Ansichten eines Informatikers

Der Trottel

Hadmut
16.3.2020 20:04

Von einem, der blindwütig seinen Krieg gegen Grenzen führt.

Wir haben gerade einen epochalen Clash. Einen Zusammenprall.

Eben noch ging es darum, die Staaten und die Grenzen abzureißen, alles in eine grenzenlose Suppe beliebiger Freizügigkeit zu verwandeln, auf dass es keinerlei Schutz mehr dagegen geben könne, von allen Menschen der Welt einfach so überrannt zu werden, und mithin auch keinerlei Kapital, keine Leistung, keinen Besitz mehr, weil sich die Menschenmasse sofort in Bewegung setzen würde, sobald ruchbar würde, dass es irgendwo irgendwas gäbe. Das Ende der Menschheit, weil keiner mehr anbauen wird und kann, wenn wirklich jeder zum Essen kommt.

Ich habe oft geschrieben, dass ich Sozialisten und Kommunisten für dumm halte, und manches Mal auch, warum. Einer der Gründe, die ich dabei aufgeführt habe, ist, dass ich der Auffassung bin, dass Staaten nicht etwa zufällig oder durch fiesen Kapitalismus oder üble Rassisten so gewachsen sind, sondern eine Folge eines Optimierungsprozesses über Jahrhunderte. Wenn ein Staatsgebilde größer wird, so gibt es zwei gegenläufige Effekte: Es gibt Vorteile, Einsparungen, Synergieeffekte. Und es gibt negative Effekte. Die Wege werden zu lang, der Umfang zu groß, die Menschen zu viele, es wird immer schwieriger, einheitliche Politik zu machen, eine Sprache zu sprechen, wenn so viele daran beteiligt sind.

Deshalb können beispielsweise auch Tiere nicht beliebig groß werden, und je größer sie sind, desto mehr haben sie mit Problemen zu kämpfen. Sind sie zu klein, sind sie aber zu schwach.

Irgendwo in der Mitte, und das hängt dann von ganz vielen Faktoren ab, ist das Optimum. Und ich glaube, dass sich die Staaten über die Jahrhunderte relativ stark diesem Optimum angenähert haben. Trial and Error. Man sieht das an künstlich zusammengepappten Ländern wie Yugoslawien oder der Tschechoslowakei oder auch der Sowjetunion: Funktioniert nicht. Zerfällt wieder.

Und genau so etwas erleben wir gerade weltweit und auch in Europa im Zeichen der Corona-Virus-Krise. Ständig wurde uns vorgegaukelt, dass da ein großes, vereinigtes Europa, und eigentlich auch gleich die ganze grenzenlose Welt das Ideal sei, und die Vereinten Nationen im Prinzip schon so eine Art Weltregierung als Räterepublik seien. Das war schon bei schönem Wetter ehrlich nicht haltbar, nur mit massiver Propaganda der Presse. Nun gibt es ein Problem, und der ganze Zauber fällt in sich zusammen, denn sofort muss man Grenzen aufbauen und Reisen verbieten, um die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen.

Das Prinzip ist nicht neu, es hat sich oft und schon lange bewährt: Divide and conquer. Divide et impera. Teile und herrsche. So, wie jedes ordentliche Schiff Schotten hat, die bei Wassereinbruch geschlossen werden, damit das Wasser nicht sofort alles erfasst. So, wie man Computernetzwerke segmentiert und mit Firewalls schützt. So, wie man ein Gebäude in Brandabschnitte teilt, die im Brandfall durch Brandschutztüren, Rauchvorhänge und dergleichen trennt. Schadensbegrenzung.

Das passt natürlich Kommunisten nicht in den Kram, die von einer grenzenlosen Welt träumen, in der jeder beliebig hin- und herreisen kann. Sie halten den Kapitalismus für die einzige und alleinverantwortliche Gefahr und Übelsursache, sehen aber nicht ein, dass es Gefahren gibt, die durch Freizügigkeit und Grenzenlosigkeit verteilt werden. Entsprechend toben sie und spucken Gift und Galle.

Er kapiert’s nicht.

Es macht sehr wohl einen Unterschied, denn Metz ist in einer anderer Regierungszuständigkeit als Saarbrücken oder Karlsruhe.

Außerdem gibt es noch Gründe, die in der Entfernung liegen. Man soll eben nicht von Metz nach Karlsruhe fahren, selbst dann nicht, wenn man in Saarbrücken wohnt. Es geht darum, dass die Viren nicht über lange Strecken transportiert werden. Dazu braucht man Grenzen. Dass nun Metz auf auf einer Seite und Saarbrücken und Karlsruhe auf einer anderen Seite der Grenze liegen, ändert nichts daran, dass man eine wirksame Grenze braucht. Also ob man bei einem Wassereinbruch in einem Schiff auf das Schließen der Schotten verzichten würde, weil ein Trottel fragt, wo denn jetzt der Unterschied darin liege, ob er im Schiff nach vorne oder nach hinten laufe. Wenn man den Trottel nach vorne und nach hinten laufen ließe, wäre der Trottel froh, aber das Schiff sänke schnell, weil das Wasser eben auch durchläuft.

Realitätsverweigerung. Die Beschränkung auf das haptisch-emotionale Denken.

Wenn ihm kleine Mädchen sagen, dass die Erde überkocht und wir in zwanzig, dreißig Jahren nach irgendwelchen Modellen jämmerlich sterben werden, dann fährt der voll drauf ab und ist im totalen Krisenzustand, und packt jede Polemik gegen jeden aus, zieht alles ins Lächerliche, nicht, weil er die Klimaerwärmung irgendwie verstehen würde, sondern einfach, weil sie ihm in sein kommunistisches Weltbild passt. Wir werden alle irgendwann sterben.

Ist die Bedrohung aber ganz konkret und unmittelbar da, und nicht nur in irgendwelchen Modellprognosen, gibt es ganz direkt so richtig echte Leichen, kapiert der das inhaltlich nicht mehr, weil das zuviel mit Realität zu tun hat, der dem Geisteswissenschaftler so wenig zupass kommt wie dem Rennfahrer der Brückenpfeiler mitten auf der Straße (und es ist dem Brückenpfeiler schlicht egal, ob der Rennfahrer ihn mag oder ihn akzeptiert), dann kapiert er es inhaltlich nicht, und er akzeptiert es auch auf moralischer Ebene nicht, weil es nicht in seine kommunistischen Ideale passt.

Selbst der Dumme könnte ja noch sagen, dass er das mit den Viren nicht versteht, aber sich einfach mal dran hält, weil man sich nicht in allem auskennen kann, aber das jetzt einfach mal akzeptiert, dass wir alle zuhause bleiben, bis das Ding unter Kontrolle ist. (Ich persönlich bin ja der Meinung, dass selbst dann, wenn sich das Ding bei uns nicht so gefährlich verhält wie etwa in Italien es trotzdem eine überaus wichtige Übung und Probe ist, damit unseren dummen Journalisten und Politikern endlich mal vor Augen geführt wird, dass wir hier nicht immer nur Schönwetter haben, auf die schwarze Null pfeifen und das Geld für Gender verpulvern können. Ich bin überaus froh darüber, dass wir endlich mal wieder etwas Reales auf der Tagesordnung haben und nicht alles in Geschwätz und Geschwurbel versinkt. Nur weil wir so eine lange Phase des realitätsunabhängigen willkürlichen Geschwätzes hatten, konnten Leute wie Augstein überhaupt entstehen.)

Ja. Und genau deshalb machen wir das mit der Isolation, damit das nicht alles auf einmal kommt.

Ja. Dann wird die eben dauern. Weil das kein Argument ist, auf die Isolation komplett zu verzichten, wie Augstein will.

Der hat Angst um die mühsam aufgebaute Durchmischung und Grenzenlosigkeit. Vielleicht auch schnöde um seine Zeitung, den Freitag, oder den SPIEGEL. Denn die kaufen ja dann auch immer weniger Leute, wenn die Läden zu sind und die Leute zuhause bleiben.

Wieso können sich überhaupt Zeitungen halten, die von Leuten gemacht werden, die einfach so glauben, man könne mal eben die Zahl der Betten drastisch erhöhen. Kürzlich ging es noch darum, dass wir zuviele Krankenhäuser hätten und die Zahl halbiert werden soll, weil wir das Geld für Migranten brauchen. Und jetzt plötzlich sollen wir innerhalb von zwei Wochen die Zahl der Betten drastisch erhöhen können?

Nur mal so als Anmerkung: Betten hinstellen reicht nicht, wir sind da nicht im Notaufnahmelager oder der Flüchtlingsunterkunft. Da müssen auch Ärzte, Pflegepersonal, Geräte rund um das Bett. Die lassen sich aber nicht von heute auf morgen schnitzen.

Apropos: Augstein war doch immer so für Frauenförderung. Ich bin ja mal in Hamburg bei der Netzwerk-Recherche-Konferenz bezüglich der Frauenförderung im Journalismus mit ihm zusammengerasselt. Während die Zahl der Medizinabsolventen konstant ist, ist die Zahl der Absolventen, die danach ins Ausland zurückgehen, mit der Migrantenquote gestiegen, und die Zahl derer, die ihren Beruf nie ausüben oder nur halbtags tätig sind, mit der Frauenquote. Ich war hier mal in Berlin bei einer sehr guten Zahnärztin, die dann auf einmal einfach weg war. Mutterschaftsurlaub. Als ich neulich nachgefragt habe, ob sie jetzt nicht nach Jahren irgendwann wiederkommt, hieß es in der Praxis, das werde wohl nichts mehr, die habe da ein größeres Projekt draus gemacht und werde auf absehbare Zeit nicht mehr aus dem Mutterzustand mehr zurückkommen. Es sei ihr herzlichst gegönnt, sie war sehr nett und sehr gut, ich gönne ihr einfach alles, aber der Studienplatz war dann doch mehr oder weniger vergeudet. Hätte ein Mann studiert, hätte der Steuerzahler daraus mehr Behandlungsstunden gewonnen.

Und derselbe Frauenförderheini kommt nun daher und meint, man müsse doch mal ad hoc die Zahl der Intensivstationbetten drastisch erhöhen.

Ich war mal vor 30 Jahren schwer, drastisch lebensgefährlich krank, und habe damals auch ein bis zwei Tage auf der Intensivstation gelegen. Das macht mich nicht zum Fachmann, zumal die mir damals eine Ladung „Alles gut” in den Tropf gemischt hatten. Aber ich habe so eine ungefähre Erinnerung, wie aufwendig das war, wieviel Technik und wieviele Leute da waren, um sich um mich zu kümmern. Die hieß nicht umsonst „Intensivstation”.

Und der meint nun, die könnte man mal eben so drastisch erhöhen? Wie die Flüchtlingsaufnahme, IKEA-Betten im Flughafen-Hangar?

Naja, die Chinesen haben sowas in der Art sogar hinbekommen, aber wir sind eben nicht China.

Das Schöne an einer echten Krise und der damit einhergehenden, nicht branchenüblichen Realitätskontakte ist, dass man da mal so richtig gut sieht, wer was in der Birne hat und wer Dummschwätzer ist.

Die sind auch gut:

Es heißt zwar, das sei Satire der „Partei”, aber erstens ist unsere Politik von Satire nur noch dann zu unterscheiden, wenn sie schlimmer ist, als die Satire sein könnte, und zweitens beschreibt das gewisse Bevölkerungsteile sehr gut, man vergleiche Augstein.

Irgendwie haben wir uns da so einem sozial-moral-Brei gekocht, der nicht mehr in der Lage ist, die Realität wahrzunehmen.