Ansichten eines Informatikers

16:30 – 17:30: Im Visier der Meute

Hadmut
1.7.2018 0:06

Es sollte ein ruhiger Abschluss meines Konferenzbesuches der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche werden.

Nachdem ich mich gerade so über diese Medienmacher-Veranstaltung geärgert hatte, dachte ich mir, suchste Dir zum Abschluss noch was ruhiges aus, wo einer, der was zu sagen hat, was sagen darf.

Also bin ich zum Gespräch (eine 1-Personen-Talkshow, wenn man so will) zwischen Julia Stein vom NDR und Wolfang Kubicki von der FDP gegangen, darüber, wie der die Medien sieht. Aus gegebenem Anlass mache ich hierüber zwei Artikel, nämlich diesen über das Gespräch, und einen über etwas, was später noch passierte.

Ja, das war eigentlich ruhig und angenehm, und auch durchaus interessant, was der so erzählte, immerhin ist er auch Vizebundestagspräsident und Strafverteidiger. Er erzählte einiges, nicht ohne reichlich Seitenhiebe, und darüber, wie sich die Medien in Berlin von denen in der Provinz unterschieden, wie in Berlin immer alles mit höchster Geschwindigkeit gehen müsse. Oder dass er selbst immer bei einer gewissen Distanz bleibt, sich mit den Leuten nicht verbrüdert oder enger anfreundet, nicht duzt und so weiter mehr. Auch dass er sich über einige schon geärgert hat, und dass aber auch immer alles rauskomme. Es gäbe schlicht nichts, was geheim bleiben könne.

Oder dass Kachelmann Opfer eines Streites zwischen Burda und Springer geworden sei.

Vor allem einen Punkt fand ich sehr interessant. Nicht so sehr, weil die Realität so ist, das wusste ich vorher schon, sondern dass ein deutscher Politiker diesen Standpunkt so äußert. Nämlich dass sie inzwischen stärker als die Medien werden. Dass sie als Politiker auf die Medien nicht mehr angewiesen sind, sondern mittlerweile selbst mit hoher (oder sogar höherer) Reichweite in die Social Media publizieren könnten. Medien seien zwar weiterhin wichtig, aber nicht mehr notwendig.

Und dazu erzählte er eine Anekdote, die voll trifft:

Ein Journalist der Zeitung X habe ihm mal direkt gesagt, er werde ihn jetzt „runterschreiben”. Kubicki habe ihm ganz cool geantwortet, dass ihn das bei deren geringer Reichweite und Leserzahl nicht mal jucke, aber dass der Journalist mal darüber nachdenken solle, was passiere, wenn er, Kubicki, mit seiner größeren Reichweite in sein Blog/auf seine Webseite schreibe, dass er jetzt sein Abo der Zeitung X gekündigt habe. Dann bekämen sie ernsthafte Probleme.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, was genau ich davon halten soll, ob ich mich freuen soll, dass Politiker von Journalisten nicht mehr so erpressbar sind, oder mich darüber ärgern soll, dass Journalisten von Politikern erpressbar sind. Aber es beschreibt den neuen Zustand sehr gut.

Er meinte auch, es gäbe da (mir fällt nicht mehr ein, woher er das hatte) die Erkenntnis, dass bis spätestens 2030 von der Printpresse fast nichts mehr übrig sein werde.

Kubicki machte auf mich eine positiven Eindruck, mit dem kann man sich gut unterhalten, der weiß auch was zu erzählen und ist ein gescheiter Mensch, aber man merkt eben auch, dass er erstens Selbstbewusstsein hat, und zweitens von dem ganzen Laden nicht mehr abhängig ist, der ist ja noch Strafverteidiger oder hat seine Schäfchen im Trockenen, und sich deshalb vieles einfach nicht mehr gefallen lässt. Ecken und Kanten hat der schon.

Aber das fand ich gut, dem da noch zuzuhören, mir dann draußen eine Portion Pommes einzuwerfen und dann in Ruhe zum Bahnhof und dann nach hause zu fahren.

Und doch gibt es da noch was, sowas ganz anderes, worüber ich im nächsten Blog-Artikel schreiben werde.