Ansichten eines Informatikers

Politische Logik

Hadmut
1.2.2017 21:23

Schönes Fundstück: [Nachtrag]

Vorher etwas leichte Denkgymnastik zum Auflockern:

Kennt Ihr solche Leute, die wie die Bekloppten nach UFOs Ausschau halten, weil sie fest davon überzeugt sind, dass Außerirdische die Erde besuchen?

Was heißt UFO?

Es hießt Unidentifiziertes Flug-Objekt.

Oder historisch und sprachlich richtiger unidentified flying object, denn es kommt aus dem Englischen, Flug-Objekte kann’s nämlich gar nicht geben, weil’s ja nicht selbst fliegen würde, wenn es Objekt einer Flughandlung wäre, wie ein Fussball als Objekt des Trittes des Elfmeterschützen. Es gibt fliegende Objekte und Flug-Subjekte, aber keine Flug-Objekte. Fliegen muss man schon selbst, sonst ist es Ballistik und kein Flug. Ist komischerweise noch keinem deutschsprachigen UFO-Jäger aufgefallen, dass es deshalb über deutschsprachigem Boden gar keine UFOs geben kann, was aber nicht bedeutet, dass wir vor Mars-Attacks sicher wären. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten unserer Politiker in der Kartei der Men in Black stehen und will gar nicht wissen, was da zum Vorschein kommt, wenn die abends ihre Socken ausziehen.

Aber ich schweife ab. Lassen wir mal die sprachlichen Fehler, mir geht’s eher um die groblogischen Fehlschüsse.

Grundsätzlich will ich es zwar als sehr unwahrscheinlich einstufen, aber nicht gänzlich in Abrede stellen, dass kleine grüne Männchen in fliegenden Untertassen kommen. Und noch schlechter kann’s ja eigentlich nicht werden.

Wenn also einer kommt und sagt, er hat kleine grüne Marsmännchen in fliegenden Untertassen gesehen, dann ist das vielleicht wahr oder auch unwahr, aber zunächst mal keine in sich widersprüchliche und unsinnige Aussage. Laut sollte man es natürlich nicht sagen, denn viel größer als die Gefahr, dafür in der Klapse zu landen ist heute, von den Genderisten dafür verprügelt zu werden, dass man natürlich wieder nur Männchen und keine Marsweibchen gesehen hat, diese also marginalisiert und ihnen die Stimme verweigert. Wehe allerdings dem, der nur auf die Marsweibchen guckt, der ist dann Sexist. Was die Frage aufwirft, warum eigentlich in Wissenschaft und Literatur keine Marsweibchen Erwähnung finden. Würde einem aber auch nicht gut bekommen, denn damit bekäme man Dresche von den Soziologen, weil man damit die 379.892 anderen Mars-Geschlechter übergeht und ihnen eine binäre Geschlechterordnung aufdrückt.

Noch übler ist natürlich, zu erwähnen, dass sie grün sind. Ganz übler Rassismus. Hautfarben und so geht gar nicht, darf man nicht erwähnen. Selbstverständlich auch nicht, dass sie unsere Sprache nicht sprechen.

Und auch nicht, dass sie klein sind, das wäre Lookism und würde uns über sie stellen.

Das sollte man also tunlichst alles nicht erwähnen. Sollte tatsächlich jemals Außerirdische hier landen, sollte man auf gar keinen Fall mehr sagen als dass wieder neue Neubürger angekommen wären. Das geht dann auch alles den gewohnten Weg. Bettenlager in der Turnhalle und so. Weil ja keiner sagen und erwähnen darf, woher sie kommen, und die Pässe auch nicht geprüft werden.

Also selbst wenn die Außerirdischen kämen, könnte man darüber nicht berichten, das wäre politisch nicht korrekt. Keiner würde es mitkriegen.

Aber ich schweife schon wieder ab.

Ich will eigentlich auf was ganz anderes hinaus.

Nehmen wir mal an, jemand behaupte – wider alle politische Erziehung – er habe ein UFO gesehen und die Außerirdischen wären da.

Woher will er denn wissen, dass es eine Untertasse Außerirdischer ist, wenn es doch ein unidentifiziertes Flugobjekt sein soll. Es Außerirdischen zuzuordnen ist doch bereits eine Identifikation.

Man kann also nicht beides behaupten.

Entweder sagt man, man hat ein UFO gesehen.

Oder man sagt, man hat eine fliegende Untertasse Außerirdischer gesehen.

Beides geht nicht. Für eines davon muss man sich entscheiden.

Worauf will ich eigentlich hinaus?

Ich will damit sagen, dass der österreichische Politiker-Presse-Brei auch nicht schlauer ist als der deutsche.

In Österreich ist nämlich ein Sozialbericht 2015/2016 erschienen, dessen Design unserer SPD so verblüffend ähnlich sieht.

Dazu verlautbart der Standard:

Unerklärbarer Pay-Gap

Die Teilzeitfrage erklärt die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern freilich nicht allein. Auch gemessen am Bruttostundenverdienst existiert ein “Gender-Pay-Gap”, dieser beträgt in Österreich 22,4 Prozent (Stand 2014). Es gibt dafür eine Reihe handfester Gründe – etwa dass Frauen nach wie vor häufiger in schlecht bezahlten Dienstleistungsjobs arbeiten. Doch diese überprüfbaren Ursachen erklären laut Analyse der Statistik Austria die Kluft zwischen Mann und Frau nicht einmal zur Hälfte.

Demnach bleibt ein Pay-Gap von rund 15 Prozent, für den es keine objektivierbare Erklärung gibt – sondern womöglich nur diese eine: weil es einfach Frauen sind. (Gerald John, 1.2.2017)

Sie behaupten also gleichzeitig, dass der Unterschied unerklärbar sei, es keine objektivierbare Erklärung gäbe, und es daran läge, dass sich die Welt per Verschwörungstheorie gegen die Frauen verschworen habe. Ein unidentifiziertes Flugobjekt! Vom Mars!

(Er schreibt zwar noch „womöglich”, schließt aber alles andere auch aus.)

Was mir noch nie jemand erklären wollte und konnte:

  • Wenn sie keine Erklärung haben (und ja aus politischen Gründen nicht mal suchen wollen), warum folgt daraus, dass es „unerklärbar”, „nicht objektivierbar” sei?

    Auf welcher intellektuellen Grundlage will man von vornherein eine Erklärbarkeit ausschließen, gerade dann, wenn man gleichzeitig sagt, dass man es nicht verstanden hat? Ist das so wie bei den Esotherikern und Religiösen, die auch immer darauf bestehen, dass es da das „Unerklärbare” gibt, um ihre Zuständigkeit aufrecht zu erhalten?

  • Wieso glauben die eigentlich immer, dass sie, ausgerechnet sie, am Ende der Weisheit angekommen wären? Wenn sie es nicht erklären können (oder wollen), dann wird es für „unerklärbar” erklärt, damit keiner mehr kommen und was erklären kann?
  • Wieso folgt aus „unerklärbar” eigentlich immer, dass Frauen diskriminiert würden?

    Im Allgemeinen und im Wissenschaftlichen bedeutet „unerklärbar”, dass man etwas falsch gemacht hat und am besten nochmal ganz von vorne anfängt, bis man eine Erklärung gefunden hat.

    Ist das die Forsetzung des Soziologendachschadens, dass wer eine Korrelation findet, sich eine Kausalität frei aussuchen darf?

  • Und heißt nicht die Wertung „unerklärbar”, dass es nach bestehendem Wissen eben gerade keine Frauenbenachteiligung gibt, weil das ja eine Erklärung wäre, was sie gerade ausgeschlossen haben?

Nächste Woche sehen sie dann unidentifizierte Marsweibchen. (Erwähnt bloß nicht die Untertassen, es wäre sexistisch, sie mit Geschirr zu assoziieren.)

Nachtrag: Ein Leser weist – zu Recht! – noch darauf hin, dass es nicht nur unlogisch, sondern auch noch sprachlich falsch ist. Es heiße „unerklärlich” und nicht „unerklärbar”.

Stimmt.

Das *bar-Gequatsche ist sowieso strohdoof.

Und es ist tatsächlich ein enormer Unterschied, ob etwas unerklärlich oder unerklärbar ist.

Wunderlich und wunderbar ist ja auch nicht das gleiche.

Siehe auch hier.