde. Das reicht für ein Interview mit dem Deutschlandfunk.

Jedenfalls scheint sie politisch auf linke Korrektheit gepolt zu sein, denn schon der aktuellste Tweet (zweiteilig) beschimpft alle, die sich ihrer Meinung nicht unterordnen, als „Nazis”:

Alles Nazis außer mir. Perfekt für den Deutschlandfunk.

Und diese Meisterbloggerin empfiehlt nun, hier Gespräche per Lippenlesen zu überwachen:

Was im Stadion auf den Rängen und auf dem Spielfeld gesprochen wird, stößt auf immer größeres Interesse. So konnten durch Lippenleser in England rassistische Fans überführt werden. Warum dies wichtig ist, erklärt Julia Probst.

Acht Monate sind vergangen, seit der bei Manchester City spielende englische Fußballnationalspieler Raheem Sterling während des Auswärtsspiels beim FC Chelsea rassistisch beleidigt worden ist. Nun hat Chelsea Konsequenzen gezogen: Gegen sechs Fans wurden Stadionverbote ausgesprochen. Das Besondere daran ist, dass die Fans mithilfe von Überwachungskameras und professionellen Lippenlesern überführt wurden.

Dass die Lippen von Fans gelesen werden, sei beispielsweise in Spanien keine neue Situation, erklärt Julia Probst im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur, das die Dolmetscherin für Gebärdensprachen Oya Ataman dolmetschte. Anders sei es in Deutschland, hierzulande sei dies noch nicht gemacht worden. Doch könne sie sich vorstellen, dass dies zukünftig der Fall sei. „Ich denke, es ist heute wichtig, dass man dem Rassismus die rote Karte zeigt.“

Das heißt, man solle wo man geht und steht darauf überwacht werden, was man sagt, und ob das gesinnungskonform ist. Stasi reloaded.

Bei mir als Informatiker (und damit auch Datenschutzonkel) gehen da gleich die Alarmanlagen an.

Während nämlich so ein Stadion akustisch per Einzel- oder Richtmikrofon praktisch nicht zu überwachen wäre, schon wegen der Lärmkulisse und der schwierigen Zuordnung, aber eben auch aufgrund der äußerst kurzen Distanz, die das normal gesprochene Wort akustisch durch die Luft getragen wird (versucht mal, mit einem Richtmikrofon aufzunehmen, was jemand auf der gegenüberliegenden Stadionseite in der gröhlenden Menge sagt), ein Mikrofon also in der direkten Nähe des Überwachten sein müsste, ist das bei Videoaufnahmen ganz anders. Braucht man da nur das Bewegtbild, dann ist das mit modernen objektiven und Kameras – 4K ist heute Standard, für die nächsten Olympischen Spiele in Tokyo redet man von 6K und 8K, und die Objektivtechnik ist heute auch monstermäßig fortgeschritten, sowas dürfte dann bald auch in Fußballstadien als Standardtechnik installiert sein – überhaupt kein Problem mehr, jemanden quer durch das Stadion in Großaufnahme aufzunehmen. Und zwar aus einer Entfernung, aus der der das selbst nicht bemerken kann, weil er umgekehrt aus der Distanz die Kamera nicht sehen kann. Und mach braucht auch nicht für jeden Sitzplatz eine Kamera, sondern eine Handvoll an strategisch günstigen Positionen reicht, zumal die schon für das normale Fernsehprogramm verwendet und installiert werden bzw. von denen nicht zu unterscheiden sein könnten.

Die Videokamera als stark verbessertes Richtmikrofon.

Und da wird man auch nicht Kompanien von Lippenlesern hinsetzen müssen, die sich das alles ansehen, das wäre so eine typische Aufgabe für KI, das kann man dann automatisch auswerten. Stellt Euch das vor: Eine „Fernsehkamera”, die irgendwo im Stadion installiert ist, und per Servo und Computersteuerung schön langsam oder auch nach einem scheinbar zufälligen, aber flächendeckenden Muster (in Kombination mit anderen Kameras) das Publikum abfährt und per Rechenzentrumsleistung „versteht”, was sie sagen, und die Leute bei Verdacht (oder generell auf Vorrat) alle aufzeichnet. Wunderbar zu kombinieren mit der automatischen biometrischen Gesichtserkennung. Würde übrigens perfekt zum Chinesischen Scoring-System passen, bei dem Bürger nach Wohlverhalten bewertet werden. Wehe dem, der was falsches sagt.

Da fällt mir doch auch sofort die Strafbarkeit des Unterfangens ein, das private, nichtöffentlich gesprochene Wort aufzeichnen zu wollen.

Aber, ach. Ein Blick in das Gesetz erschwert wie so oft die Rechtsfindung.

§ 201 Strafgesetzbuch: Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt
1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder
2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt
1. das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen mit einem Abhörgerät abhört oder
2. das nach Absatz 1 Nr. 1 aufgenommene oder nach Absatz 2 Nr. 1 abgehörte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen im Wortlaut oder seinem wesentlichen Inhalt nach öffentlich mitteilt.

Die Tat nach Satz 1 Nr. 2 ist nur strafbar, wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen. Sie ist nicht rechtswidrig, wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Amtsträger oder als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter die Vertraulichkeit des Wortes verletzt (Absätze 1 und 2).

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) Die Tonträger und Abhörgeräte, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.

Das ist jetzt zumindest teilweise ein Problem. Absatz 1 spricht von Tonträger. An die Möglichkeit, jemanden auf Video aufzuzeichen und per Lippelleser oder KI dessen vertrauliche Worte daraus zu extrahieren, haben die damals bei der Formulierung des Gesetzes nicht gedacht und konnten das auch nicht, weil das damals technisch als kaum möglich erschien. Zwar gab es damals schon Film und Lippenleser, aber das war weit, weit von einer solchen Massenüberwachung entfernt.

Und das ist deshalb ein Problem, weil damit der Schutzzweck der Vorschrift, nämlich das nichtöffentlich gesprochene Wort aufzuzeichnen, das zu gebrauchen, das einem Dritten zugänglich zu machen, verletzt wird. Genauso davor sollte das ja schützen.

Absatz 2 redet von einem Abhörgerät. Das ist eine Bezeichung (wieder mal unbestimmter Rechtsbegriff, der auszulegen ist), die sich weniger an der genauen Technik oder Physik (es muss ein Gerät sein), sondern am Zweck ausrichtet, nämlich dem Abhören. Und da könnte man die Kombination aus einer Videokamera, die von vornherein zu dem Zweck des Lippenlesens per Lippenleser oder KI eingesetzt wird, als Abhörgerät einstufen, denn auch ein Tonbandgerät nach klassischer Stasi-Abhöre funktioniert ja auch nur in Kombination mit dem Stasimenschen, der sich das hinterher abhört und niederschreibt. Allerdings stand bei Absatz 2 hinter der Formulierung eher die Absicht, das Live-Abhören zu erfassen, also wohl eher der Gedanke, dass Absatz 1 Tonbandgeräte und Absatz 2 Funkgeräte und verkabelte Mikrofone erfassen soll. Schließt es aber auch nicht aus.

Und wenn da Fußballspieler auf dem Feld oder Zuschauer auf der Tribüne untereinander reden, dann ist das nunmal ein nichtöffentlich gesprochenes Wort das nicht zur Kenntnis Dritter bestimmt ist.

Meines Erachtens würden solche Video+Lippenleser-Aufnahmen als Abhörtechnik unter Absatz 2 fallen, ich würde aber mit Diskussionen rechnen, bis die Juristen sowas fressen.

Vor allem würde ich darauf wetten, dass die Politverstrahlten mit dem Argument aus dem letzten Satz des Absatzes 2 daherkämen, nämlich dass es soch eine „Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen” sei, Nazis anzuprangern. So argumentiert man die Existenz der Stasi daher, aber nicht das flächendeckende Abhören.

Und dann damit zu kommen, dass Menschenrechte eine Haltung seien, ist mit Gehörlosigkeit alleine nicht zu erklären. Es gehört nämlich auch zu den Menschenrechten, nicht in jeder Sekunde Objekt der Massenüberwachung zu sein und für jedes falsche Wort verfolgt zu werden. 1984 und so. Telescreen. Im Roman haben die die Fernseher zu Überwachungsanlagen umgedreht, jetzt sind es die Fernsehkameras.

Und der Deutschlandfunk agiert dafür noch als öffentlich-rechtliche zwangsfinanzierte Propagandapumpe.

Bedenkt man dann noch, dass die deutschen Staatsanwaltschaften politisch gesteuert sind, besteht auf Strafverfolgung des Kriminellen da keine Hoffnung mehr. Man wird für das nichtöffentlich gesprochene Wort verfolgt, aber nicht für dessen Aufzeichnen und Abhören.

Die Wiedererrichtung von Stasi und DDR.

Nachtrag: Ich empfehle Fußballfans, die sich der Gefahr entziehen wollen, als rechtsradikal gebrandmarkt zu werden, gleich aus drei Gründen das Tragen der traditionellen arabisch-islamischen Gesichtsmaske für Frauen: Man liefert damit nicht nur ein politisch überaus korrektes Bekenntnis zu Frauen und zum Islam ab, das einen gegen Vorwürfe schützt, sondern es verdeckt auch den Mund, stellt Lippenleser damit kalt. Lässt sich bestimmt auch in den Vereinsfarben herstellen. (Noch ein Foto)