Ansichten eines Informatikers

Gummihandschuhe sind böse

Hadmut
26.10.2015 18:19

Seit ich in Berlin wohne, fällt mir etwas immer wieder ganz fies und böse auf: Gummihandschuhe.

Wenn man von München nach Berlin umzieht, erlebt man – nicht nur — ernährungstechnisch eine deutliche Umstellung. In München und Umgebung habe ich, wenn ich unterwegs war, öfters drinnen gegessen, während in Berlin die Vorgehensweise überwiegt, sich irgendwo was zu holen – Döner, Currywurst, Pommes, Bäckerei,…

Wobei ich mir nicht mal sicher bin, inwieweit das nur mit dem unterschiedlichen Angebot zu tun hat, oder ob es auch damit zu tun hat, dass ich in Berlin einfach viel mehr und viel öfter unterwegs bin, als ich es in München war (was mit ein Grund war, warum ich München langweilig fand, auch wenn mich viele für bekloppt erklärt haben, von München nach Berlin umzuziehen).

Eine unangenehme Nebenwirkung ist, dass ich dicker geworden bin, seit ich in Berlin bin, und mir das auch Kollegen schon bestätigt haben (also nicht, dass ich fetter geworden wäre, sondern sie selbst).

Dabei ist mir aber noch etwas anderes aufgefallen: Die versuchen ja gerne, alles hygienisch, aber dennoch einfach zu halten. Fast überall tragen die jetzt diese Wegwerfhandschuhe aus Vinyl. Weil das Tragen solcher Wegwerfhandschuhe auf einen selbst und auf andere so unglaublich hygienisch wirkt.

Ist es aber nicht. Im Gegenteil.

Ich habe immer wieder beobachtet, dass das Tragen solcher Handschuhe das natürliche Gefühl dafür, dass man dreckige Hände hat, unterdrückt, weil man keinen Hautkontakt zum Dreck mehr hat. Die Leute übertragen damit umso hemmungsloser den Dreck. Weil sie sich subjektiv sauber fühlen (und das sicherlich auch sind), aber nicht an die Außenseite der Handschuhe denken.

Beispiele:

  • Bei einem Asiaten, bei dem ich manchmal Mittagessen gehe, ist mir aufgefallen, dass die Frau an der Theke eine Hand ohne Handschuh hat, um Geld zu kassieren, die andere mit Handschuh, um den Salat auf die Teller zu packen. Funktioniert aber nicht, man sieht immer wieder, wie sie unbewusst mit einer Hand Geld nimmt und mit der anderen Geld herausgibt. Das Hirn will beide Hände verwenden, um vereinnahmtes Geld und Wechselgeld logisch zu trennen. Spricht man sie aber darauf an, schwört sie jeden Eid und glaubt fest, dass sie nur die blanke Hand für Geld verwendet hat. Und so kommt dann der Schmodder direkt von den Geldscheinen in den Salat, und hinterher wundert man sich, dass jede Erkältung gleich in der Firma umgeht.
  • Neulich habe ich mich in der Bäckerei mit einer in die Wolle bekommen. Zwei Gummihandschuhe, mit denen sie das Geld nimmt und wechselt, und dann direkt die Backwaren breit anfasst. Wozu Zange, man hat ja Handschuhe an. Als ich so aus Prinzip mal die Laugenbrezel ablehnte, und eine andere verlangte, guckte sich mich an wie vom Blitz getroffen, aber eben auch wie „Unverschämtheit, was fällt dem ein?”. Hat es nicht eingesehen, mir dann aber eine andere Brezel mit der Zange geben und die erste Brezel natürlich zurück zu den anderen.
  • Am meisten hat mich das am Samstag geärgert, obwohl’s mich nicht mal betraft.

    Ich war in einem neuen Einkaufszentrum, mich plagte ein kleiner Hunger. Also bin ich zu einem arabischen Stand (mit deutschem Typ an der Futterproduktion) und habe mir was bestellt, glücklicherweise etwas ohne Handkontakt (Portion Pommes, beim Araber gibt’s da nämlich lokal die besten, es ist nicht so einfach, in Berlin gute Pommes zu bekommen). Wie ich da so stehe und auf die Pommes warte, gucke ich so dem Typen beim Arbeiten zu, wie der da die Falaffel-Brote für eine andere Kundin produziert.

    Jetzt muss man dazu sagen, dass nicht nur das Einkaufszentrum im Ganzen neu und blitzsauber ist, auch dieser Laden selbst machte einen blitzesauberen und neuen Eindruck. Weil sie auch häufig abwischen.

    Der Typ hat also auch solche Gummihandschuhe an, und holt erst mal unter dem Arbeitstisch einen Wischlappen (Microfaser) hervor, um den Tisch abzuwischen. Optisch war der Tisch damit sauber. Aber bekanntlich ist die allerübelste Keimquelle im ganzen Haus der Wischlappen in der Küche. Ständig warm, ständig feucht, ständig gefüttert, da explodieren die Keime förmlich drin. Der hat also diesen Lappen da in der behandschuhten Hand, wischt ab, und legt den Lappen weg. Dann packt er die Brote hin (allerdings auf Papier, nicht direkt auf dem Tisch) und fängt an, mit eben jenen behandschuhten Händen Salat und alles Zeugs, was da eben so reinkommt, direkt anzufassen und reinzupacken, und dann auch die Falaffel-Klopse, die er mit beiden flachen Händen breit drückte. Zwischendurch ging der Piepser am Timer an, weil meine Pommes fertig waren, er holte den Korb aus der Friteuse, hängte ihn zum Abtropfen und drückte den Timer mit der flachen Hand, damit der Ruhe gibt.

    Da fiel mir auf, dass dieser Timer die augenscheinlich einzige schmutzige Stelle im ganzen Laden war, der Taster war total versifft und verfettet. Macht nichts, gleich wieder weiter an die Falaffelbrote.

    Warum? Der hatte nicht das geringste Unreinlichkeitsgefühl, eben wegen der Handschuhe. Hätte der keine Handschuhe angehabt, hätte der sich sicherlich dreimal die Hände gewaschen und sich gegruselt, den versifften Taster anzufassen. Mit Handschuhen – kein Problem. Der hätte wahrscheinlich auch zwischendrin noch das Klo abgewischt.

    Ich habe ihn dann mal drauf angesprochen. Guckt mich an wie ne Kuh, wenn’s donnert. Hat dann aber gemerkt, dass er was falsch gemacht hat. Die Hände hat er sich dann aber auch nicht gewaschen, sondern nur neue Handschuhe genommen. Und dann weiter, wie bisher.

Achtet mal drauf, wenn Ihr an der Bude steht und auf Euren Mampf wartet.

Und guten Appetit.

(Auch ne Variante, mein Blog in Erinnerung zu behalten…)