Ansichten eines Informatikers

Lehrerinnen und Bildungsziele

Hadmut
6.1.2018 1:14

Da gefriert einem das Blut in den Adern.

Ich wundere mich ja immer wieder über das erstaunliche Gedächtnis vieler Leser. Viele erinnern sich an Artikel meines Blogs, an die ich mich jetzt schon selbst nicht mehr erinnert hätte, sie mal geschrieben zu haben. Was insoweit doch erklärlich ist, als die Leute sich nur die merken, die für sie relevant sind, vielleicht auch nur selten lesen, während für mich natürlich alle meine Artikel relevant sind, ich mir aber tausende Artikel nicht merken kann.

Einem Leser ist tatsächlich eine Diskrepanz zwischen einem Artikel aus dem SPIEGEL von 1964 (!), den er sich damals gemerkt hatte, und einem Artikel von heute aufgefallen. Die Besonderheit der Diskrepanz ist subtil, weil die Artikel eigentlich das gleiche sagen und es einen Schlag vor die Stirn braucht, um die Diskrepanz zu erkennen.

Der Artikel von 1964 (der Link kommt unten wegen der Pointe) endete mit:

Denn kleinen Jungen und Mädchen das Abc beizubringen, sei ja wirklich kein Kunststück.

Dabei müsse man sich wundern, daß diese Volksschullehrer es überhaupt aushalten, alljährlich vor ihren Schülern dasselbe zu exerzieren. Für solch ständige Wiederholungen sei sowohl physisch als auch psychisch an sich ja nur die Frau geeignet … Man solle deshalb dafür sorgen, daß von den zwei Millionen Frauen, die in Deutschland unverheiratet durchs Leben gingen, möglichst viele die Möglichkeit erhalten, als Lehrerinnen einen ihren mütterlichen Empfindungen entsprechenden Lebensberuf zu erhalten …

Hört sich nicht schön an, oder?

Schaut man etwa in einen Artikel der WELT von 2013, dann ist aber genau das eingetreten:

Grundschullehrer sind allein unter Frauen

Universitäten suchen verzweifelt männlichen Nachwuchs

Der Anteil männlicher Grundschullehrer beträgt bundesweit nur magere 13 Prozent, an vielen Grundschulen unterrichtet kein einziger Mann. Der Anteil an männlichen Lehrern an Gymnasien liegt dagegen bei 50 Prozent.

Hört sich doch an, als habe jemand durch Frauenförderung und Männer-in-die-Flucht-Schlagen genau das umgesetzt, was der garstige Text aus dem SPIEGEL von 1964 beschrieb. Letztlich ging es darum, möglichst viele Uni-Absolventinnen irgendwo unterzubringen.

Noch mehr wundern?

Denkt mal drüber nach, wie linke Politik die Lehrpläne und Leistungsanforderungen zersetzt und immer weiter herunterschraubt, nur noch „Kompetenzen” als Grundblabla lehren will. Dazu noch ein Stück des zitierten Textes aus dem SPIEGEL von 1964:

Die Schulbildung soll nur ein allgemeines Wissen geben, auf das man dann das spezielle Wissen aufbaut. Ich muß die Erziehung auf das Große ausrichten …

Das ganze Detaillierte soll man lassen. Zu meiner Zeit war es noch so, daß einer – um die Prüfung zu bestehen – in soundso vielen Fällen eine erträgliche Note gehabt haben mußte. Wenn einer nun hochbegabt ist für ein Fach, warum verlangt man dann das andere noch von ihm? Es muß auf dem Gebiet weitergearbeitet werden! Unser Geschichtsunterricht bestand noch vor 40 Jahren nur aus Daten von Herrschern, von Kriegen und von Entdeckungen. Eine Gesamtschau ist dem einzelnen gar nicht vermittelt worden. Wenn da noch ein wenig begabter Professor am Werk ist, das wird eine Qual! Die kleinen Köpfchen können sich das gar nicht merken!

Es ist widersinnig: Weil einer in einem Fach “Ungenügend” hat, soll er dann das nicht werden können, was er hat werden wollen. […]

Wenn man sich nun vorstellt, daß so ein Mensch von Lehrer ein ganzes Leben soll abschließen können, dann darf man die Führung einer Nation nicht aufbauen auf der Basis der Schulzeugnisse. Dem Leben muß man die Möglichkeit geben zu korrigieren! Entscheidend ist ausschließlich die Leistung, niemals das Zeugnis!

Entspricht das nicht – der altbackenen Ausdrucksweise entkleidet – ziemlich genau heutigen linken Bildungszielen und -idealen? Ist das nicht das, was man heute beschreibt als „Kompetenzen”, dass die Kinder nichts konkretes mehr lernen sollen, sondern nur noch, was sie so im Allgemeinen davon halten? Und dass es nicht mehr darauf ankommen soll, Wissen und Fähigkeiten in Breite zu haben, sondern dass jeder werden kann, was er will? Dass man vom Auswendiglernen weg will? Dass jeder jeden Job ausüben können soll?

Entspricht das nicht auch den geisteswissenschaftlichen Richtungen, in denen es überhaupt nicht mehr darauf ankommt, etwas zu lernen und zu können und Bestnoten für alle vergeben werden, egal ob sie was können? Wo man dann per Quote jeden reindrückt?

Irgendwie kommt einem das doch alles aus der linken Bildungsrepublik bekannt vor.

Jetzt der Knaller: Wer hat das oben im den beiden SPIEGEL-Zitaten gesagt? Wer ist das, dessen Einschätzung man so verblüffend treffend umgesetzt hat? Seht selbst: Webseite und – besser erkennbar – das PDF.