Ansichten eines Informatikers

Das CDU-SPD-Prostitutions-Google-Streetview-Paradoxon

Hadmut
2.10.2010 23:57

Na? Erinnert Ihr Euch alle noch an diese scheinheilige Diskussion über Google Street View und den Datenschutz? Auf keinen Fall dürfe man auch nur das Haus von jemand ohne dessen Einverständnis ablichten und ins Internet stellen. Aber wehe, die christliche Auffassung funkt dazwischen.

Da haben die doch in Berlin tatsächlich beschlossen, an einem U-Bahnhof, an dem wohl angeblich die Prostition ausufert, Autokennzeichen zu registrieren und Freier zu fotografieren und das dann im Internet an den Pranger zu stellen.

Wie bitte!?

Von der Straße aus mit der normalen Panoramafreiheit Häuser zu fotografieren soll ein schwerwiegender Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung sein, der ein Widerspruchsrecht auslöst, und eine Debatte über den Umgang mit neuen Medien auslösen soll, für das wir gar ein neues Datenschutzrecht entwickelt sollen. Eine völlig überzogene allergische Reaktion.

Aber wenn Leute zur Hure gehen, dann soll man sie ungefragt persönlich fotografieren und im Internet an den Pranger stellen können?

Haben die noch alle Tassen im Schrank?

Wenn ich mich recht erinnere, ist Prostitution im Allgemeinen nicht strafbar. In einem U-Bahnhof könnte das freilich nach §§ 184e und 184f StGB sicherlich anders aussehen. Fraglich wäre, ob das Anbahnen schon strafbar ist.

Aber wie auch immer: Entweder das ist strafbar, was die da treiben, dann soll man die Leute eben festnehmen und bestrafen. Oder es ist nicht strafbar, dann kann man aber auch keine Moralpranger aufstellen. Entweder oder.

Jeder Straftäter, selbst bis hin zum Mörder, hat einen Anspruch auf Anonymität, sobald er sich außerhalb der tagesaktuellen Berichterstattung befindet. Es kann nicht angehen, daß wir für eine Handlung, die deutlich darunter liegt oder gar nicht strafbar ist, einen solchen Pranger aufstellen. (Vielleicht noch faule Tomaten dazu reichen?)

Was ist schon Google Streetview gegen solche Politiker? Wer wählt sowas eigentlich?

2 Kommentare (RSS-Feed)

Kurt
3.10.2010 19:30
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Tscha. Das ist mal wieder so typisch deutsch, daß es weh tut, einer davon zu sein.


John
4.10.2010 20:27
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Typisch amerikanisch