Ansichten eines Informatikers

Damit sich Kinderpornographie wieder lohnt…

Hadmut
18.5.2009 1:04

Überlegungen zu den Folgen einer Kinderpornosperre.

Das erklärte Ziel der Bundesfamilienministerin von der Leyen ist, den Anbietern von Kinderpornographie, die angeblich Millionen – oder irgendwo war auch mal von Milliardengewinnen die Rede, mit Zahlen ist man da sehr großzügig – verdienen, das Wasser abzugraben und die Gewinne zu verderben.

Weder ist bisher gezeigt, daß es diese kommerziellen Anbieter überhaupt in nennenswertem Umfang gibt (denn kommerzielle machen sowas eher nicht, das sind eher private intrafamiliäre Taten), noch daß sie das über das Web tun. Und unlogisch ist auch, daß man das breite glotzende Volk abhalten will, das dafür ganz sicher nicht zahlt. Aber gehen wir mal darüber hinweg, tun wir mal so, als stimmte das alles.

Was ist die Folge einer solchen Sperre? Daß der Austausch noch geheimer als bisher erfolgen muß. Daß der Wert der Ware Kinderpornographie damit gewaltig ansteigt. Und das könnte durchaus dazu führen, daß die kommerziellen Anbieter, wenn es sie denn gibt, mehr verdienen. Das ist keine leere Phrase. Man hätte in der ganzen Angelegenheit ja auch aus der Geschichte lernen können. Es wundert mich, daß das trotz der monatelangen Diskussion noch keiner getan hat.

Werfen wir einen Blick auf die amerikanische (Alkohol-)Prohibition. Besonders in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts versuchte man in den USA, Alkohol zu verbieten, weil er Kriminalität, Glücksspiel, Prostitution mit sich brachte, und sich eben auch negativ auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit auswirkte.

Die Folgen sind bekannt. Zwar schaffte man es tatsächlich, den allgemeinen Konsum von Alkohol zu reduzieren und auch alkoholbedingte Erkrankungen einzudämmen. Die Kriminalität brachte man dadurch aber erst richtig in Schwung. Wer kennt nicht das typische Klischee des amerikanischen Mafia-Gangsters im Nadelstreifenanzug mit Hut, Maschinenpistole und 20er-Jahre-Oldtimer, ganz im Stil von Al Capone. Diese Kriminalitätsform war ganz wesentlich ein Produkt der Prohibition. Letztlich fürte die Prohibition damit zwar zu einer Senkung des Gesamtverbrauchs an Alkohol, der verbleibende Konsum führte aber zu einem explosionsartigen Anstieg der Kriminalität. Und zwar weil Alkohol jetzt schwerer und nicht mehr auf normalem Weg zu bekommen war und damit der Preis, den die Konsumenten bezahlen mußten, viel höher war.

Ich gebe zu, der Vergleich hinkt etwas. Im Gegensatz zum Alkohol ist Kinderpornographie hier nicht vorher legal, sondern schon verboten. Und Kinderpornographie war auch nie ein solches gesellschaftlich akzeptiertes und teils positiv besetztes Massenphänomen wie Alkohol.

Trotzdem könnte eine solche Sperre dazu führen, daß der “Marktwert” der Kinderpornographie ansteigt. Und irgendwelchen Leuten sogar noch den Kick verschafft, jetzt etwas noch viel schlimmer Verbotenes zu tun, wovon ich mir vorstellen könnte, daß es einige Leute zusätzlich anheizt. Ähnlich wie bei der Prohibition könnte das durchaus dazu führen, daß es zwar insgesamt weniger Konsumenten gibt, aber die verbleibenden dafür anfangen, jetzt erst richtig viel zu zahlen. Und dann könnte ich mir durchaus vorstellen, auch aufgrund der finanziell schlechten Zeiten und eines generellen Sittenverfalls, daß so mancher Rabenvater auf die Idee kommt, man könne ja mal Geld machen.

Ich bin mir nicht sicher, aber die Einführung der Pornosperre könnte ein Schuß werden, der böse nach hinten losgeht.

4 Kommentare (RSS-Feed)

Stefan
18.5.2009 3:33
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Ja, dazu gibt es was zu sagen.

Das Dilemma gibt es in vielen Bereichen, z.B. bei Elfenbein und Heroin. Die Idee ist, man beschlagnahmt das Elfenbein des Wilderers, aber um den Preis nicht hochzutreiben verkauft der Staat es. Für den Zoll könnte man Zertifikate ausstellen, daß es staatlich beschlagnahmtes Elfenbein ist.
Beim Heroin ähnlich – man verkauft es in Apotheken, und vermasselt den Dealern so das Geschäft. Zudem kann man Verunreinigungen besser ausschließen, die Beschaffungskriminalität wird eingedämmt, man kann die Süchtigen leichter mit Hilfsprogrammen bekannt machen.

In beiden Fällen gibt es das Problem der Glaubwürdigkeit: Wenn der Staat Elfenbein/Heroin verkauft, wie kann es dann schlecht sein? Viele Leute sind schon überfordert, wenn sie sehen daß in der U-Bahn Tabakwerbung aushängt, aber Rauchverbot herrscht – daß sei unmoralisch finden sie.

Finde ich nicht, weil man ein Rauchverbot ja aussprechen kann, weil die Raucher teure Reinigungsmaßnahmen verursachen, und der ÖPNV nicht pauschal gegen das Rauchen eingestellt sein muß (und wohl auch nicht ist). Aber viele Leute regen sich maßlos auf.

Bei Heroin kommen noch mögliche Regreßforderungen ins Spiel, und was macht man mit Kindern einerseits – an Erwachsene mag man ja, wenn ein Arzt festgestellt hat, daß diese süchtig sind, Heroin abgeben, aber an Jugendliche, an Kinder?
Und die Süchtigen, die ihre Ration bekommen, können diese natürlich dann auch an Jugendliche u. Kinder weitergeben – eine unerfreuliche Sache, aber unerfreulich wäre auch nur die Jugendlichen dem Schwarzmarkt zu überlassen. Da diese keinen nur kleinen Teil der Süchtigen ausmachen würde man also das Ziel, Trockenlegung des Sumpfes, dann auch nicht erreichen.
Apotheken wollen mit Heroinsüchtigen und deren Auftreten und Erscheinung auch nicht direkt zu tun haben. Also braucht man spezielle Fixerstuben, die die Anwohner wieder nicht wollen.

Wie Du aber richtig bemerkst fordert bislang (fast) niemand die Legalisierung von Kinderporno, und insofern als Bilder gegen den Willen der Betroffenen gehandelt werden (Menschenwürde, Recht am eigenen Bild) kann auch niemand den Handel damit legalisieren.

Daß der minderbemittelte Rabenvater aus monetären Interessen aber ins Geschäft einsteigt ersteigt erscheint mir komplett unwahrscheinlich. Die Hürde um in diese Szene reinzukommen ist wohl doch zu hoch – sonst müßte es auch für verdeckte Ermittler leicht möglich sein.

Aber das ist ja eh eine Diskussion “was wäre wenn” – der Milliardenmarkt ist einfach eine Lüge. Lt. Wellenreuther (CDU, Wahlkreis
Karlsruhe-Stadt) alleine in Deutschland 120 000 Kinder, die vor der Kamera geschändet u. vergewaltigt wurden (unspezifizierter Zeitraum) http://netzpolitik.org/2009/bundestag-tv-die-zensursula-debatte/ auf Abgeordnetenwatch korrigiert er die Zahl von 11 Mrd. Fotos, von der fälschlicherweise auf Heise die Rede war, nennt aber sonst keine weiteren Zahlen, http://www.abgeordnetenwatch.de/ingo_wellenreuther-650-5880–f179445.html#frage179445 und bezieht sich nur vage auf eine BITKOM-Studie (ohne diese zu verlinken), behauptet aber nicht, dort seien alle Zahlen her, und meldet “die Europäische Kommission bezieht sich in einem Vorschlag für einen Rahmenbeschluss vom 25. März 2009 auf Schätzungen, wonach nur 20% der Kinderporno-Webseiten nicht kommerziell (hauptsächlich Peer-to-Peer) betrieben werden; 80% werden folglich kommerziell betrieben.” – ob da die anderen Zahlen her sind sagt er nicht, wurde es aber auch nicht gefragt.

Wie dem Video zu entnehmen ist stammt die “5 Mrd. € Umsatz” (Umsatz, nicht Gewinn) von ihm – vielleicht aber nicht nur von ihm.

Das verschriftlichte Protokoll habe ich im Netz jetzt nicht gefunden – darin könnte man bequemer nach “Milliarden” suchen – wenn es das auf der Seite des http://www.bundestag.de/aktuell/archiv/2009/24306320_kw19_kinderpornografie/index.html Bundestages finden könnte, dann wüßte ich gerne wie.


Hadmut
18.5.2009 10:16
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Was machen denn diese Leute, die sich über Zigarettenwerbung in der U-Bahn bei gleichzeitigem Rauchverbot ereiffern, wenn in der U-Bahn Werbung für Benzin, Haarfärbemittel, Zahnpasta, Klopapier, Hämorrhoidensalbe oder Kondome hängt?


yasar
18.5.2009 12:05
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Ich würde ja sogar so weit gehen, nicht nur das Rauchen an Haltestellen des ÖPNV sondern auch generell die Werbung für Tabak (und Alkohol) zu verbieten. Ggf. könnte man sogar so weit wie in manchen anderen Ländern gehen, und Verkauf nur in speziellen Geschäften (Tabak- oder Alkoholläden) zu gestatten. Dann würden sich auch Diskussionen wie der verkauf von Alkohol an Tankstellen erübrigen.

PS: Ich würde sogar die Manager von tabakfirmen (ab mittleres Management) dazu verpflichten und nachzuweisen, daß sie mindestens eine Schachtel (à 20 Zigaretten) am Tag rauchen. Soweit ich weiß, sind die meisten Manager von Tabakkonzernen “clean”. Bei manchen ist das sogar Einstellungsvoraussetzung.


yasar
18.5.2009 12:34
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Nachtrag:

In der Türkei hatte der Staat lange Zeit das Tabak- und Alkoholmonopol., d.h. lle Produzenten lieferten an den Staat und der hat dann das in seinen speziellen Läden verkauft. Zumidest kamen so Kinder und Jugendliche nicht allzu leicht. Irgendwann hat dann Reynolds mit Lobbyarbeit, um nicht zu sagen Bestechung und Unterstützung von Zigarettenschmuggel (aus Bulgarien in die Türkei) ein “lex Marlboro” durchgeboxt, daß den freien Verkauf von Zigaretten erlaubte. Mit dem Alkohol lief es ähnlich.

Nun haben selbst kleine Kinder laum Schwierigkeiten an “Stoff” zu kommen. Früher war das zwar auch möglich, aber deutlich schwerer.