Ansichten eines Informatikers

Müllpresse: Wenn mal wieder Korrelationen als Kausalitäten verkauft werden

Hadmut
22.6.2017 20:34

Neulich wollte mir in Hamburg bei der Netzwerk-Recherche-Konferenz ein Chefredakteur noch arge Vorwürfe machen, weil ich SPIEGEL als Schrottblatt bewertet habe. Hier mal ein Beleg. [Nachtrag 2/Korrketur]

Der SPIEGEL und der Bayerische Rundfunk wollen herausgefunden haben, dass Ausländer auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert würden. Siehe hier, hier, und hier.

Es ist ein aussichtsloses Unterfangen, Journalisten oder Geisteswissenschaftlern den Unterschied zwischen einer Korrelation und einer Kausalität verständlich machen zu wollen. Journalisten lernen (auch in Hamburg) jede Menge Zahlenkunststückchen mit allerlei Software, allen voran R, um damit irgendwelche Zahlenergebnisse zu produzieren, aber den Unterschied zwischen einer Korrelation und einer Kausalität verstehen sie nicht. Dass man das näher untersuchen müsste, bevor man so eine Behauptung aufstellt, geht nicht in die Birne.

Waren die Bewerbungen wirklich gleichwertig?

In welcher Reihenfolge wurden sie verschickt? Immer der deutsche Name zuerst?

Ist eine unterschiedliche Erfolgsquote wirklich eine „Diskriminierung“ oder als Kollektiv selbstverschuldet? Ich habe in Berlin 9 Monate nach einer Wohnung gesucht und dabei allerlei gesehen und gehört, viele Geschichten von Maklern und Vermietern, wie vergammelt und zerstört man heute oft Wohnungen zurückbekommt. Hat man untersucht, ob es da oder in anderer Hinsicht Unterschiede zwischen Deutschen und Ausländern gibt, die eine solche Unterscheidung rechtfertigen könnten? Hat man die Vermieter befragt, ob sie über eigene Erfahrungen verfügen?

Haben die angegebenen Identitäten bei allen Bonitätsauskunfteien (Schufa usw.) den gleichen Wert? Vielleicht lag es ja gar nicht an den Vermietern.

Welche Informationen wurden angegeben? Unterschiedliche Arbeitgeber/Einkommensverhältnisse?

Wenn jemand so versessen darauf ist, einen Artikel mit diesem Ergebnis zu schreiben (wären sie zu anderem Ergebnis gekommen, wären Geld und Arbeitszeit verschwendet, weil’s keiner druckt), besteht hohe Gefahr, das unterschwellig zu manipulieren.

Oder anders gesagt: Sind die Ergebnisse solcher Studien vielleicht damit korreliert, wer fragt und mit welcher politischen Zielsetzung?

Wenn man sich mal allein diese Aussage anschaut:

Neben einer Bevorzugung der deutschen Bewerber (pn) gibt es ebenso Fälle, in denen nur die Person mit ausländisch klingendem Namen eine positive Antwort erhält (np). Das kann eine bewusste Entscheidung des Vermieters sein. Oder schlicht damit zusammenhängen, dass der deutsche Bewerber später angeschrieben und der Vermieter die Anfrage gar nicht erst gelesen hat.

Ja, so sieht’s aus. Sie wissen nicht, woran es liegt. Kann sein, kann auch anders sein, kann auch nicht sein. Hat man mal geklärt, welcher Nationalität der- oder diejenige ist, die die Bewerbungen vorbearbeitet?

Das ist so der Schrott, der produziert wird, wenn Journalisten die Schrottmethoden von Soziologen übernehmen. Eigentlich wissen sie nichts, völlig ungesicherter Müll, aber machen eine Riesen-Pressenummer draus.

Klassischer Fall von Müllpresse.

Nachtrag: Ach Du liebe Güte, der Maas steckt da wieder drin.

“Wenn bei der Vermietung einer Wohnung allein die vermutete Herkunft dazu führt, dass Interessenten von vornherein ausgeschlossen werden, ist das eine rechtswidrige Diskriminierung”, so der Minister. Das verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Maas sagte weiter: “Es darf nicht vom Namen abhängen, ob man eine Wohnung bekommt oder nicht.”

Na, und?

Es hängt ja heute auch vom Namen und dem vermuteten Geschlecht ab, ob man eine Professur, Beamtenstelle usw. bekommt, Männer sind raus.

Schaut Euch bei der Gelegenheit mal § 22 des AGG an:

§ 22 Beweislast

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Wer hat diesen Quatsch eigentlich eigentlich zum Gesetz erhoben?

„Indizien beweisen“, „vermuten lassen“, Beweislastumkehr. Heißt: Korrelationen werden per Gesetz zur Kausalität gemacht. Wie soll eigentlich jemand beweisen, dass er nicht diskriminiert?

Wie soll jemand, der nur eine Wohnung vermietet, beweisen, dass er niemanden diskrminiert hat, wenn er den Deutschen – etwa zufällig, nach Reihenfolge des Eingangs oder warum auch immer – ausgewählt hat?

Im Prinzip wird damit die Vertragsfreiheit abgeschafft. Man gibt damit Leuten vor, an wen sie zu vermieten haben. Letztlich auch eine Form der Enteignung.

Nachtrag 2/Korrektur: Einige Leser haben mich darauf hingewiesen, dass sie nicht gezählt haben, wer die Wohnung bekommen hat, sondern es nur um Einladungen zu Besichtungesterminen ging.

Das ändert die Sache ein wenig, aber nicht grundlegend. Das Problem bleibt genau das gleiche, denn auch Wohnungsbesichtigungen sind eine knappe Ressource, zwar nicht auf 1 beschränkt, aber auch da ist die Zeit endlich.

Es ändert ebenfalls nichts daran, dass SPIEGEL und BR – zumindest nach dem, was mir Leser geschrieben haben – deutlich überproportional mehr ausländische Anfragen geschickt und deren höhere Ablehnungsquote damit systematisch provoziert haben.

Und es gibt noch ein anderes Problem: SPIEGEL und BR wissen ja gar nicht, welche Bewerbungen/Anfragen die Vermieter noch bekommen haben, wieviele deutsche und ausländische dabei waren. Sie können also gar nicht wissen, in welchem Verhältnis der Vermieter die angenommen hat und ob er damit jemanden diskriminiert oder nicht.