Ansichten eines Informatikers

Fragwürdige islamische Internet-Selbst-Zensur

Hadmut
7.9.2009 19:14

Gerade auf Telepolis gelesen:

Es gibt eine neue islamische Suchmaschine namens ImHalal, die Webinhalte in mehrere Stufen einteilt, je nachdem wie sehr sie gegen religiöse Werte verstößt, und dann – je nach Stufe – die Benutzer vor gewissen Inhalten warnt oder diese gar nicht erst anzeigt.

Solange die Benutzung dieser Suchmaschine freiwillig erfolgt, ist das keine schlechte Idee. Wenn jemand etwas nicht sehen möchte, oder generell dünn besaitet oder empfindlich veranlagt ist, ist das doch eine wunderbare Sache. Erst wenn die Benutzung zum (gesellschaftlichen, gesetzlichen, religiösen) Zwang wird, stört mich das. (Wobei ich die Befürchtung nicht loswerde, daß unsere Politiker als nächstes auf die Suchmaschinen losgehen und diesen nur noch die Anzeige artiger Dinge erlauben. Wahrscheinlich kommt dann wieder die Argumentation, daß wenn die das können, wir das auch können müssen.)

Was mich aber an ImHalal wirklich stört: Gibt man “girl” ein, kommt eine Warnmeldung

Oops! Your search inquiry has a Haram level of 1 out of 3. This means that the results fetched by ImHalal.com could be haram!

Gibt man jedoch bomb, terror oder hijack ein, dann kommen ganz normale und einschlägige Suchergebnisse.

Diese Moralkategorien sind für mich nicht nachvollziehbar.

7 Kommentare (RSS-Feed)

yasar
7.9.2009 19:59
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Du darfst nicht vergessen, daß diese Suchmaschine nicht das darstellt was die meisten Muslime unter Haram und Helel verstehen, sondern das, was die Betreiber darunter verstehen.

Das Problem ist aber, wie Du schon sagtest, wenn plötzlich gesellschaftliche Zwänge dazu führen, daß man so etwas benutzen muß.

Ich habe übrigens mal einige (Schmuddel-)Wörter in verschiedenen Sprachen durchprobiert und man kann über diese Suchmaschine auch Schmuddelkram finden und ansehen.

Die Betreiber haben das Zeug also relativ diletantisch implementiert, was aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, daß solche Suchmaschinen saehr gefährlich sind.

yasar

PS: Ich finde die Zensur durch google/bing/yahoo/ebay/etc schon schlimm genug.


yasar
7.9.2009 20:20
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Ach ja,

Ähnliche Suchmaschinen gibt es ja schon länger für andere Glaubensrichtungen.

Beispiele:

cathoogle.com, das z.B. auf nude keine Ergebnisse zeigt, aber mit bomb und terror dienen kann.

http://www.koogle.co.il/English, das aber anscheinend sehr rigeros mit den Suchinhalten umgeht, so daß man fast nie Ergebnisse findet.


quarc
7.9.2009 21:01
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Scheint ziemlich locker zu sein.
Bei “having sex” gab es schon 2 aus 3, aber bei
“being drunk and having sex with pigs while driving”
gab es nur noch 1 aus 3.


yasar
7.9.2009 21:44
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having sex with pics -> 2
having sex with pigs -> 1

😉


yasar
7.9.2009 21:48
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Noch was lustiges:

Cunilingus gibt überhaupt keine Punkte.
Fellatio hingegen 3 von 3.

was will uns das jetzt sagen?


Hadmut
7.9.2009 23:10
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Vermutlich, daß man Cunnilingus mit doppel-n schreibt…


Stefan
8.9.2009 6:29
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Eine gute Suchmaschine entdeckt böse Wörter auch in falscher Schreibung 🙂

Daß die Maschine nicht arbeitet wie sie soll heißt wahrscheinlich vor allem, daß sie noch nicht arbeitet wie sie soll.

Wäre eigentlich eine gegenteilige Maschine in irgendeiner Weise hilfreich, die immer auch ein paar Schlüsselwörter, die andere filtern, in die Suche einstreut?

Ernsthaft: Ich habe gestern die “Hamburger Lektionen” http://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Lektionen auf 3sat gesehen, http://video.google.de/videoplay?docid=-266562441011135370&ei=19ilSqb2AaCY2ALlzJzsBA&q=hamburger+lektionen&hl=de – da geht es 2 Stunden darum, was halal ist und was nicht. Was ein Schriftgelehrter zu konkreten Fragen sagt, und er stützt sich auf den Koran und andere Werke, und leitet daraus ab, ob etwas gut oder schlecht ist.

Es ist ermüdend, es ist ernüchternd, und es ist deprimierend. Eine Frau will nach Marokko fliegen und darf das nur in Begleitung gewisser Männer (Ehemann, Bruder usw.), und nur im Notfall ohne, und es wird diskutiert, was einen solchen Notfall darstellt, und was nicht.

Also zu den gewöhnlichen Schwierigkeiten: Hat sie genug Geld, hat sie ein Visum, kommen noch diese Auflagen qua Religion, die komplett idiotisch sind – reine Schikane. Es genügt nicht, daß der eine sie zum Flugzeug bringt, und der anderer sie abholt, der Prophet, Gott segne ihn und stehe ihm bei, hat bestimmt, daß Frauen nicht solo fliegen dürfen.

Und es gibt hier eine Vorschrift und da eine Vorschrift, und es ist so eine Art Waschzwang für alle.

Wundert mich, daß es nicht für Frauen eine eigene Suchmaschine gibt, aber vielleicht darf eine Frau ohnehin nicht alleine an die Suchmaschine.

Daß diese Maschinen idiotisch arbeiten ist vielleicht ein vorrübergehendes Problem, und bald werden sie nur noch halbidiotisch arbeiten. Es ist nicht mein Problem.

Problematisch ist, wenn so eine Maschine auf Widerhall trifft, und sich Leute finden, die sie gerne benutzen, die Benutzung propagieren.