Ansichten eines Informatikers

Der Mord an JFK und die Kryptographie…

Hadmut
10.1.2008 0:31

Ich war mal in Dallas in Texas und fand es ausgesprochen interessant, vom Sixth Floor Museum aus herunterzuschauen und unten herumzulaufen, wo John F. Kennedy ermordet wurde. Eben kam ein Film über den Fall auf Arte, in den ich mal kurz hineinschaltete und dabei etwas erstaunliches hörte, was mir noch nicht bekannt war: Daß in der Sache so ein leichter Anflug von – laienhafter – Kryptographie mitspielte, die aber durchaus Gefahren erkennen läßt.

Der damalige Staatsanwalt Jim Garrison wollte wohl einen gewissen Clay Shaw und den Nachtclubbesitzer Jack Ruby wegen Verschwörung mit Lee Harvey Oswald anklagen. Oswald war als Mörder Kennedys festgenommen und seinerseits zwei Tage später von Ruby ermordet worden.

Der Beweis für die Verschwörung (oder einer der Beweise) hat etwas bemerkenswertes.

Denn sowohl im Notizbuch von Oswald, als auch in dem von Shaw entdeckte man die Telefonnummer 19106 und die in den USA gängige Abkürzung PO BOX. Darin, so Garrison, sei die geheime Telefonnummer Jack Rubys verschlüsselt.

Die abenteuerliche Argumentation verlief so:

  • P und O liegen auf amerikanischen Tasten- und den damals üblichen Wählscheibentelefonen (vgl. Bild auf Wikipedia) auf den Ziffern 7 und 6. Diese ergeben zusammen 13.
  • W und H liegen auf 9 und 4, das ergibt ebenfalls 13. Also bedeutet PO in Wirklichkeit WH. (Nein, bitte jetzt keine Diskussionen darüber, wieviele zweibuchstabige Tastenkombinationen in welcher Reihenfolge die Summe 13 ergeben. Es geht ja gerade darum, wie sehr das an den Haaren herbeigezogen ist.)
  • Die gefundene Zahl 19106 wird nun einer Transposition unterzogen, indem man abwechselnd eine Ziffer von vorne und von hinten nimmt und sie der Reihe nach aufschreibt. Daraus wird also 16901. Davon zieht man jetzt noch die Zahl 1300 ab. Wie der auf 1300 kam, ist unklar und gilt meist als “Hokus Pokus”. Scheint aber was mit der Summe 13 der Buchstaben (s.o.) zu tun zu haben. Zieht man also 1300 von 16901 ab, dann erhält man 15601.
  • Setzt man nun die oben gefunden Kombination WH vor das Ergebnis 15601, dann erhält man WH1-5601 bzw. 941-5601, was die geheime (d.h. nicht im Telefonbuch veröffentlichte) Telefonnummer eben jenes Jack Rubys war, der Oswald ohne ersichtlichen Grund erschossen hat. Wozu man das überhaupt noch in die Buchstaben WH wandelt und nicht gleich als Ziffernfolge läßt, habe ich nicht verstanden. Vielleicht war das damals so üblich.
  • Daraus folgerte jener Staatsanwalt, daß nicht nur Oswald und Ruby an einer Verschwörung beteiligt gewesen sein müssen (was ja wegen des Mordes an Oswald noch gewisse Plausibilität hat), sondern eben auch jener Clay Shaw, der ja dieselbe Nummer in seinem Notizbuch hatte.

Was mal wieder meine alte These stützt, daß man nicht nur den eigentlichen Schlüssel (den es hier ja gar nicht mal so direkt gibt), sondern immer auch die Gödel-Nummer des Algorithmus und was man sonst noch “raten” muß (oben WH) betrachten muß. Wenn es keinen Schlüssel gibt und dann der Algorithmus zwischen Chiffre und gewünschtem Klartext zurechtgestrickt wird, ist das ähnlich faul wie wenn man einen beliebigen Schlüssel wählt, nur daß die Willkür besser getarnt wird.

Ach ja: Meine Lieblings-Verschwörungstheorie zum Tod von JFK ist übrigens die, daß JFK gar nicht ermordet wurde. (Nein, kein Elvis-lebt-Schwachsinn.) Die Theorie, die angeblich in dem Buch “Mortal Error” von Bonar Menninger veröffentlicht wurde und von einem Ballistik-Experten namens Howard Donahue stammt, geht ungefähr so:

Tatsächlich wurde auf den Präsidenten geschossen, das war wohl auch Oswald. Unstreitig ist, daß der erste Schuß den Präsidenten nur am Hals streifte und in den Bordstein gegenüber einschlug. Da kann man noch heute eine abgesplitterte Stelle sehen, von der sie behaupten, daß das die Stelle wäre. Bezüglich dieses ersten Schusses gibt es auch kaum Meinungsverschiedenheiten.

Erst danach geht der Streit los, etwa mit der Magic-Bullet-Behauptung, daß die Kugel durch Kennedy durch gegangen sei, dann in der Luft kehrt gemacht habe, zur Seite gerutsch sei, um erst danach durch den vorderen Beifahrer zu sausen. Oder so ähnlich.

Donahue geht nun einen ganz anderen Weg: Die Verletzung Kennedys aus dem nachfolgenden Schuß, dem der halbe Schädel wegflog, ist typisch für Hochgeschwindigkeitsmunition. Aus einer Beschädigung an der Frontscheibe folgert er, daß der Schuß nicht von oben gekommen sein kann, sondern horizontal von hinten gekommen sein muß.

Und genau hinter Kennedy, mit ein paar Metern Abstand, fuhr ein offenes Cabrio des Secret Service. In der damals üblichen Weise hatte das Auto, wie auch das Kennedys, hinten zwei Trittbretter und Griffe für Secret-Service-Beamte, die da in Bereitschaft mitfuhren um sofort abspringen zu können, wenn was passiert. Zwischen sich auf dem Kofferraumdeckel hatten die ein Gewehr befestigt, ein AR-15 rifle, angeblich eine Variante des Vietnam-Gewehres M-16. Angeblich war das Gewehr genauso ein Mist wie das M-16. Beispielweise soll die Sicherung nicht viel getaugt habe. Nach dem ersten Schuß sei beim Secret Service natürlich die Hektik ausbrochen, und die Beamten seien losgesprungen. Dabei habe einer das Gleichgewicht verloren und sei an den Abzug des Gewehrs gekommen, das vom Kofferraumdeckel aus gerade nach vorne geschossen und Kennedy erwischt habe – fast zeitgleich mit Oswalds zweitem Schuß. Oder so ähnlich. Man müßte das Buch mal lesen.

Das hieße, daß Oswald zwar versucht habe, Kennedy zu erschießen, es aber nicht geschafft hätte, und Kennedy dabei versehentlich vom eigenen Secret Service erschossen worden wäre, was auch einige seltsame Verhaltensweisen des Secret Service und den Versuch, eine Verschwörung zu beweisen, erklären würde.

Ich weiß nicht, ob das stimmt. Aber die Theorie gefällt mir am besten, die ist nach meinem Geschmack.