Ansichten eines Informatikers

Schönes Wochenende…

Hadmut
5.7.2008 15:47

Endlich ist Wochenende. Nach den vielen Reisen und der Arbeit der letzten Wochen habe ich endlich ein paar Tage Ruhe und Entspannung. Ich habe lange ausgeschlafen, sehr lange.

Das Wetter ist sagenhaft, die drückende Schwüle der vergangenen Tage ist verflogen, die Temperaturen sind sehr angenehm. Der Himmel ist strahlend blau von jedem Ende zum anderen, nicht die Spur einer Wolke. Eine entspannte Ruhe, doch nicht völlige Stille liegt in der Luft. Die Vögel zwitschern, Insekten summen hier und da, Eichhörnchen jagen sich keck unter dem Einfluß des Frühlings, Kinder spielen am Spielplatz. Die Bäume und das Gras sind voll und saftig grün, der Duft der Blüten und der Gräser liegt in der Luft. Aus meiner Küche strömt das würzige Aroma der frischen reifen Tomaten, die ich gekauft habe. Der Sommer ist da.

Einen so schönen Tag kann man wunderbar auch Samstags mit einem Sonntagsfrühstück beginnen, knusprige Brötchen mit frischer Butter, darauf leuchtend rote Erdbeermarmelade oder goldener Honig, dazu frische Milch oder ein Glas Orangensaft und etwas Obst. Wunderbar. Ich beschließe einen kleinen Spaziergang zu machen um beim Bäcker frische Brötchen zu holen.

Aus der offenen Balkontür des mißgünstigen Nachbarn, der keine Gelegenheit ausläßt, mit mir Streit anzufangen oder wenigstens durch feindselige Blicke und Gesten das Nachbarschaftsverhältnis schlecht zu halten, was er aber, wie ich so erfuhr, nicht nur mit mir, sondern auch einigen anderen Leuten treibt, und was wohl tief in seiner Natur verankert ist, dringt lautstarker Streit. Es ist nicht zu überhören, daß er sich bis aufs Blut mit seiner Frau fetzt. Man kann sie nicht sehen, und das ist auch wirklich besser so, aber schon am harten Klang der Stimmen und dem kaum merklichen Widerhall kann man, wenn man sehr genau hinhört, erahnen, daß sie sich in der nach hinten gelegenen Küche streiten müssen. Da, wo man die großen Küchenmesser griffbereit hat.

Anders als für den kryptographischen Eavesdropper bei der Kommunikation zweier Parteien kann es für den sprichwörtlichen Dritten beim Streit Zweier von Vorteil sein und seinen ganz eigenen Reiz haben, wenn man deren Sprache nicht versteht, und sie – wie hier – auch nicht sieht. Nur so kommen der tief sitzende Hass, diese den Taten vorauseilende verbale Brutalität, diese schneidende Härte in der Stimme, die keinen Zweifel daran läßt, daß der eine den anderen hier verletzen und erniedrigen will, das Tremolo in der Stimmlage, dieses untrügliche Anzeichen der bevorstehenden Niederlage des Verstandes gegen die archaischen Regionen des Hirns, voll zur Geltung, ohne daß man von der zweifellos ordinären Semantik der Worte oder dem Anblick proletarischer Handgreiflichkeiten unter dem Zeichen häuslicher Gewalt abgelenkt und in der Aufnahme dieser akkustischen Kollateraleruption beeinträchtigt würde.

Gehörige Schadenfreude ist angemessen. Denn soweit ich das auf akkustischer Grundlage beurteilen kann, erweist sich sein Hausdrachen als knapp führend und stärker. Auch für den nicht so unwahrscheinlichen Fall körperlicher Auseinandersetzungen würde ich – jedenfalls von Kampfgewicht, Bösartigkeit und dem auf mich vermittelten Eindruck der Gewalttätigkeit her – eher auf die Gattin wetten. Indes, man weiß nie, wer im Umgang mit dem Messer der Geübtere ist, und die Sache David gegen Goliath sollte man auch nicht aus dem Blickfeld lassen. Vielleicht wird diesmal auch nur etwas Geschirr zu Bruch gehen.

Die Genugtuung über die Tatsache, daß der Mann das Wochenende bekommt, daß er sich redlich verdient hat, wird überlagert von der Fragestellung, wie lange man sich das als Nachbar eigentlich – was Kühles zu trinken, was zu knabbern – anschauen kann und wann man doch die Spielverderber von der Polizei ruft – und was man denen eigentlich sagen will. In Dresden stand ich mal mit einer Nachbarin im Treppenhaus und habe diskutiert, ob man die seltsamen Geräusche, die aus einer Wohnung drangen, auch noch anders interpretieren könnte als daß da gerade eine Frau ihren Mann vermöbelt. Da es aber dann ruhig war haben wir dann doch erst mal keinen Anlaß mehr gesehen. Zwei Tage später bin ich dann ausgezogen, weiß also nicht, was daraus noch wurde.

Ich wünsche (fast) allen ein schönes und geruhsames Wochenende! 🙂