Ansichten eines Informatikers

Die Verarsche von Keen

Hadmut
23.1.2019 0:31

Also das ist doch auch eine Frechheit. [Nachtrag]

Ich hatte doch neulich aus Neuseeland berichtet, dass mir schon wieder Schuhe unterwegs kaputt gegangen sind.

Ein Teil der Schuhe, die mir auf Reisen kaputt gingen, hatten sich vorher jahrelang bewährt und ihr Geld verdient. Ich hatte schon auf der Hinreise in Dubai meine Timberland-Sandalen aufgegeben, die mir aber – muss man klar bestätigten – rund 10 Jahre lang (weiß nicht mehr so genau) allerbeste Dienste geleistet und mich sicher über Stock und Stein gebracht hatten. Das einzige, was ich daran zu meckern hätte, ist, dass sie sowas nicht mehr herstellen. Aber da war nun in beiden Schuhen was in der Ferse durchgescheuert und ein Plastikteil guckte raus und piekste in die Füße, und das war dann eben nichts mehr.

Auch unterwegs draufgegangen waren die Wanderschuhe („Outdoor”) von Merrel, die ich mir in Südafrika gekauft hatte, weil mir auf dem Weg nach Südafrika meine alten bewährten Lowa-Wanderschuhe durch Hydrolyse einfach so zerfallen waren, die hatten es nicht mal mehr zum Flughafen geschafft. Die Sohlen flogen einfach so weg. Was mir vor Jahren auch schon mit Halbschuhen von Clarks passiert ist. (Ich habe gerade noch lange nicht abgefahrene aber inzwischen sehr alte Winterreifen ersetzt, weil ich in diesem Zusammenhang gelesen hatte, dass das bei Reifen auch passieren kann.)

Die noch ziemlich neuen Merrel sind in Neuseeland in den Müll gewandert. Schon in Afrika, 2 Tage nach dem Kauf, hatte sich bei einem Schuh die Sohle vorne zu lösen begonnen.

Dort konnte ich nicht zurück in den Laden, weil wir schon weitergefahren waren.

Aber: Merrel hat eine weltweite Garantie. Das war unkritisch, ich habe die von Deutschland aus angeschrieben, und die wollten nur ein Foto der Schuhe, das zeigt, dass ich die Etiketten (mit Schuhgröße, Model usw.) mit einem Marker (Edding) durchkreuzt habe, damit man sie nicht nochmal als Garantiefall anmelden kann. Dann kamen neue per Post aus England, sogar ein besseres Modell mit Goretex, weil es das Modell nicht mehr gab. Die kaum benutzten reklamierten Schuhe sahen vor der Abreise bis auf die Stelle, an der sich die Sohle löste, noch neu und gut aus. Da ich Neuseeland sowieso vorhatte, mich in Sandalen zu bewegen, habe ich das angeklebt und die doch mitgenommen. Und auch dort fast nicht verwendet. Erst in den letzten Tagen gab es starken Regen und in Auckland war es schlammig, und beide Schuhe haben sich dort im Schlamm innerhalb von zwei Nachmittagen praktisch völlig zerlegt, auch da haben sich die Sohlen Stück für Stück abgelöst. Die Leute haben mich ganz verwundert angesehen, ich sah aus, wie der letzte Tippelbruder. Am letzten Tag in Neuseeland hatte ich die noch an, weil es so dreckig war und ich sonst nur noch Sandalen hatte, und die dann wieder am Flughafen in den Müll gegeben. Es wird langsam zur Gewohnheit, Schuhe an Flughäfen in den Müll zu geben, weil die Sohlen abfallen. Nur dass ich in diesem Fall ja noch die nagelneuen Austauschschuhe zuhause stehen hatte. Mal sehen, wie lange die halten.

Vier Wochen zurück.

Ich kam also in Neuseeland an und hatte keine Sandalen, weil auf dem Weg dorthin in Dubai entsorgt. Billige Sandalen habe ich hier in Reserve, aber ich habe extra meine bewährten teuren Reise-Marken-Sandalen mitgenommen, aber die waren eben auch am Ende.

Auf der einen Seite des Hotels gab es einen Laden (thewarehouse) mit billigen Klamotten, auch billigen Sandalen.

Ich dachte mir, nee, ich brauche was Stabiles, nehme ich Markenschuhe.

Also bin ich die Haupteinkaufsstraße entlang, in einen der vornehmen Edel-Outdoorläden (Kathmandu), habe mich dort beraten lassen und bin auf ein Modell von Keen gekommen. Nicht billig, mit Edeleinkaufsstraßenaufschlag. Aber sie ließen sich bequem an (Gummizüge, keine Schnürsenkel) und hatte als einzige eine wichtige Eigenschaft: „water resistant”. Kein Leder. Alles Synthetik, unwasserkaputtbar. Genau richtig, ich wollte ja am Meer vorbei (siehe auch mein Hot-Water-Beach-Strand-Video, da habe ich die nämlich im Wasser an.)

Aber, ach.

Wasserfest sind sie zwar, da sieht man ihnen nichts an, aber sonst sind sie nicht viel. Schon nach ein paar Tagen riss hinten eine Schlaufe ab. Oder besser gesagt: Sie ist nicht gerissen, sie war gar nicht erst richtig festgenäht. Die Naht ist nämlich nicht ausgerissen.

Gewittert, gemailt, und Keen meinte, das sei ja alles kein Problem, ich könnte die Garantie in Anspruch nehmen. Sei selbstverständlich ein Garantiefall. Weil sie aber kein Garantie-Formular für Neuseeland hatten, meinte sie, ich solle das von Deutschland aus machen. Kathmandu meinte, ich solle mich im Laden melden, da würde mir geholfen.

Ich war dann nach der Tour, als ich wieder in Auckland war, bei Kathmandu. Die waren auch sehr nett und hilfsbereit, konnten mir aber nicht helfen, weil ich ja nur noch zwei Tage dort war. Sie meinten, das reiche nicht, um die Schuhe zu Keen zu schicken und neue zu bekommen.

Das ist nämlich der Haken: Anders als in Europa ist dort nicht der Händler, sonder der Hersteller in der Garantie, falls er eine versprochen hat. Die Verkäufer haften nur ganz kurz und für unmittelbaren Mist. Ich hatte mir mal in Sydney in einem unerwarteten Regen in einem Laden einen billigen Klappschirm gekauft und dabei noch den teureren genommen, zu dem sie mir geraten hatten, weil der Made in Australia und nicht Made in China sei, das sei noch Qualität. Die Qualität hielt eine halbe Stunde, dann fiel der Griff mit Rastmechanismus in Einzelteilen auseinander. Wurde mir aber mit „Sounds fair…” gegen einen anderen umgetauscht. Das ist aber auch mehr so Kulanz. Händlergewährleistung gibt es da nicht. Der Händler versteht sich nur als Bote zwischen Hersteller und Kunde.

Also musste ich mit den Sandalen nach Deutschland zurück. Die einzigen Schuhe, die ich überhaupt noch hatte. (In Berlin guckten sie etwas seltsam, dass da einer im Winter mit Sandalen rumläuft.)

Es gab noch mehr Ärgernisse.

Zwar sind die Sandalen tatsächlich wasserfest, und ich muss sagen, sie sind auf ebener Fläche sehr, sehr bequem. Aber höllisch instabil.

Wenn man in Neuseeland am Strand ist (und ich rede vom Strand, nicht von Bergwanderungen!) muss man schon ab und zu mal einen Felsen überqueren oder über als Brandungsschutz aufgeschüttete kleinere Felsbrocken. Ich rede nicht von Bergsteigen. Ich rede von Steinen und Felsen so zwischen 40 cm und 150 cm Durchmesser. Daran bin ich fast verzweifelt. Weil ich in den Schuhen keinen Seltenhalt gefunden habe. Da ist ja nichts eben, man muss immer irgendwo auf teils steilen Schrägen laufen. War früher nie ein Problem, jetzt bin ich da einfach weg- oder sogar aus dem Schuh rausgerutscht. Einmal bin ich auf die Schnauze gefallen und habe mich noch am Fuß geschnitten, weil ich auf eine eigentlich völlig harmlose Felsfläche getreten und dabei seitlich ins Leere gestiegen bin. Einfach so ins Nichts weggerutscht, und sogar sofort den Schuh verloren. Dabei hatte ich auf Anraten der Verkäufer sogar noch den engeren genommen. Das Gummizeug mit den Gummibändern ist bequem, aber gibt völlig nach. Einige Male führte das dazu, dass ich über irgendwelche Felsen laufen wollte, Kamera in der Hand, Hände also voll, und dann ganz fürchtlich das Gleichgewicht verloren habe, weil mit den Füßen weggerutscht, und fürchterlich bekloppt und unfähig ausgesehen habe. Die Leute habe mich ganz seltsam angesehen. Einen, der mit Kamera rumläuft aber an einem 40cm-Felsen scheitert, hatten sie noch nicht gesehen. Barfuß war ich besser. Und das ist auf Felsen schon höllisch.

Schon daher hält sich meine Begeisterung von Keen in Grenzen.

Die sehen zwar brachial aus und haben den ungemein wichtigen Zehenschutz (im Gegensatz zu offenen Sandalen), sehen nach Outdoor-Sohle aus, aber meine Hausschuhe geben mehr Seitenhalt. Das sind so Schuhe für Friesland, wo es flach ist.

Trotzdem waren sie teuer und ich wollte da mal die Garantie in Anspruch nehmen. Habe das also hier, ich glaube, es war die zweite Dezemberwoche, weil es nicht meine höchste Priorität war, beantragt. Außer einer Eingangsbestätigung gab’s nichts mehr.

Nachgefragt. Ja, sie wären dran.

Dann dachte ich, gut, zu Weihnachten und Neujahr machen die auch Urlaub, ich brauche sie ja nicht dringend.

Nichts.

Nachgefragt.

Sie schrieben nochmal, dass sie in Kontakt mit Kathmandu Deutschland stehen.

Das Problem ist nach meiner Vermutung, dass Keen selbst womöglich hier nicht selbst versendet und (wohl anders als Merrel) keine eigene Versandabteilung zu haben scheint, deshalb auf ihre Partnerhändler rückgreifen muss. Kathmandu sah sich aber wohl auch nach mehren Anschreiben nicht zuständig, weil es in Neuseeland eben keine Händlergewährleistung gibt. Warum also sollte Kathmandu da zuständig sein? Es sei denn freilich, die hätten eine Vereinbarung, dass Kathmandu hier für die die Garantieabwicklung macht, so hörte sich das aber nicht an. Keen meinte, sie fragten mal bei Kathmandu, weil ich die doch da gekauft hätte.

Ach, und ja. Ich hatte zwar schon die genaue Typ- und Größenbezeichnung in das Formular eingetragen und ihnen ein Foto mitgeschickt, aber sie schrieben zurück, ich müsste nochmal Fotos schicken, weil man nicht sehen könnte, welcher Schuh das sei. Ich hatte mir schon überlegt, wie sie das jetzt meinen, ob sie wissen wollen, ob es der rechte oder der linke Schuh wäre, damit sie mir den einen schicken können. Und habe die Fotos geschickt.

Es passierte aber nichts.

Neulich hatte ich Keen nochmal angetwittert, und da hatten sie noch geantwortet, dass man sich bald bei mir melden würde.

So vorgestern oder so hatte ich nochmal zurückgetwittert, was genau sie denn unter bald verstünden, da passiere nichts.

Heute meldete sich dann Keen bei mir:

Guten Tag Hadmut,

Ich entschuldige mich erstmals für die lange Bearbeitungszeit.

Gerne teile ich Ihnen jedoch mit, dass die Reklamation durch uns anerkannt wird.
Bevor wir Ihnen allerdings ein Ersatzpaar senden, möchte ich Sie bitten das alte Paar zu spenden. Die Sandalen sind sonst noch in einem guten Zustand, durchaus tragbar.

Bitte senden Sie mir einen Nachweis der gespendeten Schuhe.
Diese kann in Form eines Fotos sein, wie Sie diese in einen Container werfen oder eine Bestätigung einer Abgabestelle.

Nach Erhalt dessen, löse ich für Sie die Auslieferung aus.

1001931 NEWPORT H2 M-INDIA INK/RUST Gr 43, US 10

Bitte teilen Sie mir aich noch einmal mit, wohin die neuen Sandalen geliefert werden sollen.

Vielen Dank für Ihre Mithilfe und Ihr Verständnis

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen/ With best regards/ Cordialement

Ich glaub’, ich steh im Wald.

Nun sind die seit 6 Wochen nicht in der Lage, die Garantie zu leisten, und jetzt soll ich ein Beweis-Video drehen, wie ich die Schuhe in einen Container entsorge, um dann erst mal gar keine mehr zu haben.

Mal abgesehen davon, dass es solche Container hier früher zuhauf gab, die Stadt die aber entfernt hat, weil die anonyme Geldmacher illegal aufgestellt hatten, und ich hier jetzt erst mal rumsuchen oder rumfahren müsste, und ganz dumm dastehe, wenn bei der Aufnahme etwas nicht funktioniert, halte ich das für eine absolute Unverschämtheit.

Die verkaufen fehlerhafte Schuhe, lassen mich da wochenlang nachfragen, und wollen jetzt noch absurde Videos.

Und dann habe ich nicht mal mehr den Beweis, dass die Schuhe ab Werk fehlerhaft sind, nämlich dass ich die Schlaufe nicht gewaltsam abgerissen habe, sondern die nie in der Naht eingenäht war.

Da herrschen mittlerweile Sitten, das ist unbeschreiblich.

Diese Herstellergarantie (world wide) ist bei manchen Herstellern nur noch Schwindel.

Nachtrag: In Internet (Keen Newport H2) kosten die bei uns so um die 78 Euro. In Auckland bei Kathmandu hatten sie 199.90 NZ$ gekostet, mit Sonderangebotsrabatt 179,90, also etwa 106 Euro.

Die Herstellungskosten dürften bei höchstens 7,80 Euro liegen, zumal rein synthetisch, kein Leder. Viele Sportschuhe werden in Ländern wie Bangladesh für unter 3 Euro hergestellt.

Und daraus machen die so ein 6-Wochen-Theater.

Ach, den Punkt habe ich noch vergessen: Was haben die eigentlich mit dem Formular gemacht, wenn sie jetzt nochmal nach meiner Adresse fragen müssen und auch das mitgeschickte Foto und die Typenbezeichnung nicht mehr hatten.