Ansichten eines Informatikers

Schon wieder ein Paket verloren

Hadmut
6.9.2008 17:56

Irgendwie ist alles nicht mehr so wie früher. “Geiz ist geil” regiert die Welt, alles muß billig, billig, billig sein, nur der billigste bekommt den Zuschlag. Kombiniert mit dem eBay-Amazon-Internet-Online-Einkauf-Zeitalter, in dem alles per Paket kommt. Nicht mehr lustig.

Ich war in den letzten Tagen schon oft damit beschäftigt, mehreren Paketen hinterherzuspüren, die ich eigentlich hätte bekommen sollen, aber nicht bekommen habe. Bei denen sich dann herausstellte, daß die Paketdienste in ihrem Wettbewerb mittlerweile so preisknapp kalkulieren müssen, daß eine normale Paketzustellung eigentlich gar nicht mehr drin ist und die Zustellungsprobleme darauf beruhen, daß keine vollständige Zustellungsinfrastruktur mehr zustandekommt, von einer ordentlichen Betriebsorganisation ganz zu schweigen. Wir wettbewerben uns zu Tode.

Dann diese Woche das nächste fehlende Paket, diesmal aber von DHL, also der Post, die ja eigentlich wissen sollten, wie man Pakete verteilt. Außerdem haben die ja diese praktischen Packstationen, von denen ich eigentlich ziemlich begeistert bin, weil man da sein Paket zu jeder Tages- und Nachtzeit abholen kann, ohne irgendwelchen Nachbarn hinterherklingeln oder die Öffnungszeiten irgendeines Ladens abwarten zu müssen.

Die Woche hatte ich zwei blaue Karten im Briefkasten. Wir konnten Ihnen ein Paket nicht zustellen, keiner da, Sie können sich ihr Paket an der Packstation abholen, Barcode, Scanner, heute ab 16.00 Uhr, Bla-bla-bla. Prima.

Also am Abend drauf dorthin gefahren und die beiden Karten an der Packstation vor den Scanner gehalten. Zu einer der Karten bekomme ich ein Paket (finde das bei den rechteckig gebauten Packstationen immer so spannend und ulkig abzuwarten, welche Klappe wohl aufgeht. Wie ein großer Adventskalender.) . Zu der anderen Karte bekomme ich ne Fehlermeldung. Geht nich, ham wa nich. Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie 0180… an oder drücken Sie hier für das Callcenter.

Also drücke ich halt mal da.

Im Gegensatz zu meinem Erlebnis, als ich mal auf der Autobahn an der Notrufsäule neben einem brennenden LKW stand und da keiner ran ging, meldet sich hier tatsächlich einer. Die Packstation hat eine Datenverbindung und eine Telefon- oder VoIP-Verbindung zum Callcenter, außerdem vorne einen Lautsprecher und ein Mikro. Der virtuelle Schalterbeamte. Er entschuldigt sich aber, daß er mir nicht helfen könnte, weil er “nicht ins System reinkäme”. Nur mit Mühe konnte ich mir den dummen Scherz verkneifen zu sagen “Wieso, Sie sind doch schon in dem System drin, sonst könnten Sie ja nicht aus diesem Blechkasten heraus zu mir sprechen…”

Kennt Ihr den? In einem früheren Job hatte ich mal Kollegen, die auch die Netzanbindung von Geldautomaten gewartet haben und dazu ab und zu mal in den kleinen Kammern hinter den Geldautomaten zugange waren. Steht ein älteres Ehepaar vor dem Geldautomaten und merkt nicht, daß ein großes Schild “Vorrübergehend außer Betrieb” dranhängt und tippt erfolglos drauf herum, gibt aber nicht auf. Der Kollege hat den Automaten gerade von hinten offen, merkt das, und ruft von hinten durch den Automaten durch, daß man im Moment gerade kein Geld abheben kann, sie sollen in einer halben Stunde wieder kommen. Sagt die Frau zu ihrem Mann “Siehst Du? Ich hab Dir doch gleich gesagt, daß da einer drinsitzt…”

Und nun steh ich hier vor der Packstation, und von drinnen aus dem Blechkasten ruft mir einer zu, daß er ins System nicht reinkommt. Naja, gut. Ich gehe.

Am späteren Abend rufe ich die 0180x-Nummer an. Sie sind tief betrübt und zerknirscht. Sie kommen immer noch nicht rein. Alle. Und schon den ganzen Nachmittag und Abend. Ich wäre wirklich nicht der Einzige, der anruft. Aber mir helfen, das könnten sie nicht. Nicht an diesem Abend.

Also rufe ich am nächsten Morgen an. Mir ginge da noch ein Paket ab. Sie nehmen es auf und versprechen, man würde nach dem Paket suchen und den Fahrer befragen. Es käme schon vor, daß da mal was schief laufe, aber daß das Paket schon den Weg zur Haustür gefunden hat und dann zwischen Haustür und Packstation verloren ginge, das könne eigentlich nicht sein.

Gestern abend dann die Beichte einer Kundenberaterin, die mich anrief:

Sie hätten auf ihre Packstationen neue Software eingespielt, und da sei einiges schief gelaufen. (Hatte ich schon erwähnt, daß das nicht das erste Mal ist? Ich hatte mal auf ein Paket eine im Internet bei der Post/eBay gekaufte Paketmarke gekauft und auf ein Paket geklebt, das ich per Packstation verschicken wollte. Zwei verschiedene Packstationen in Dresden haben reproduzierbar und jedesmal einen Absturz mit Reboot hingelegt, wenn ich die Paketmarke vor den Scanner gehalten habe. Da waren die Dinger aber noch brandneu und im ersten Softwarerelease. Da meinte auch ein Typ an der Automatenhotline, das könnte gar nicht sein, das wär unmöglich, ich sollte das Paket mal vor den Scanner halten. Bufffz, weg war er.)

Wie auch immer, sie hätten jedenfalls aufgrund der Softwarepanne den Überblick über ihre Pakete etwas verloren. Es würden gerade (Freitag abend!) irgendwelche Mitarbeiter notfallsmäßig rausfahren und die Inhalte der Paketstationen durchzählen. Die Chancen stünden nicht schlecht, daß mein Paket tatsächlich in der Packstation sei und die es nur nicht (mehr) wüßte.

Kann ja mal vorkommen.

Man versprach mir zu forschen und mich am Montag wieder anzurufen.

Ein Kommentar (RSS-Feed)

yasar
8.9.2008 10:03
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Sagte ich schon, daß es von Vorteil ist, in einem “kleinen” Ort zu wohnen und die Zusteller persönlich zu kennen?

Ich habe mal ein Nachnamepaket “zu früh”, sprich einen Tag früher als erwartet bekommen und hatte natürlich nicht genug Geld da. Dann war es kein Problem, das Paket trotzdem dazulassen und dann dem Zusteller hinterherzubringen (DHL). 🙂

TOF genauso: Normalerweise kommt der erst nachmittags. Kurzer Anruf bei wegen einen dringend erwartetet Paket, daß ich mlöglichst vormittags schon brauche: Fahrer sagt mir wo er langfährt und ich konnte das Paket von Ihm unterwegs abholen.

PS: Trinkgelder helfen den Fahrern, die meinem Eindruck nach tatsächlich ziemlich unter Zeitdruck stehen wegen der “Geiz ist Geil” Mentalität der Arbeitgeber, etwas zuvorkommender zu sein.

PPS: Negativbeispiele gibt es natürlich auch (z.B. bei GLS), aber da lass ich mich jetzt nicht darüber aus.