Ansichten eines Informatikers

Auch das Veröffentlichen ist strafbar

Hadmut
19.5.2019 23:53

Herrje, Leute!

Weil mich gerade elfundzwanzig Leute anmailen, ob man das heimliche Aufnehmen des Strache-Videos auf Ibiza nicht in Spanien nach spanischem Recht verfolgen müsste:

Ja, schon.

Aber deshalb habe ich extra den § 201 StGB ausgeführt. Nicht nur das Aufnehmen, auch das Zugänglichmachen an Dritte oder das öffentliche Mitteilen ist strafbar. Nach deutschem Recht. Und das ist (auch) in Deutschland passiert.

Lest’s halt.

Und wer meint, dass das aber doch zweifellos ein „öffentliches Interesse” sei, und mich jetzt wieder jede Menge Leute anmailen: Lest bitte erst mal BVerfGE 66,139. Darin haben die sich damit befasst. Die sagen zwar, dass auch solche heimlichen Aufnahmen unter gewissen Voraussetzungen unter Pressefreiheit, öffentliches Interesse fallen können. Aber wenn das ganze unter Täuschung aufgenommen wurde, und das wurde es hier, dann muss es ein ganz einseitiges öffentliches Interesse geben.

Wenn hier aber ein Politiker, Vizekanzler gar, zurücktritt, eine Koalition zerbricht und Neuwahlen fällig werden, kann man jedenfalls nicht von einem rein einseitigen Interesse zugunsten der Öffentlichkeit ausgehen.

Ich bin deshalb der Meinung, dass auch das Veröffentlichen hier strafbar ist (und kann es im Gegensatz zu Blubbernauten wie Lobo auch begründen).

Schauen wir nochmal in Artikel 5 GG:

Art 5 GG
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Das heißt, dass auch die Pressefreiheit ihre Grenzen in Absatz 2 findet. Und der Schutz des nichtöffentlichen Wortes, vor allem unter Täuschungsumständen, hat nun einmal auch erheblichen Schutzrang.

Alle regen sich über die automatisierten Moralbewertungen in China auf. Wenn wir aber Menschen dafür freigeben, getäuscht und abgehört zu werden, dann sind wir da nicht besser.

Davon ganz abgesehen: Die Sache mit den geheimen Mikrofonen und der Kompromittierung durch Lustdamen war halt auch typisch Stasi.