Ansichten eines Informatikers

Der Heise-Verlag braucht keine Leser mehr

Hadmut
9.11.2015 20:48

Hui.

Ich hatte doch gestern geschrieben, dass auf dem Heise-Newsticker ein auffallend dämlicher und inhaltlich falscher Lobhudelartikel über feministisches Gejammer gegen Gamer verfilmt werden soll.

Boah.

Da hab ich ne Menge Zuschriften bekommen. Und die waren sauer. (Auf Heise, nicht auf mich.)

Zentraler Punkt dabei ist, dass sich der Heise Verlag mit Liane M. Dubowy, der Autorin des Blog-Artikels, eine Radikalfeministin ins Haus geholt hat. Ein Blick auf das Buch „AnarchaFeminismus – Auf den Spuren einer Utopie ” (genauer gesagt dessen Selbstbewerbung, dessen Co-Autorin sie ist, ist da schon ziemlich erhellend:

Längst nicht nur als historische Betrachtung ist das 2009 in der zweiten Auflage erschienene Buch „AnarchaFeminismus. Auf den Spuren einer Utopie“ für anarchistisches Denken und herrschaftsfreie Praxis relevant. Etliche Positionen historischer Anarchistinnen, die darin vorgestellt werden, sind hochaktuell für libertäre Zusammenhänge. Kurz gesagt: Diese exzellente Einführung in anarchafeministische Theorie und Praxis ist ein Muss für alle Anarchist_innen, die Antisexismus nicht in ein postrevolutionäres Morgen vertagen – und gleichsam für die, die sich wundern, dass eine solche Praxis ihre verdiente Kritik erfährt.

Silke Lohschelder, Liane M. Dubowy und Inés Gutschmidt unterteilen das Buch in drei Teile. In „Anarchistische Theorie, Geschlechterverhältnis und Frauenrollen“ werden nach einer kurzen allgemeinen Einführung in anarchistische Theorie…Lohschelder fasst zusammen, dass im historischen Anarchismus Frauen zwar mitunter „mitgedacht“ wurden, das Wissen um faktische soziale Ungleichheit aber schlicht keine Konsequenz nach sich zog oder feministische Kämpfe gar als „bürgerlich“ diffamiert wurden.

Im zweiten Teil des Buches werden Anarchistinnen und anarchistische Frauenorganisationen vorgestellt und ihre Ideen historisch eingebettet. Louise Michel, Anarchistin und Kämpferin der Pariser Kommune, sah den Kampf der Frauen als Teil anarchistischer Auseinandersetzungen.

Das ist doch einfach perfekt, um in einem Computer-Magazin zu schreiben. Es ist gerade mal ein paar Jahre her, als die c’t sich (da erschien sie noch monatlich und war irgendwann dann mal regelmäßig daumendick) noch als „Deutschlands dickstes Männermagazin” bewarb. Und lange Zeit war die c’t ja auch die Computerzeitschrift in Deutschland.

Jetzt aber fangen die an zu spinnen. Und das sehen mehrere so. Nicht nur die Leute, die mir schreiben, sondern auch in deren Forum, etwa bei Frau schreibt über Film von Frau mit Frau über Frau. Es wirkt tatsächlich gerade so, als sei diese Dame dafür zuständig, dass da im Newsticker das Wort „Frau” mit einer gewissen Mindestdichte vorkommen muss. Egal wie. Die anderen Kommentare zum Artikel sind auch nicht erfreuter. Und auch ansonsten verfolgt die Dame typisch feministische Themen: Programmieren lernen für Laien im Online-Kurs. Scheint, als sei das dann das neue Niveau, auf das sich die c’t da einschießt. Es haben ja schon viele beklagt, dass die c’t im Niveau immer weiter absinkt. Schon vor über einem Jahr hat sich ein Kommentator auf die Gender-Indoktrinationsversuche Dubowys bezogen, wobei allerdings nicht daraus hervorgeht, was genau er damit meint, denn er lästert ja, dass sie es im betreffenden Artikel gerade mal vergessen habe. Mir sind aber auch schon ein paar Gender-Tendenzen bei Heise sauer aufgestoßen. Jetzt weiß man ja, woher es kommt.

Heise reiht sich damit in die Liste derer ein, die die Hand beißen, die sie füttert, der Verlage, die ihre eigenen Leser beschimpfen und vergraulen. Und dann heulen die Verlage immer darüber, dass ihre Umsätze sinken, die Leser nicht mehr zahlen wollen, man als Journalist immer weniger leben könne. Gleichzeitig präsentieren sie aber immer mehr Müll, von dem man das Würgen bekommt, und schlichtweg Falschinformationen (und bilden sich ein, der Leser würde das nicht merken).

Ich habe keine Ahnung, was sich der Heise-Verlag davon verspricht, seine Stammleserschaft zu vergrätzen und in die Flucht zu schlagen. Ich weiß nicht mal, ob sie das freiwillig tun oder der politische Druck inzwischen so groß ist, dass in jeder Redaktion jetzt feministische Polit-Offizierinnen mitschreiben müssen (so wie an den deutschen Fakultäten).

Ich habe aber auch keine Ahnung, auf welche Leserschaft Heise da aus ist. Denn deren Magazine sind so fachspezifisch, dass man die Leserschaft nicht mal eben austauschen kann. Wen glauben die eigentlich, mit so einem Scheiß als Leser zu gewinnen? Glauben die vielleicht, dass diese ganzen Operetten-Informatikerinnen, die jetzt in die Universitäten gedrückt werden, und die hinten zwar mit Master oder Doktor, aber genauso dämlich und desinteressiert wie vorher wieder rauskommen, jetzt anfangen, c’t zu lesen? Weil Computermagazine jetzt genderistisch werden? Und als nächstes dann Schwules Programmieren oder sowas?

In dem Artikel erwähnt einer, dass er sein Abo gekündigt hat. Auch einige meiner Leser haben beschrieben, dass sie kündigen wollen.

Ich selbst bin c’t-Leser ununterbrochen seit der allerersten Ausgabe. Ich glaube, die ersten zwei oder drei habe ich noch am Kiosk gekauft, und dann sofort abonniert (weil sie mir besser schien als der damalige Platzhirsch mc). Zudem habe ich noch iX und c’t-Foto abonniert, (hatte sogar mal eine Zeit noch Technology Review, aber die gefiel mir nicht). Aber wenn die so weitermachen, kündige ich die auch (bin sowieso gerade am Ausmisten und kündige Mitgliedschaften, Abos usw., wird mir irgendwie gerade alles zu blöde und zu political correctness verlabert). Normalerweise markiere ich mir in der c’t die Artikel, die ich mir später als PDF aus dem Archiv lade. Früher waren das ganz viele, in letzter Zeit sind es aber nur noch ein oder zwei pro Heft, gelegentlich auch gar keiner mehr.

Ich habe aber auch generell das Gefühl, dass das Thema Computer und Programmierung gerade einen Qualitätssturz hinlegt. Das ist irgendwie alles zum Allerwelts-jeder-macht-mit-Geschwafel geworden. Schon seit Jahren stört mich (hat mich unheimlich bei dem Unterfangen gestört, Apps für iOS zu programmieren, Apple ist da auch ganz übel, jedenfalls solange man nicht zahlt), dass Informationen, die früher selbstverständlich waren, nicht mehr geliefert werden. Immer wieder passiert es mir, dass man irgendeine neue Programmiersprache verwenden soll oder muss (ObjectiveC bei Apple), und es keine präzise Definition gibt. Keine Backus-Naur-Form oder andere exakte Angabe der Syntax, keine Referenzmanuals der Sprache oder der Bibliothek. Stattdessen immer solche Erklär-Artikel nach dem Motto das abtippen, und dann hat man ein Beispiel, an dem man herumbiegen kann. Und muss so ganz viele Beispiele lesen, um einen Überblick zu bekommen, und nie weiß man alles, nie weiß man es strukturiert, und nie weiß man, wo man suchen soll. Ist mir damals zur gleichen Zeit übrigens auch bei der Programmiersprache Scala aufgefallen, dass Odersky es – warum auch immer, mangels Disziplin, Wissen, Können, Willen, weiß der Kuckuck – nicht schaffte, Sprachbeschreibung, Programmiereinführung, Indoktrination und Weltanschauung auseinanderzuhalten und das in einem ganz üblen Durcheinander vermanschte. So hält der dann halt seine Vorlesungen, hätte sich aber besser mal darauf konzentriert, die Sprache aufzuräumen und nicht ein Sammelsurium verschiedener Entwurfsunfälle zu werden. Sowas passiert nämlich, wenn man das alles hinter so einem Beispiel- und Belehrungsgefasel verbirgt und keine Struktur reinbringt. Deshalb fällt mir das schon seit Jahren auf. Eigentlich braucht man inzwischen keine Fachleute mehr, weil wir – Gleichstellung sei Dank – sowieso nicht mehr darauf achten, ob einer was kann, sondern alle gleichberechtigt vor sich hinmurksen. Der Bereich der Informatik erlebt gerade einen enormen Qualitätsverfall und wird zum Allerweltsgemurkse.

Und genau in diesen Abwärtssog scheint auch Heise geraten zu sein.

Die Sache hat nur einen Haken: Dieses neue Publikum, auf das man sich da anscheinend ausrichtet, liest nicht. Und kauft keine Zeitungen. Man lebt als Verlag nicht davon, das neue deutsche Dummvolk anzuschreiben.

Es wird laufen, wie bei den Tageszeitungen. Man wird Leser verlieren, immer mehr schrumpfen, und irgendwann um eine Zwangsgebühr betteln. Damit die Leute, die Leser waren, und die man beschimpft, trotzdem weiter zahlen müssen.

Oder wie ich so gerne zu Journalisten sage: Geht endlich pleite.