Ansichten eines Informatikers

STEM to STEAM: Geisteswissenschaftler wollen an Geld und Ernst genommen werden

Hadmut
11.11.2015 20:22

Politische Hintergründe der Verblödungsstrategie.

Ein Leser hat mich gerade auf etwas interessantes hingewiesen: Die STEM to STEAM-Initiative, hauptsächlich angeführt von der Rhode Island School of Design (RISD).

Worum geht es?

Im englischsprachigen Raum redet man gerne von den STEM-Fächern (Science, Technology, Engineering and Math). Also das, was man bei uns zu den MINT-Fächern (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) übersetzt hat.

Die will man nun von STEM zu STEAM umbauen: STEM + Art = STEAM

Zitat von der Webseite:

What is STEAM?

In this climate of economic uncertainty, America is once again turning to innovation as the way to ensure a prosperous future.

Yet innovation remains tightly coupled with Science, Technology, Engineering and Math – the STEM subjects. Art + Design are poised to transform our economy in the 21st century just as science and technology did in the last century.

We need to add Art + Design to the equation — to transform STEM into STEAM.

Hehe.

Den USA geht’s wirtschaftlich gerade irgendwo zwischen wackelig und gruselig. Und was machen sie? Sie konzentrieren sich – once again, wieder einmal – auf Innovation und Technik, um sich eine gesunde Zukunft zu sichern. Schön gesagt.

Und da kommen jetzt Kunst und Design um die Ecke und maulen, dass sie auch Lust haben, was für die Zukunft zu machen, und deshalb auch wichtig sein wollen. Wissenschaft und Technik hätten die Wirtschaft im 20. Jahrhundert revolutioniert und gerettet, und sie wären jetzt an der Reihe, das im 21. Jahrhundert zu tun.

Heieieieiei.

Mit Kunst und Design die Welt retten. (Naja gut, man könnte jetzt sagen, dass das bei Apple ja funktioniert hat…)

Also hätte man im 20. Jahrhundert jemandem, der gegen die Wand fährt, gesagt, er braucht bessere Bremsen und einen Sicherheitsgurt. Jetzt sorgt man dafür, dass er mit Stil gegen die Wand kracht. Das hilft ihm zwar nicht, aber sieht schicker aus.

Da fragt man sich, was die eigentlich vorhaben. Stellt Euch vor, es kommt einer zu Euch, stampft mit dem Fuß ganz feste auf den Boden und fordert, er will jetzt auch wichtig sein, wisst Ihr dann, was der vorhat? Kann man überhaupt durch Vereinbarung wichtig werden, oder ist wichtig etwas, was man einfach sein muss? Was heißt denn »wichtig« überhaupt? Wichtig heißt, dass was schlimmes passiert, wenn etwas wichtiges nicht mehr da ist. Und was machen wir ohne Kunst und Design? Mehr oder weniger dasselbe wie vorher, nur billiger.

Wenn sie denn wenigstens mal ein Beispiel hätten, was sie vorhaben. Oh, äh, ja, sie haben ein Beispiel: Die Erfindung der Fotografie im 19. Jahrhundert. Sorry, wenn ich das mal so sage, aber: Die Fotografie war eine Erfindung von Optikern und Chemikern. Deren Fortschritte haben das ermöglicht. Die Kunst hat sich damals nicht so wirklich vor oder zurück bewegt, sondern lediglich benutzt, was Techniker erfunden haben. Und sich auf eine 200 Jahre alte Erfindung als Beleg dafür zu berufen, dass Kunst und Design die Wirtschaft revolutioniert haben, das ist irgendwie so, als würden sich Feministinnen auf Ada Lovelace als Beleg dafür berufen, dass der Computer eine weibliche Erfindung war. Oder als würde die Metzgerinnung die Erfindung des Autos für sich proklamieren, weil die schon früh ihre Schweinehälften damit transportiert haben.

Was also haben die vor?

Steht auf ihrer Webseite:

  • transform research policy to place Art + Design at the center of STEM
  • encourage integration of Art + Design in K–20 education (K-20 bezeichnet den Ausbildungsweg Kindergarten to Graduate Degree)
  • influence employers to hire artists and designers to drive innovation

Forschungspolitik verändern, dass Kunst und Design im Mittelpunkt von Mathe, Technik und Naturwissenschaft stehen. Hört sich nach „Lasst uns auch mitspielen” an, auch wenn wir’s nicht bringen. In der Ausbildung verankern. Arbeitgeber zur Einstellung bringen.

Als ob die Künstler jetzt die Methoden der Feministen kopieren. Gleichstellung der Künstler mit den Wissenschaftlern. Gibt demnächst dann eine verpflichtende Künstler-Quote für Firmen.

Wird eng auf dem Opfermarkt. Wenn da jetzt jede Gruppe, die sich nicht selbst ernähren kann, eine Mitversorgungsquote fordert, dann ist die Summe der Quoten schnell bei 300% und kein Platz mehr für die, die das alles erarbeiten sollen.

Macht aber nichts, stört mich gar nicht, wenn die Amerikaner das so machen.

(Danke für den Hinweis.)