Ansichten eines Informatikers

“Fachübergreifende” Ausbildung im Studium

Hadmut
7.7.2008 12:51

Scheint so, als hätten es unsere Politiker doch noch geschafft, daß man (“frau”) sich im Studium mit mehr als nur dem eigenen Fach beschäftigen muss…

8 Kommentare (RSS-Feed)

Raphael
7.7.2008 15:06
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Der Telepolis-Artikel ist sogar unter BILD-Niveau. Herr Corinth hat eine alte (22.06.08) Pressemitteilung gelesen, gibt als journalistische Eigenleistung ein “Zwar sind solche Presseerklärungen mit Vorsicht zu genießen, oft sind sie nichts anderes als versteckte Werbung.” von sich, plappert die PM trotdem nach und recherchiert, dass tatsächlich 79 “Studentinnen” sich auf diesem Portal anbieten. Bei ca. 1800 anderen Angeboten in der Kategorie “Sexdate” finde ich das nicht so bezeichnend wie Herr Corinth.
Dieser zitiert zwei Angebote (das macht macht 50% seines Artikels aus) und macht daraus einen Trend.

Falls Dich meine Meinung interessiert: Sowas nicht mehr verlinken. Auch wenn der Artikel ironisch gemeint sein sollte – er ist zu schlecht, als dass ich ihn hätte lesen wollen.
Dein Content ist zu gut, als dass er mit solchem Gesülze vermengt werden sollte.


Hadmut
7.7.2008 16:40
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Danke gleichermaßen für Lob und Tadel.

Allerdings habe ich in letzter Zeit mehrfach aus verschiedener Richtung solche Hinweise gelesen, ich habe aber die URLs nicht mehr gefunden. Es kommt also nicht nur von da. Könnte allerdings auch eine Legende der Studiengebührengegner sein.

So ganz abwegig erscheint es mir auch nicht, denn jedenfalls als ich studiert habe, sind mir aus dem Bekanntenkreis (indirekt über 1 Bekanntheitsecke) zwei Fälle bekannt geworden, in denen sich Studentinnen ihr Studium verdient haben, indem sie auf, sagen wir mal, älteren wohlhabenden Herren herumgehoppelt sind. Ob die Art der Finanzierung freilich auf Geldknappheit beruht, und ob 500 Euro pro Semester da was dran ändern, oder ob Prostitution generell eine gesellschaftliche Erscheinung ist, die sich – unabhängig von echter Geldnot – damit auch in Studentinnenkreisen zeigt, wäre zu untersuchen. Auf ner Studi-Fete hat damals mal eine rundum die Männer (auch mich) angequakt, sie bräuchte ganz dringend Geld um ihren Tank zu füllen, weil sie unbedingt irgendwohin müßte, für nen Tank voll würde sie auch Nummer hinlegen.

Ich habe mal so eine fotographische Phase gehabt, in der ich relativ häufig verschiedene Aktfoto-Workshops in professionellen oder semiprofessionellen Studios besucht habe. Dabei habe ich die erstaunliche Beobachtung gemacht (was mir auch viele der Profis bestätigten), daß die Modelle, die das eigentlich hauptberuflich oder eben so aus Spaß oder warum auch immer machen, immer weniger aus Deutschland und immer mehr aus den osteuropäischen Ländern rüberkommen (jede Menge übrigens), während Models aus deutschen Landen fast nur noch die sind, die sich ihr Studium damit finanzieren. Sowohl in einem Studio bei Stuttgart, als auch bei einem Workshop in Dresden hab ich mich mit Mädels unterhalten, die dann sagten, daß sie das machen, weil sie das für das Studium brauchen (was insofern etwas pikant war, weil einer der Fotographen Professor war…). Zwei Tage pro Monat reichen locker zum Überleben. Ein gutes Amateur-Model bekommt für einen Studiotag ohne weiteres mal so 700 bis 1000 Euro, mitunter am Finanzamt vorbei. 1000 bis 2000 Euro pro Monat flüssiges Geld hat durchaus nicht jeder Studi. Allerdings habe ich an deren Bildmappen gesehen, daß die nicht nur künstlerisch wertvollen Akt machen, das geht teilweise auch ziemlich ins Derbe rüber. Das Geld muß halt fließen. Und sowohl in Stuttgart als auch in Dresden habe ich dabei erfahren, daß es eben auch andere gibt, die sich eben nicht so gern auf irgendwelchen Ausstellungen oder Titelseiten wiederfinden oder auch nicht so model-mäßig aussehen, und die deshalb eher der bezahlten horizontalen Gymnastik fröhnen.

Mir wurden auch schon einige Fälle berichtet, in denen Unterkunft statt für Bezahlung für Dienstleistung angeboten wurde, und die Fälle von Noten gegen Sex sind ja nun auch keine Seltenheit mehr. Mir sind allerhand Fälle von solchen Forderungen zu Ohren gekommen, und ich kann mir nicht vorstellen, daß da jede “Nein” sagt.

In meinem eigenen Bekanntenkreis hat mal ne Studentin vorgehabt, sich aus Geldmangel bei einer “Begleitagentur” für solvente Geldsäcke zu bewerben um dann mit den Herren abends nett auszugehen. Sie erzählte mir das so nebenbei. Die dachte, sie bekommt das Geld dafür, daß sie sich zum Essen ausführen läßt. Ich hab ihr dann mal erklärt, worum es da geht und daß sie schon mal üben soll, einen Golfball durch 20m Gartenschlauch zu saugen. Dickes Geld gibt’s da erst später am Abend. Sie war zunächst überrascht, hat es aber dann trotzdem und sogar mit einem dreckigen Grinsen ernsthaft in Erwägung gezogen, es schließlich aber doch bleiben lassen.

Als ich Student war, bin ich über mehrere Jahre hinweg mit 700 DM pro Monat rumgekommen, inklusive Auto. Wenn ich mich so umsehe, funktioniert sowas heute, auch inflationsbereinigt, so wohl nicht mehr. Ein Hauptgrund, warum ich das Studium geschafft habe, war auch mein Hiwi-Job, den ich als Sysadmin damals leicht und mit voller Stundenzahl bekommen habe. In vielen Studiengängen gibt es sowas einfach nicht. Also sehe ich die Gefahr. Kennst Du den Spruch “Ich war jung und brauchte das Geld” ?

Man sollte das auch nicht allein vom deutsch-bürgerlichen Standpunkt aus sehen. Es gibt Länder, z. B. USA oder Australien, in denen die Studiengebühren und teils auch die Lebenshaltungskosten sehr viel höher sind und gleichzeitig viel weniger Zeit für einen Nebenjob bleibt. Da kommt es durchaus zu solchen Erscheinungen. In manchen Gegenden der USA und Australiens herrschen beispielsweise freizügigere Sitten als bei uns, da ist es normal, nach Feierabend in einen Table-Dance-Schuppen zu gehen oder sich zum Geburtstag ne Stripperin auftreten zu lassen. Nicht selten sind das Studentinnen, die Geld brauchen. Die amerikanischen Studenten sind ohnehin viel stärker sexuell orientiert als die deutschen, siehe etwa die berüchtigten Semesterparties in Daytona Beach oder Mexiko. An einigen amerikanischen Universitäten gibt es Studi-Zeitschriften allein über das Thema Sex, in einer Offenheit, die es hier so bisher nicht gibt. In der Folge und bei dem dortigen höhren Geldbedarf passen sich dann auch die Beschaffungswege entsprechend an. Es würde mich allerdings erstaunen, wenn das der einzige Bereich wäre, der hier nicht einer gewissen Amerikanisierung unterliegen würde.

Selbst wenn es eine solche Entwicklung tatsächlich gäbe, wäre es allerdings schwierig, sie eindeutig auf die Studiengebühr zurückzuführen, denn Inflation und Anstieg der Lebenshaltungskosten sind in Deutschland ja gerade enorm.

Andererseits hast Du natürlich Recht. Aus unerklärlichen Gründen gelten im Sex-Bereich Studentinnen stets als geiler als alles andere, was rumläuft. Schmuddel-Kram verkauft sich mit dem Label “Heißer Studentinnen-Sex” besser (wobei nach meinen bescheidenen Erfahrungen die Annahme nicht gerechtfertigt ist, daß da etwas heißer wäre als woanders, ganz im Gegenteil…). Insofern ist es naheliegend, daß da irgendwelche dubiosen Leute die Studiengebühren als Vorwand mißbrauchen. Ist ja auch besser fürs Gewissen, wenn man nicht ne gewöhnliche Hure bezahlt sondern einer lieben Studentin das Studium ermöglich hat.

Es wäre aber durchaus mal für Soziologen oder ähnliche interessant zu untersuchen, wie es sich mit der Prostitution bei Akademikern verhält, wie sich das zeitlich ändert und ob die Studiengebühren da was dran geändert haben.

Wäre mal interessant zu sehen was passiert, wenn man am Schwarzen Brett, etwa in der Mensa oder so, Jobs mit verschiedenen Anrüchigkeitsgraden anbietet, ob sich da jemand bewirbt.

Ich werde es mir aber zu Herzen nehmen und künftig auf höhere Qualität meiner Blogeinträge achten.


Hadmut
7.7.2008 19:20
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Noch ein Nachtrag: Ich hab mir inzwischen doch mal die Zeit genommen, diese komische Webseite mal anzuschauen.

Ist so eine Art eBay für sexuelle Dienstleistungen aller Art.

Einerseits findet man dort die Kategorie “Frauen, Hobbynutten & Studentinnen”, was ja als solches schon ne Frechheit ist und zeigt, daß “Studentin” nicht als Beruf sondern als Sex-Kategorie geführt wird. Das ist also wirklich übler Müll.

Das ich von der Problematik als solcher aber schon öfters gelesen habe, denke ich, daß das Grundproblem als solches schon irgendwo existiert.


RaphaelWimmer
7.7.2008 21:43
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Ich kann mir gut vorstellen, dass es den behaupteten Trend gibt. Meine Kritik richtete sich bloß gegen Herrn Corinth, der aus der Pressemitteilung meiner Meinung nach den schlechtestmöglichen Artikel gebastelt hat. Eine bessere Referenz auf die Pressemitteilung wäre z.B. http://notes.computernotizen.de/2008/06/20/elendsprostitution-juchu/

Danke für die tiefergehenden Erläuterungen zum Thema.
Ich habe weder aus erster noch zweiter Hand Erfahrungen mit derartigen studentischen Dienstleistungen. Informatikstudenten (und -innen) haben erfahrungsgemäß allerdings auch genügend akzeptabel bezahlte Alternativen.


Stefan
8.7.2008 0:49
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“Aus unerklärlichen Gründen gelten im Sex-Bereich Studentinnen stets als geiler als alles andere, was rumläuft.”
Nein – das ist nur ein Marktsegment für die, die das glauben.

Andere glauben an Hausfrauen, Krankenschwestern, Politessen, Lehrerinnen (also Ex-Studentinnen), Rothaarige, besonders junge, besonders alte, Frauen aus Fernost, aus dem Nahen Osten, aus Afrika, Südamerika, Frankreich usw.
Für jede Phantasie ist das passende Angebot da – ob das so immer stimmt ist eine andere Frage.
Fragt nicht nach dem Studentenausweis, wenn es Euch gefallen hat. 🙂

Die Gewissensentlastung “So finanziere ich ihr Studium” kommt mir auch plausibel vor.


Hadmut
8.7.2008 1:14
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Oh, unterschätz die Krankenschwestern nicht. Oder überhaupt den Klinikbetrieb.

Ich hab einige Leute in meinem Freundesbereich, die Ärzte im Klinikbereich geworden sind und hatte mal auf einer Urlaubsreise über längere Zeit eine Krankenschwester mit im Bus, die mir so allerhand erzählt haben.

Die Leute stehen unter enormem Streß und Druck, die Sache mit deren Schichtdienst muß wohl ziemlich üble Auswirkungen auf Leben und Psyche haben. Privatleben wohl bei den meisten kaputt. Dazu kommt, daß die dann halt unentwegt mit Leid und Schmerz, mit Eiter, Blut und Scheiße konfrontiert sind, an Leuten rumschneiden, sie sterben sehen oder ihnen schlechte Nachrichten machen müssen, und sich überhaupt mit jedem stinkenden dreckigen Idioten abgeben müssen. Nicht wie unsereiner am sauberen Schreibtisch sitzen und abends gehen.

Das muß mancherorten ziemlich harte Auswirkungen auf die Psyche haben, die sich u.a. wohl darin ein Notventil sucht, daß es in manchen Abteilungen wohl jeder mit jeder treibt. Zudem kommt wohl, daß sich durchaus viele junge Krankenschwestern einbilden, sich nach oben poppen zu können. Da muß es teils zugehen, wie im Swingerclub. Besagte Krankenschwester sagte mir, daß man die Wäschekammer buchstäblich niemals betreten könne ohne vorher anzuklopfen.

Insofern könnte ich mir schon vorstellen, daß Krankenschwestern, von der feschen Tracht mal abgesehen, einen einschlägigen Ruf abbekommen haben. Das hat aber weniger mit Geilheit zu tun als eher mit einem Seelenzustand der einem Dampfkochtopf beim Auslösen des Überdruckventils entspricht.

Zu Politessen und Lehrerinnen fällt mir gar nichts ein.

Rothaarige? Da hatten wir damals eine im HaDiKo, Donnerwetter, ich kann Dir sagen…


yasar
8.7.2008 9:32
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Muß ich jetzt bedauern, daß ich ich damals nicht ins HaDiKo gegangen bin, sondern nur ein ganz einfach Studentenzimmer zur Untermiete hatte? 🙂


Hadmut
13.7.2008 14:45
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Inzwischen hab ich auch den Link zu einem seriöseren, früheren Artikel gefunden, den ich mal im SPIEGEL gelesen habe. Der ursprüngliche URL stimmte nicht mehr, aber der Artikel ist beim SPIEGEL unter neuem URL wieder zugänglich, siehe Studentenjob Hure: Auf der Uni dank Liebeslohn.