Ansichten eines Informatikers

Die Würde des Menschen ist unantastbar?

Hadmut
12.12.2008 21:52

Damit fängt Artikel 1 Grundgesetz an. Aber stimmt das so?

Bin heute im SPIEGEL über einen Artikel von Bastian “Zwiebelfisch” Sick (der mit dem Dativ) gestolpert. Der durchaus beachtliche sprachliche Kritik an diesem ersten Satz des Grundgesetzes (wenn man von der Präambel mal absieht) äußert. Sie Silbe “bar” beschreibe nämlich keine Forderung oder einen Wunsch, sondern eine Möglichkeit oder Unmöglichkeit. Das Grundgesetz sei aber kein Buch darüber was passieren kann, sondern was passieren darf. Wäre sie wirklich unantastbar, bräuchte man kein Gesetz, das es verbietet.

Kann man so sehen. Muß man aber nicht.

Wenn im Grundgesetz in einfacher Sprachform steht, daß irgendetwas nicht vorkommen darf, dann kommen nämlich die Juristen und fangen an, daran herumauszulegen. Dann gibt es wieder die Varianten, daß nun andere Grundrechtsaussagen, die damit im Widerspruch stünden, ja nicht schwächer wären und daher genausolche Daseinsberechtigungen hätte, und das der Gesetzgeber dies aber nicht das gemeint hätte und so weiter und so fort. Kennt man ja. Am Ende kommt bei den Juristen wieder das genaue Gegenteil heraus. Ich habe schon so viele Urteile gesehen, in denen zunächst festgestellt wird, was allgemein und völlig verboten ist und dann mit irgendwelchen juristischen Spitzfindigkeiten das Gegenteil entschieden wird. Ein einfaches “darf nicht” ist für den Juristen nur eine sportliche Herausforderung, warum daraus nur folgt “die anderen dürfen nicht, normalerweise darf man nicht, aber in diesem speziellen Fall darf, ja muß man sogar. weil bla bla bla und überhaupt das ja anders gemeint war und der Gesetzgeber eigentlich das Gegenteil ausdrücken wollte”.

Nur mit einer so scharfen und einer auch für das Ergebnis die Tatsache konstituierende Formulierung, daß es nicht einfach nur verboten, sondern geradezu unüberwindbar unmöglich ist, kann so eine Aussage vor der Interpretationswut der Juristen geschützt werden.

Also ist es zwar vielleicht nicht ganz grammatikalisch richtig, aber inhaltlich. Denn erst wenn die Unantastbarkeit zur allgemeingültigen Tatsache erhoben wird, sind solche Auslegungstricks unmöglich.

Dumm daran ist nur, daß es leider nicht viel bringt. Denn was genau ist schon die “Würde des Menschen”?

5 Kommentare (RSS-Feed)

Jens
13.12.2008 0:03
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Meine Güte, jetzt gib dem Sprachnörgler nicht auch noch Publicity …


Empirius
15.12.2008 19:40
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Die ganze Diskussion erübrigt sich von selber, wenn man am Ende des Buches anfängt zu lesen

Art 146
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

Das MDH wäre eigentlich überschritten!


Hadmut
15.12.2008 19:52
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Au, da hat wieder mal einer das Kleingedruckte gelesen…


Daresch
15.12.2008 23:46
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Da kann man wieder Haarspalterei betreiben:
“…das nach Vollendung der Einheit und Freiheit…”
Sind wir EIN Volk? Sind wir wirklich frei?
Oder eine andere Frage kann man wirklich frei sein?
Man wird immer in seinen Entscheidungen beeinflusst durch die Politik, durch die Werbung und und und.

Grüße


yasar
16.12.2008 12:10
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Egal wie man deutsches Volk definiert: Jedenfalls ist mir bisher nicht bekannt, daß eine “Verfassung” dieses Volkes durch ebendieses Volk noch nicht in freier Entscheidung entschieden worden. zumindes ist mir nichts darüber bekannt, daß ich darüber direkt oder indirekt abstimmen durfte. Von daher ist das GG immer noch gültig.

Abgesehen davon: MHD (Mindesthaltbarkeitsdatum) heißt nur, daß es bis zu dem Termin haltbar ist, bzw. der Hersteller gewährleistet die Haltbarkeit bis zu diesem Datum, aber trifft keine Aussagen darüber wie lange darüber hinaus es haltbar ist (im Idealfall ewig). Das unterscheidet es von Verfalldatum, daß für einige Produkte vorgeschrieben ist (vorwiegend in der Pharmazie), ab dem ein Produkt garantiert nicht mehr gut ist. 😉

PS: Ich finde den Bastian Sick ganz lustig, auch wenn er es manchmal übertreibt. Aber er führt mit einfachen Mittel manchmal einem drastisch vor Augen, was manche für einen Unsinn mit der Sprache treiben.