Ansichten eines Informatikers

Lightroom – Capture One – Bibble – DXO ?

Hadmut
18.4.2010 14:16

Alles so schrecklich…

Nachdem ich unter Linux mit ufraw/dcraw/digikam keine vernünftigen Konvertierungsergebnisse aus dem RAW-Format (NEF) meiner D300s erzielen kann, muß ich eben in den sauren Apfel beißen und auf Windows ausweichen.

Nur welche Software nimmt man da? Kostet alles gleich einen Haufen Geld, deshalb sollte man sich das vorher überlegen. Aber immerhin gibt es ja Trial-Versionen.

Zur Auswahl stehen (und erste Eindrücke):

  • Die mit der Kamera mitgelieferte Software ViewNX von Nikon. Kost nix, kann wenig, krautige Bedienung. Da bin ich nicht viel schlechter dran, wenn ich einfach mit ufraw das von der Kamera selbst erzeugte Preview extrahiere.
  • Nikon Capture NX: Preis unklar (Nikon-Webseite hat gerade ne Macke), kann nur mit Nikon-RAW-Dateien umgehen. Oberfläche naja. Bietet mir keine Netzwerklaufwerke in der Auswahl an. Fällt somit aus.
  • Adobe Lightroom (ca. 296 Euro): Teuer, aber brauchbar. Tut mehr oder weniger das, was ich will, aber nicht wie ich es will: Soweit ich bisher herausgefunden habe, führt das Ding eine proprietäre Datenbank auf dem Windows-Rechner, in die man alles importieren muß. Das heißt, daß man unter Linux da an gar nichts drankommt. Die Benutzeroberfläche sieht toll aus. Man merkt, wieviel Mühe die sich mit den Details gegeben haben, beispielsweise bei der Histogramm-Darstellung. Trotzdem liegt mir die Bedienung nicht, ich komme jedenfalls intuitiv ohne Handbuch nicht so wirklich da durch. Lightroom weigert sich, den Katalog (die Datenbank der Bilder) auf einem Netzwerklaufwerk anzulegen. Paßt mir gar nicht in den Kram. Außerdem teuer.
  • Capture One (ca. 99/299 Euro): Hmpf. Es gibt zwei Versionen, die günstigere Amateur und die teure Pro-Version. Eigentlich bräuchte ich nur wenige Features der Pro-Version, die dann aber schon, beispielsweise entflecken, Farbanpassung, Unterversionen. Die Benutzeroberfläche kommt mir irgendwie dubios und kontraintuitiv vor, trotzdem habe ich schon mit bloßem Spielklicken aus einem Testbild um Größenordnungen bessere Ergebnisse rausgeholt als mit ufraw/dcraw/digikam unter Linux. Sehr positiv: Das Ding arbeitet auch über ein Netzlaufwerk und kann alle Parameter in einer XML-Datei pro Bild ablegen, statt in einer zentralen Proprietären Datenbank. Und was mir sehr gut gefällt: Man kann von einem Bild verschiedene “Varianten” anlegen, beispielsweise farbig, verfremdet, schwarzweiß. Negativ jedoch: Bisher habe ich keine ordentliche Verwaltung von Tags, Keywords, IPTC und XMP-Werten entdeckt. Und die wäre mir wichtig. Außerdem hat die Bildqualität im Test (s.u.) nicht gut abgeschnitten.
  • Bibble (ca. 199.95 US$): Hat jedenfalls mal den Vorteil, daß es davon auch eine Linux-Version gibt (die bei mir aber beim ersten Anzeigen eines Bildes sofort terminierte, weil irgendein interner Pfad nicht stimmt und das Ding keine Fehler abfängt, sondern gleich baden geht – Nachtrag: Wenn man das CWD auf das bin-Verzeichnis setzt, geht es; Nachtrag2: Ich hatte übersehen, daß es unter /usr/bin noch ein eigenes Skript zum Starten gibt, das die Env-Variablen richtig setzt. Damit geht es. ). Und hat Noise Ninja gleich eingebaut. Auch die Objektivkorrekturen scheinen brauchbar. Überraschung: Man kann die Bild-Kataloge auch auf einem Netzwerklaufwerk anlegen und findet dort dann SQLite-Dateien, kommt also auch unter Linux dran. Prächtig. Und unterstützt versions. Aber irgendwie hab ich mit der Benutzeroberfläche in den ersten Versuchen nicht so wirklich was ordentliches zustandegebracht. Außerdem unterlaufen mir häufig Fehlbedienungen, weil es nicht immer einleuchtend ist, in welchem Modus man gerade steckt. Da will man eigentlich gar nichts machen, bewegt mal die Maus und plötzlich ist das Bild gedreht oder schwarzweiß oder sowas.
  • DxO Optics Pro (ca. 149/299 Euro): Hat angeblich tolle optische Korrekturen. Nur ausgerechnet meine Profi-Objektive sind nicht in der Liste. Als das Programm dann erstmals auf ein Foto mit diesem Objektiv trifft, will es das Modul dazu dann doch runterladen – und es geht. Seltsam. Würde immerhin keinen schlechten Eindruck machen, wenn mir das Programm nicht schon relativ früh abgestürzt wäre. Worin sich die beiden Versionen unterscheiden, ist mir nicht klar.

Ein ausführlicher Vergleichstest ist hier zu finden.

Aber irgendwie ist das alles ganz krautig und gruselig.

Keines dieser Programme enspricht meinen Anforderungen. Jedes hat so irgendwo seine individuellen Stärken, aber jedes hat aus meiner Sicht mehr Schwächen als Stärken. Und allzuviel ist proprietär, undurchschaubar, inkompatibel.

Bemerkenswerterweise sind die Programme, die mir bezüglich der Arbeitsweise und der Verwaltung am ehesten zusagen, doch wieder die kostenlosen Tools unter Linux wie ufraw und digikam. Mit ufraw kann man die Parameter in Dateien schreiben und mit ufraw-batch auf der Kommandozeile (z. B. in Skripten usw.) konvertieren. Und digikam kann am besten Tags und Suchbegriffe verwalten, besser als die ganzen kommerziellen Programme, die das irgendwie alle nicht können. Ich habe bisher bei keinem der kommerziellen Programme einen Weg gefunden, in der Bilddatenbank mal nach einer Ananas zu suchen. Es ist erstaunlich, was teure Software alles nicht kann im vergleich zur kostenlosen Linux-Software.

Das Dumme daran ist, daß die nun wieder was können, was die Linux-Software nicht kann: Aus Nikon-RAW-Images ordentliche Bilder machen. Und dafür gehört vor allem Nikon in den Hintern getreten.

Was werd ich nun machen?

Ich weiß es nicht. Ich habe nun schon sehr viel Zeit damit verbraten, aus meinen Reisebildern (habe die Nikon ja erst kurz vorher gekauft) was ordentliches zu konvertieren und habe bisher nur unzureichende Ergebnisse und keine miserablen Workflow. Und ich habe keine Lust, bis zu dreihundert Euro (oder mehr, wenn man verschiedene Programme braucht) auszugeben für Software, die wieder so krautig zu bedienen ist und neben ihren Stärken so viele Schwächen hat.

Ich werde jetzt wohl am ehesten mit den Trial-Versionen von Capture One und Bibble experimentieren und mal sehen, wie gut das so wird. Es zeigt sich aber auch wieder mal, daß diese proprietäre Windows-Welt unglaublichen Mist hervorbringt. Microsoft hat so richtig nachhaltig die Computerwelt vermurkst. Diese ganze MuFF-zentrierte Arbeitsweise (MuFF=Maus-und-Fenster-Firlefanz) führt zu entsetzlich umständlichen, langatmigen und sehnenscheidenbelastenden Arbeitsabläufen.

Wie schön einfach wäre das alles, wenn es von Nikon entweder eine vollständige Dokumentation oder doch wenigstens eine Bibliothek gäbe, die die Umwandlung erzeugt und eingebunden werden könnte.

Und wenn man sich dann noch anschaut, wie absurd die Zustände bei den Metadaten wie Exif, IPTC, XMP sind, was da für ein Murks zusammendefiniert wurde und wie mehrdeutig und fehleranfällig das ist, kann man sich eigentlich nur schütteln.

9 Kommentare (RSS-Feed)

nullplan
18.4.2010 21:19
Kommentarlink

Mir kam beim Lesen eine Idee: Im Prinzip sind dir die Windows-Programme ja egal, du willst ja nur den eigentlichen Umwandlungscode. Den kannst du doch haben, wofür gibt es schließlich Disassembler und Debugger?

Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten, den Disassembleransatz auszuhebeln: Java und .NET. Für Java gibt es Decompiler, die dir den Quelltext komplett wieder herstellen. Bei .NET bin ich mir nicht sicher, aber vermutlich gibt es auch hierfür Decompiler oder zumindest Disassembler.

Debugger sind einfacher auszuhebeln, wenn man weiß, was man tut. Das würde ich aber nicht allen Software-Herstellern zutrauen.

Naja, jedenfalls könntest du auf die Weise rauskriegen, wie man RAWs umwandeln kann. Dann musst du den Code nur noch veröffentlichen, und schon sind die Nikons benutzbar.


Hadmut
18.4.2010 21:57
Kommentarlink

Jetzt wär’s ja nicht so, daß ich sowas nicht könnte. In meiner Sturm- und Drangzeit hab ich mal ne Menge Zeugs disassembliert und einen Kopierschutz mal schneller geknackt als der Kollege das Fax mit dem Lizenzantrag ausfüllen konnte. Aber heute hab ich für sowas keine Zeit mehr, zumal ich x86-Code für eine riesige Sauerei halte. Das würde viel zu lange dauern. Wenn ich mal Rentner bin oder so.


HvD
19.4.2010 1:22
Kommentarlink

Ich habe RawTherapee nirgends gelesen, aber das kennst du?


Hadmut
19.4.2010 8:18
Kommentarlink

Den Namen hab ich schon mal gelesen und wieder vergessen. Aber jetzt wo Du es sagst [schreibst]…Danke für den Hinweis. 🙂


Karsten
19.4.2010 9:00
Kommentarlink

Ich habe von Leuten gehört, die haben sich extra und nur dafür einen MAC mit Aperture gekauft …


nadar
19.4.2010 20:24
Kommentarlink

@ Karsten: für noch mehr Geld und MuFF? 😉

@ Hadmut: Wenn ich die Vorgeschichte zur Kamera einbeziehe: wäre man im Hinblick auf die Nachbearbeitung mit Canon letztendlich nicht doch besser gekommen?


Hadmut
19.4.2010 20:49
Kommentarlink

@nadar: Vermutlich nicht. Denn ich hatte während der Auswahl zwischen Canon und Nikon auch mal getestet, wie ich die RAW-Formate dekodieren kann. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich das Nikon-Format mit ufraw lesen (wenn auch mit einem violetten Streifen am Rand, der aber durch crop-Parameter ohne weiteres zu entfernen war), habe aber nicht gleich gemerkt, daß die Bilder etwas unscharf und farbverfälscht werden. Mit den CR2-Bildern der Canon ging gar nichts, da war nichts sichtbares. Insofern würde ich mit der Canon jetzt vor gleichen Problemen stehen. Nur hätte ich mit der Canon vermutlich nicht mal unterwegs die Bildkontrolle hinbekommen, weil ich keinen Windows-Rechner dabei hatte.

Ich habe leider erst zu spät (wieder in Deutschland) gemerkt, daß die Nikon (im Gegesatz zu meiner alten Sony Alpha-100) die Preview-JPEGs in voller Auflösung in das RAW mit reinpackt und ufraw die extrahieren kann. Damit hat man immer mindestens mal das, was die Kamera aus dem RAW macht (ich glaub, ich hab das sogar mal in irgendeinem Menü so eingestellt und dann wieder vergessen). Ich weiß leider nicht, ob die Canon das auch so macht und ob man es auch rausbekommen hätte. Aber ich würde mit der Canon jetzt sicherlich nicht besser dastehen (außer daß ich vielleicht erst gar keine Zeit in ufraw/dcraw/digikam versenkt hätte).

@Karsten: Zumindest auf den Webseiten sieht Apples Aperture 3 sogar ziemlich gut aus. Die Einbindung von GPS-Verwaltung und Google Maps ist genial, da kommt bisher nur digikam in die Nähe. Ich werd mir das auf jeden Fall im Apple Store mal ansehen. Allerdings hab ich keinen Mac. Sollte ich irgendwann mal auf die Idee kommen, Software für iPhone oder iPad entwickeln zu wollen, würde ich einen Mac brauchen. Dann würde ich mir auch Aperture angucken, das scheint nämlich ein ziemlich gutes Preis-Leistungsverhältnis zu haben.

Inzwischen hab ich mir auch mal RawTherapee angesehen. Derzeit nur als 3.0 Alpha1 zu haben. Sieht eigentlich seeehr gut aus, aber hat derzeit zu viele Macken um benutzbar zu sein (kein Vorwurf für eine Alpha 1!), und scheint auch keine Verwaltung, sondern nur eine Bearbeitung zu sein.


yasar
19.4.2010 21:29
Kommentarlink

Apropos Software für Mac/iPhone/iPad schreiben:

http://jwz.livejournal.com/1224702.html

Jamie Zawinski versucht xdaliclock aufs Iphone zu portieren und berichet (besser: macht sich Luft).

Gefunden bei Fefe.


Björn
28.4.2010 10:10
Kommentarlink

Ich bin bei Bibble hängen geblieben. Man kann sich auch kostengünstig auf $auktionsplattform eine 4er Version schießen und die kostenlos auf die aktuelle Upgraden.

Ich finde es sehr praktisch unter Windows und Linux die gleiche Software nutzen zu können. Die Entwicklung von Bibble ist zwar etwas stockend, aber es sollen bald noch ein paar neue Features kommen. Vorallem schätze ich die Geschwindigkeit. An das UI gewöhnt man sich eigentlich recht flott. Ich hab mir die Tutorialvideos auf der Website angeguckt, sind für den Einstieg ganz ok.