Ansichten eines Informatikers

Recht im Sinkflug: Als die Richter jammern lernten

Hadmut
25.5.2016 22:32

Auch die Justiz leidet unter der eingeschleppten Geisteswissenschaftlerdemenz. Und natürlich sind wieder die anderen dran schuld.

Also ich könnte ja von mir nun nicht behaupten, dass ich von unserer deutschen Justiz überzeugt wäre. Im Gegenteil, ich halte sie weit überwiegend grottenschlecht. Und stehe damit nicht ganz allein. Ein mit der Familie befreundeter Anwalt sagte mir mal, er könnte nicht so viel saufen, wie er kotzen möchte, wenn er sieht, was an den Gerichten los ist. Ich sehe das naturgemäß als Informatiker aus einem anderen Blickwinkel, komme aber ungefähr zum gleichen Ergebnis: Juristen beim Arbeiten zuzusehen ist gruselig.

Was mir in den letzten 20 Jahren und einigen Gerichtsstreitigkeiten immer wieder auffiel: Die reden zwar immer von Rechtsfindung, das ist aber leeres Gerede. Tatsächlich machen sie, was sie gerade wollen, und betreiben dann Begründungsfindung. Das liegt schon in der Natur der Reihenfolge: Sie entscheiden ad hoc und brauchen dann Monate, um eine Begründung zu finden. Und nicht selten habe ich es erlebt, dass sie schon vorher entscheiden. Dass sie nicht abwarten, was in der Verhandlung passiert, sondern sie so lenken, dass das herauskommt, was sie brauchen.

Ich habe das ja in meinem Promotionsfall schon oft beschrieben: Die Gutachten waren alle Fake und faul, das Gericht hatte die Korrespondenz zurückgehalten und genau gewusst, dass die Gutachten nicht stimmen konnten, weil die Gutachter das, was sie begutachten sollten, nie erhalten hatten. Das Gericht hatte es nie geschickt. Dann wollte der Vorsitzende einem dieser Gefälligkeitsgutachter 3000 Euro Vergütung dafür zuschustern, obwohl er genau wusste, dass der das nie gemacht haben kann. Der wollte noch nicht mal faul abrechnen, aber der Richter hat ihn noch drauf gebracht – obwohl die Abrechnungsfrist schon abgelaufen war. Dann habe ich den Richter dabei erwischt, dass er das Verhandlungsprotokoll gefälscht hat: Der hat die Tonbandaufnahmen und Sachverständigenaussagen nach der Verhandlung heimlich nochmal selbst neu aufgesprochen und die Bänder ausgetauscht. Die Urkundsbeamten hat sich dann geweigert, die Richtigkeit der Übertragung zu beurkunden, weil sie natürlich gemerkt hat, dass der Sachverständige, der eigentlich einen holländischen Akzent hatte, plötzlich wie der Richter klang. Und solche Sauereien mehr.

Ich war vor einigen Jahren auch mal als Zeuge geladen. Um mich dann in der mündlichen Verhandlung mit dem Richter in die Wolle zu kriegen, weil der als meine Aussage das Gegenteil von dem protokollierte, was ich gesagt habe, und mir Aussagen in den Mund legte, die ich nicht gemacht habe. Hat ihm halt nicht in den Kram gepasst, was ich gesagt habe. Sowas ist kritisch, weil so ein Protokoll dann als Beweis gilt, und man noch wegen Falschaussage drankommen kann, obwohl man das nie gesagt hat.

Dabei herrscht in deutschen Gerichtsverfahren der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Nichts und niemand hätte ihn davon abgehalten in sein Urteil zu schreiben, dass er dem Zeugen Danisch nicht glaubt. Und dann hätte die Berufung da vielleicht was anders gesehen. Außerdem hätte er dann keine Beweise für sein Wunschurteil gehabt. Also hat er mir Aussagen unterstellt, die ich nicht gemacht habe. Wurde dann ziemlich laut. Also zwischen dem Vorsitzenden und mir. Die Beisitzer haben daneben gesessen und das Maul gehalten. Deshalb nennt man sie auch Beischläfer.

Ich weiß von einem Fall, in dem ein Richter an einem Landgericht sagte, dass er das Verbraucherkreditgesetz nicht anwenden werde. Weil es das während seines Jurastudiums noch nicht gab. Hatte keinen Bock, sich neue Gesetze mal durchzulesen. Was in seinem Studium nicht drankam, das gibt es für ihn nicht. Für ihn gilt bis zur Pension der Gesetzesstand zum Ende seines Studiums.

Ich habe von einem Fall erfahren, in dem eine Richterin in einem Scheidungsprozess einen Mann um mehrere hunderttausend Euro prellte (zugunsten der Frau, na ratet mal, wie’s kam), weil sie eine komplette, voll gebrauchsfähige Gewerbeeinrichtung in bestem Zustand mit einem Wert von 0 Euro bewertete. Mit der Begründung, dass das Zeug steuerlich bereits abgesetzt sei und deshalb auch mit 0 Euro in den Büchern stünde, mithin also wertlos sein müsse und es keinen Wertgewinn oder -verlust darstellte, wenn das Zeug alles die Frau bekommt.

Ich kenne einen anderen Fall, in dem hat ein Landgericht einen von einer Bank gefälschten und mit einem Minderjährigen unwirksam abgeschlossenen Knebelkreditvertrag bestätigt, weil sie meinten, da reicht die Grundschuld als Darlehenssicherheit, damit sich die Bank bedienen kann, es käme gar nicht darauf an, ob der Vertrag gültig ist. Das läge am Abstraktionsprinzip, das der Laie nicht verstünde, deshalb müsst’s auch nicht logisch sein. Verstanden hatten sie es nicht, null, gar nicht, aber waren in ihrem Irrglauben, damit anderen überlegen zu sein, völlig taub. Das Oberlandesgericht hat das Urteil dann aufgehoben und bestätigt, dass die Richter da nur Bockmist verzapft und juristisch gar nichts verstanden haben. Brauchte aber ein Jahr dafür. Dann kam der Bundesgerichtshof und hob die Berufung auf, setzte das erste Urteil wieder in Kraft, weil sie unterstellten, dass die Richter des Oberlandesgerichts zu doof wären, das nicht haben verstehen können, gleichzeitig aber unterstellten, dass der Minderjährige das gleich nach dem 18. Geburtstag innerhalt von zwei Wochen hätte verstehen müssen – ohne den Vertrag je gesehen zu haben, also auch Hellseher sein müsste. Also ein 18-Jähriger, der die Akten nicht mal gesehen hat, sofort mehr verstanden haben muss, als ein Oberlandesgericht nach einem Jahr und mit allen Akten verstanden haben kann. Dabei berief sich der BGH auf ein Urteil des Reichsgerichtes, dass sich wiederum auf einen BGB-Paragraphen stützte, den es nicht mehr gibt. Der BGH war aber schon damit überfordert, den Stand des BGB zum fraglichen Zeitpunkt zu bestimmen. Die haben nicht mal gemerkt, dass es den Paragraphen, auf den sie sich da stützten, zu dem Zeitpunkt nicht mehr gab. BGH zu doof, Gesetzeslage zum Vertragszeitpunkt festzustellen. Aber am Reichsgericht festhalten.

Und dergleichen mehr, ich hab ja über das Bundesverfassungsgericht schon so viel geschrieben. Vorratsdatenspeicherung nicht kapiert, völlig wirkungslos geurteilt, reine Showveranstaltung, aber der Papier zieht heute noch durch die Veranstaltungen und erzählt, wie gut er sich dafür findet.

Und so geht das immer fort. Fragt wen Ihr wollt, Ihr werdet verblüffend oft solche Fälle hören.

Was mir da immer auffällt, ist diese enorme Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung. Es ist mir schon so oft, so unzählig viele Male aufgefallen, dass Juristen immer überzeugt sind, alles und alles besser als alle anderen beurteilen zu können, das faktisch aber nicht können, weil sie oft nichts außer Recht können, und selbst das häufig nur lausig. Zwei Juristen, drei Meinungen ist noch unverschämt untertrieben.

Ich habe mal drei Jahre in einer Rechtsabteilung gearbeitet, mitten in einem Rudel Juristen. Ich dachte erst, das wäre aber übel, wie die mich mobben. Ständig so ein unverschämter, unkollegialer, fieser Tonfall. Bis ich mal dahinter gekommen bin, dass die mich keineswegs mobben, sondern ungewöhnlich gut behandeln, weil sie mich nicht einschätzen konnten, ich auch als Informatiker und Nichtjurist ein paar Sachen besser wusste, und die ziemlichen Respekt vor mir hatten. Ich hatte die mal darauf hingewiesen, dass sie Backups von ihren Rechnern machen sollen, weil Festplatten kaputt gehen können, worauf sie mich erst auslachten. Passiert nur, wenn man mit dem Rechner nicht richtig umgehen kann und so. Dann gingen zweimal Festplatten kaputt, natürlich ohne Backup, in einem Fall zwei Jahre Juristenarbeit futsch. Seither galt ich da als Gottheit mit hellseherischen Fähigkeiten, und der Tonfall, den ich nach IT- und Nerd-Maßstäben für Mobbing hielt, war in Wirklichkeit ein besonders guter und respektvoller – im Vergleich zum Umgang untereinander. Da haben die nämlich keine Gelegenheit ausgelassen, sie gegenseitig eine reinzuhauen und sich runterzumachen. Informatiker kooperieren. Juristen konkurrieren.

Natürlich habe ich mich auch mit einigen etwas angefreundet und direkter geredet. Das Selbstverständnis des Juristen ist, ein Mietmaul zu sein (wurde mir so gesagt). Sie vertreten jede Meinung, wenn sie dafür bezahlt werden. Das ist keine Unterstellung von mir, das ist ihr selbst angestrebtes Ideal. Die Kunst besteht darin, jede noch so aussichtslose und bekloppte Position so zu verteidigen, als wäre es die einzig richtige. Rhetorik. Rechtsverdreherei. Gesetze genau im Gegenteil dessen auszulegen, was drin steht. Es geht vor allem um Rhetorik, Rabulistik, Dialektik, und dann kommt lange, lange nichts.

Fatal daran ist, dass das eben nicht nur bei Anwälten so ist, wo man das ja noch als nützliche Tugend und Auftragserfüllung ansehen kann, sondern auch bei Richtern. Denn Richter sind nicht etwa die unabhängige Instanz, als die sie sich ausgeben, sondern sind, wie die beteiligten Anwälte, nur Vertreter eines Interessenträgers. Und zwar ihrer eigenen Interessen, Karriere und Politik, und die ihres Dienstherrn, der über ihre Karriere entscheidet. Das ist eine große Korruptionssuppe, und wer nicht mitspielt, ist beruflich auf dem Abstellgleis.

Berlin versinkt in Kriminalität, weil man Kleinigkeiten hoch, aber die Straßenkriminalität eigentlich gar nicht mehr oder nur mit Wattebällchen bestraft, und das ganze Rechtssystem in einer linken Ideologiesuppe versinkt. Der Suizid der Richterin Kirsten Heisig kam nicht von ungefähr.

Und spätestens mit dem Juristinnenbund hat man sowieso Recht durch Lobbyismus und Willkür ersetzt. Bei Richterinnen wie Baer findet sich das ja sogar in den Schriften, dass man Gesetze ablehnt und Recht schleichend unterwandern soll, um deren Interessen da zu verankern und einzubringen.

Oder um es anders zu sagen:

Nichts.

Wirklich nichts ist zu dämlich, als dass sich nicht ein Richter, ein Pfarrer und ein Professor fänden, die es im Namen des Volkes, Gottes und der Wissenschaft als die einzige Wahrheit ausgeben.

Und das ist ja nicht nur meine Sichtweise. Es gibt ja das geflügelte Wort, vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand zu sein. Seit ich meinen Bootsführerschein und das mal ausprobiert habe, bin ich aber überzeugt, dass man nur auf See in Gottes Hand ist, vor Gericht ist man von Gott verlassen.

Umso grotesker fand ich, als ich heute in der WELT diesen Artikel las: “Das deutsche Recht ist im Sinkflug”

Der gerade neu gewählte Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Jens Gnisa, jammert über den Ansehensverlust der Richter und der Rechtsprechung.

Die Politik beuge Gesetze und die Bevölkerung orientiere sich an selbst gestrickten Vorstellungen von Gerechtigkeit, meint Jens Gnisa, Chef des Richterbunds. Er sieht schwarz für die deutsche Justiz. […]

Der 52-Jährige, kürzlich zum Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes gewählt, bekam “Beleidigungen und Beschimpfungen in zweistelliger Zahl” zugeschickt, wie er sagte. Zugleich sei nicht eine einzige Zuschrift gekommen, in der nachgefragt wurde, wie er dies oder jenes gemeint habe oder ob er seine Argumente noch einmal ausführlicher formulieren könne.

Da frag ich mal böse:

Seit wann kann man bei dem Urteil eines Richters nachfragen, wie er das gemeint hat oder ob er das nochmal ausführlicher formlieren könnte?

Habe ich jedenfalls nie bekommen. Die stellen irgendeinen Mist als Entscheidung hin, strotzt vor Fehlern, widerspricht sich selbst, passt nicht zu Fakten und zu Gesetz, auch nicht zu Verfahrensrecht, aber das steht dann da so. Wenn es überhaupt begründet wird.

Man kann mit Richterin nicht reden. Man kann nur über sie reden. Freilich, beleidigen kann man sie schon, aber das bringt auch nichts und löst auch keine Denkvorgänge oder Korrekturen aus.

Immerhin, und das zeigt die Einlassung Gnisas, werden Beleidigungen immerhin zur Kenntnis genommen, gezählt und erwähnt, während die Rückfragen und Bitten um Erläuterungen, deren Ausbleiben er beklagt, normalerweise schon von der Geschäftsstelle zurückgewiesen werden.

“Unter vier Millionen Zuschauern war nicht ein Einziger, der in eine sachliche Diskussion eintreten wollte”, sagte der Direktor des Bielefelder Amtsgerichts bei einem Vortrag des rheinland-pfälzischen Richterbundes. Für Gnisa war diese Erfahrung ein weiterer Hinweis auf eine, wie er fürchtet, fatale Entwicklung: Das Rechtssystem wird immer weniger geschätzt und respektiert. “Das deutsche Recht steckt in einer Krise”, warnte Gnisa in Trier. “Es ist im Sinkflug.”

So?

Ich könnte es auch so sagen: In den allermeisten der Verfahren, die ich da hinter mir habe, gab es unter den Richtern auch keinen einzigen, der in eine sachliche Diskussion eintreten wollte. Ich rede von Gerichtsverfahren, wohlgemerkt.

Ich bitte, den Unterschied zu beachten: In einem Gerichtsverfahren hat die Partei Anspruch auf rechtliches Gehör und eine sachliche Diskussion.

Wer hingegen von der Meinungsfreiheit Gebrauch macht, ist nicht daran gebunden, seine Meinung vorher zu legitimieren, indem er dem Kritisierten Erläuterungs- und Rechtsmittelfrist einräumt.

Richter verlangen hier Rechte, die sich nicht haben, und die sie selbst denen, die sie haben, vorenthalten.

Vielen Menschen gehe es nur noch darum, Emotionen zu äußern. “Das funktioniert nach dem Motto: Ich bin wütend, also kann was nicht in Ordnung sein”, kritisiert der Richterbund-Vorsitzende. Diese immer mehr um sich greifende deutsche “Empörungskultur” verweigere sich dem abwägenden Blick auf beide Seiten der Medaille, beziehungsweise eines verhandelten Falles oder einer Anklage.

Jo. Ich habe neulich vor Gericht klären wollen, was eigentlich hinter Gender Studies steckt, und musste mir von den Richtern sagen lassen, das wäre unzulässige Polemik, wenn man fragt, ob es stimmt. Die Gerichte sind längst von Genderisten und dem Juristinnenbund durchsetzt, die längst nur noch darauf bauen, warüber sie wütend und emotional erregt sind. Und der wirft der Öffentlichkeit nun das Echo dessen vor?

Nach Lust und Laune würden per Internet Menschen beleidigt und beschimpft, aus dem Bauch heraus vernichtende Urteile gefällt und Richtersprüche infrage gestellt. “Früher wurde ein Urteil akzeptiert und die Strafe beglichen. Heute erleben wir immer öfter, dass Leute das Urteil für falsch halten und deshalb zum Beispiel einfach nicht zahlen.” Mit der Justiz drohe eine der wichtigsten Säulen des Staates Schaden zu nehmen.

Wisst Ihr, wie man das nennt?

Meinungsfreiheit

Das ist ein Grundrecht, Urteile für falsch zu halten und Richtersprüche infrage zu stellen. Gehört übrigens auch zum Rechtsweg, aber weil da Anwaltspflicht gilt, glauben Juristen immer, erst das juristische Staatsexamen legitimiere, Urteile überhaupt zu kritisieren.

Und es ist richtig, dass damit eine Säule des Staates Schaden nimmt. Aber das liegt nicht an den Empfängern der Urteile, sondern an deren Verfassern.

Man merkt dem frisch angetretenen Sprecher von mehr als 12.000 Richtern und Staatsanwälten an, dass er in Sorge ist um das deutsche Rechtssystem und dass er viel über die Gründe für den Verfall der Sitten gegrübelt hat. Viele Ursachen hat er dafür ausgemacht, die permanente Unterfinanzierung der Justiz etwa, der zurzeit mindestens 2000 Richter und Staatsanwälte fehlen. Der wachsende Berg an Aufgaben durch die Flüchtlingskrise ohne die dafür notwendige Ausstattung. Die schlechte Bezahlung von Richtern und Staatsanwälten.

Die alte Geisteswissenschaftlerkrankheit: Wir sind unfehlbar und schuld sind immer nur alle anderen. Noch nie wäre jemand an irgendetwas selbst schuld gewesen. Noch nie wäre man auf die Idee gekommen, dass man einfach Schrott und Pfusch produziert und die Öffentlichkeit das gemerkt hat.

Die Presse neige zu Vorverurteilungen und ruiniere dadurch Menschen, selbst wenn sie freigesprochen würden. Und die Politik? Die weiche das Recht auf, statt es zu befolgen und dem Bürger damit ein Vorbild zu geben. Das könne bis hin zum Rechtsbruch reichen, sagte Gnisa und nannte als Beispiel die Aussage von Angela Merkel im Herbst 2008, als die Bundeskanzlerin eben mal so im Alleingang versprochen hatte: “Die Spareinlagen sind sicher.”

Diese Aussage am Parlament vorbei hätte Merkel von Rechts wegen womöglich so nicht machen dürfen, meint Gnisa. “Wenn sich schon die obersten Repräsentanten das Recht herausnehmen, das Recht zumindest aufzuweichen und infrage zu stellen, dann ist es nicht verwunderlich, wenn in der Bevölkerung die Bindung an das Recht immer mehr nachlässt.” Das Recht sei nicht mehr die entscheidende Größe, sondern eine mitunter sehr fragwürdige, selbst gestrickte Moral. “Es geht nicht mehr um die Frage, ob man etwas darf oder nicht darf, sondern, ob man etwas soll oder nicht soll.”

Ach, gar. Wenn es um die anderen Staatsgewalten geht, dann kritisieren sie gerne.

Dass man das gleiche aber über Richter und Gerichte sagen kann, und das im Bundesverfassungsgericht inzwischen sogar Hauptprogramm an Stelle der Verfassung ist, das wird unter den Teppich gekehrt. Wehe dem, der es wagt, Richter und Urteile zu kritisieren. Die Bösen sind immer die anderen.

Ein besonders schlimmes Beispiel nannte Gnisa das Buch “Aufschrei!” von Ex-Sozialminister Norbert Blüm (CDU), das er ein “Pamphlet” nannte, “eines Akademikers nicht würdig”. Blüm habe unreflektiert nur eine Seite betrachtet und Partei ergriffen, ohne sich dem schwierigen Prozess einer sachlichen Abwägung auszusetzen. Umso wichtiger sei es daher, Öffentlichkeitsarbeit für die Justiz zu betreiben und aufzuklären.

So?

Kleiner Denkanstoß: Die meisten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts erfolgen ganz ohne Begründung und Abwägung. Und die meisten normalen Gerichtsurteile, die ich realiter bisher gesehen habe, waren das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt waren. Und wenn ich mich so zurückerinnere, dann habe ich in den letzten 25 bis 30 Jahren bestimmt einige tausend Urteile aus den verschiedensten Rechtsbereichen gelesen, dazu Dutzende Kommentare und Rechtsfachbücher. Nur sehr, sehr wenig darin erschien mir eines Akademikers würdig. Vieles ist bloße Willkür, verpackt in Denkfehler, Rabulistik, Dialektik – und nicht selten Dummheit, Inkompetenz und die entsetzliche Borniertheit und Überheblichkeit von Juristen.

Ich muss es leider sagen: Viele Juristen lassen es einfach massiv raushängen, dass sie jeden Nichtjuristen für einen unmündigen Dummmkopf halten, dessen Menschwerdung erst durch anwaltliche Vertretung und Bevormundung stattfindet. Zu oft habe ich es erlebt, dass man als Informatiker (=Nichtjurist) Juristen erst mal richtig weh tun muss, indem man ihnen ihre (auch juristischen) Wissensgrenzen aufzeigt, damit sie einem überhaupt mal zuhören. Erst wenn sie merken, dass sie Gefahr laufen, sich gegenüber dem Laien zu blamieren werden viele dann etwas vorsichtiger. Oder anders gesagt: Ich habe schon ein paar Verfahren gewonnen, von denen mir vorher Juristen sagten, ich hätte Null Chance und es wäre nur meine Laienunwissenheit, die überhaupt angehen zu wollen.

Was wir hier sehen ist die Auswirkung dessen, dass diese Geisteswissenschaftlerdemenz immer stärker auch zu den Juristen durchschlägt. Wie bei den Feministinnen: Miserable Leistung, lausige oder gar keine Begründung, aber allen anderen die Schuld dafür zuschieben und sich beschweren, dass man überhaupt noch kritisiert wird und die Leute das Zeug nicht in blinder Unterwürfigkeit und in tiefem Respekt widerstandslos schlucken.

Irgendwie mal so auf die Idee zu kommen, dass aus dieser Entwicklung vielleicht folgen könnte, Urteile besser und verständlicher zu formulieren, und vielleicht die Ignoranz zu reduzieren, gibt es da nicht. Der Bürger hat den Mist, den man vorlegt, gefälligst kommentarlos zu akzeptieren. Egal wie blöd oder dumm.

Deshalb ist es auch mein Ziel, auch dieses Blogs, die Öffnetlichkeit darüber aufzuklären, was in Deutschlands Gerichten so abläuft. Vor allem im Bundesverfassungsgericht.

Ich halte es nicht nur für ein Grundrecht, sondern vor allem staatstragend wichtig, zu verstehen und sich bewusst zu machen, wie fehlerhaft Gerichtsurteile sind, und was dazu führt, dass es so ist, welche Korruption, Inkompetenz, Willkür da herrscht.

Es ist sehr, sehr wichtig, und ich bitte die Leser, sich das klar zu machen, dass sich Leute wie Gnisa mit dieser Sichtweise nicht durchsetzen.

Rechtsprechung muss kritisiert werden. Selbstreinigungskräfte gibt es in der Justiz nicht mehr. Das versinkt alles in Korruption, Willkür, Inkompetenz.