Ansichten eines Informatikers

Neues vom (und gegen den) Überwachungsstaat

Hadmut
30.4.2008 21:40

Mal wieder was zum Gruseln?

Eine neue Fahndungsmethode kommt in Mode: Die genetische Verwandtschaftsanalyse (siehe Telepolis): Hat man die DNA eines Täters, was ja gelegentlich vorkommt, muß man in der DNA-Datenbank nicht mehr den Täter selbst haben, sondern es genügt, wenn ein Verwandter drin ist, man kann sich jetzt an Verwandtschafsverhältnissen entlanghangeln. Gerade dann, wenn man – wie Großbritannien – flächendeckende Datenbanken hat, kann man im Prinzip den Straftäter über die Datenbank direkt einkreisen. Und sich einer DNA-Entnahme zu widersetzen bringt auch nichts mehr, dann nehmen sie halt die eines Verwandten. Es gibt kein Entrinnen mehr.

Würzt man noch etwas Phantasie und Zynismus nach, kommt man da auf tolle Ideen:

  • Für Reputationsmodelle wie Spam-Schutz oder Schufa ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Statt wie bisher über die Telefonnummer, die Nachbarschaft oder die Automarke bewertet zu werden, könnte man nun auch die DNA-Analyse einführen. Sie wollen eine Stereoanlage? Spucken Sie mal hier rein, wir wollen doch mal sehen, ob Ihre Sippe seriös ist…
  • Schon vor Jahrzehnten wurde in den USA eine besondere Form der Rasterfahndung eingeführt, die auf dem fehlenden Meldewesen beruht: Verdrückt sich einer, hinter dem sie her sind, wird bei seinen Freunden und Bekannten geprüft, ob deren Strom- und Wasserverbrauch Hinweise auf eine zusätzliche Person im Haushalt liefern. Nun könnte man in den Abwässern des Badezimmers nach DNA schnüffen, ohne daß die da drin was merken.
  • Wir hatten doch gerade die Debatte mit den Kuckucks-Kindern, für die die vermeintlichen Väter und gehörten Ehemänner nicht mehr zahlen müssen. Mit so einer Datenbank könnte man wohl herausfinden, daß da Leute verwandt sind, die es eigentlich nicht sein sollten. Hat der Politiker von der anderen Partei, oder der Pfarrer oder wer auch immer da vielleicht ein uneheliches Kind, kleiner Seitensprung oder so? Von dem er vielleicht noch gar nichts weiß? Oder umgekehrt? Ist sein “eigenes” Kind vielleicht so gar nicht mit ihm verwandt?
  • Muß bei Flügen bzw. der Einreise demnächst auch die DNA abgeliefert werden, damit man gleich in der Verwandtschaftsdatenbank drin ist?
  • Werden Herkunft und Einreisestatus demnächst direkt aus der DNA abgelesen?

Wieder so ein Thema, das mich an einen Film erinnert. Gattaca.

Bei so ausufernden Überwachungsmethoden muß man sich natürlich auch Gegenmethoden einfallen lassen. Eine sehr Originelle hab ich im Blog von Bruce Schneier gefunden, der auf ein spanisches Blog verweist, in dem ein Vorschlag gemacht wird, wie man sich durch SQL-Injection gegen KFZ-Kennzeichen-Scanner schützt. Das ist doch mal was! 🙂