Ansichten eines Informatikers

Der abgeschobene … ja, was eigentlich?

Hadmut
22.2.2019 18:11

Kommt eher selten vor, aber momentan hat FOCUS anscheinend eine eigene Brüller-Story. [Update]

Wobei man sich heute bei der Presse ja immer fragt, ob wahr oder erfunden. Aber gut, nehmen wir mal hypothetisch und des Unterhaltungswertes wegen einfach mal temporär an, das wäre so.

FOCUS schreibt, dass es da einen seltsamen Zusammenhang zwischen dem Weihnachtsmarkt-Attentant durch Anis Amri und einem Agenten des marokkanischen Geheimdienstes gebe. Der nämlich habe bei dem Anschlag Anis Amri die Flucht ermöglicht, indem er einen Mann mit einem Kantholz niederschlug, der deshalb heute noch im Koma liege. Dann habe er das alles fotografiert, auch habe er sich am Abend vor dem Attentat mit Amri getroffen.

Am nächsten Tag wurde er festgenommen, aber kurz darauf nachts um zwei aus der Zelle geholt und nach Tunesien abgeschoben, damit man ihn nicht verhören kann.

Das ist schon sehr schräg.

Mir ist an der Formulierung im FOCUS aber etwas unklar:

Der radikale Islamist Bilel Ben Ammar sei offensichtlich ein Agent des marokkanischen Geheimdienstes, der per Abschiebung vor einer Strafverfolgung in Deutschland geschützt werden sollte. Der nordafrikanische Nachrichtendienst DGST hatte das Bundeskriminalamt und den Bundesnachrichtendienst mehrfach über die Radikalisierung von Anis Amri und dessen Anschlagsplänen gewarnt.

Ich habe das zuerst so verstanden, als seien der morakkanische Geheimdienst und der norafrikanische Nachrichtendienst DGST zwei verschiedene Organisationen, und letztere habe vor ersteren gewarnt. Weil ich aber noch nie etwas von „DGST” gehört habe (in dieser Liste bei Wikipedia habe ich ihn auch nicht gefunden) habe ich mal gesucht und bin auf diese Bundestagsdrucksache von 2017 gestoßen, und zwar eben zum Anschlag am Breitscheidplatz. Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Da heißt es:

Welche Informationen haben die Behörden von ausländischen Stellen (z. B.vom marokkanischen Nachrichtendienst DGST) erhalten, wann lagen diese vor und wem? Welche Schlüsse wurden daraus gezogen? Wie und wann wurden diese Informationen mit anderen Behörden geteilt bzw. warum wurde davon abgesehen? Welche Maßnahmen wurden eingeleitet? Haben deutsche Behörden von ausländischen Stellen selbst Informationen über Anis Amri oder seine Kontakte (z. B. seine Chatpartner, die durch Auswertung seines Mobiltelefons bekannt waren) eingeholt? Welche Informationen haben deutsche Behörden an ausländische Stellen übermittelt?

DGST scheint also der marokkanische Geheimdienst zu sein. Warum aber hat er dann das BKA und den BND mehrfach gewarnt und dann trotzdem einen Helfer vor Ort gehabt?

Also mal abgesehen von der Frage, ob die Story wahr ist (oder die Wahrheit so viel weitergeht, dass sie der Story nur spottet), habe ich die Story noch nicht mal richtig verstanden.

Aber sie scheint genau nach meinem Geschmack zu sein.

Update: Ein Leser ließ mir Erleuchtung zuteil. DGST steht laut Acronymfinder für Direction Générale de la Surveillance du Territoire (French: General Directorate of Territorial Surveillance; Morocco)

Insofern könnte es sich möglicherweise den marokkanischen Inlands- und den Auslandsgeheimdienst handeln, falls die zwei haben.