Ansichten eines Informatikers

Das Ministerium für Wahrheit wird gegründet

Hadmut
23.12.2016 15:59

Wieder ein Schritt in Richtung von George Orwells 1984.

Oder: Wenn „gaga” Regierungsrealität wird.

Vor gerade mal zwei Wochen schickte mir ein Leser einen Link auf eine Nachrichtenseite, wonach die Bundesregierung ein „Faktenministerium” plane.

Durch die Verbreitung von Falschmeldungen im Internet sowie durch das Aufkommen populistischer Parteien geht es in der politischen Debatte immer weniger um Fakten, sondern um Meinungsmache und Emotionen. Nachdem die Gesellschaft für Deutsche Sprache den Begriff „postfaktisch“ nun sogar zum Wort des Jahres 2016 gekürt hat, will die Bundesregierung mit der Einrichtung eines „Faktenministerium“ auf diese Entwicklung reagieren, um die Bürger im anstehenden Bundestagswahlkampf frühzeitig mit wirklich wahren Fakten zu versorgen.

Ich habe schon darüber nachgedacht, wie man das in einen Blog-Artikel zu George Orwell, 1984 und das „Ministerium für Wahrheit” aus diesem Roman schreiben könnte, als ich mir bei der Recherche den Artikel, den ich nur unterwegs auf dem Handy gelesen hatte, nochmal genauer angesehen hatte: Das Morgengagazin. Gaga. Mit g. Nicht mit m.

Huch, dachte ich, fast wäre ich drauf reingefallen. So weit ist es schon gekommen, dass man unserer Bundesregierung derartigen Blödsinn ohne weiteres und jederzeit zutraut.

Heute dann die Meldung: Sie machen das wirklich.

(Hat ein Satiriker eigentlich eine geniale Vorausschau, wenn er die Zukunft so vorhersagt, oder hat er versagt, weil die Satire dann ja keine Überspitzung war?)

Golem, SPIEGEL und eigentlich auch fast alle anderen schreiben das auch. Denn Journalisten wollen alle dafür bezahlt werden, dass sie alle voneinander abschreiben oder Agenturmeldungen durchreichen, und so schreiben wieder ganz viele darüber, dass der SPIEGEL berichtet, also mal wieder die Feigenblattnummer unverschämten ungeprüften Quer-Abschreibens, und dann beschweren die sich über die Verbreitung von „Fake News”.

Vergangene Woche dann überboten sich die Politiker mit Vorschlägen, welche Gesetze gegen sogenannte Fake News wirken könnten. Jetzt kommt nach SPIEGEL-Informationen aus dem Bundesinnenministerium ein neuer Vorschlag. Im Kampf gegen Falschnachrichten in den sozialen Netzwerken schlägt das Haus von Thomas de Maizière (CDU) vor, ein “Abwehrzentrum gegen Desinformation” einzurichten. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)

“Mit Blick auf die Bundestagswahl sollte sehr schnell gehandelt werden”, schreiben die Beamten von Minister de Maizière in einem aktuellen Vermerk, der dem SPIEGEL vorliegt. Darin heißt es weiter: “Da der Schwerpunkt bei der Öffentlichkeitsarbeit liegt, sollte die Federführung für diese zu schaffende Bündelungseinheit beim Bundeskanzleramt (Bundespresseamt) angesiedelt werden”, also der mehr als 500 Mitarbeiter großen Behörde von Angela Merkels Sprecher Steffen Seibert.

Besonders anfällig sollen Russlanddeutsche und Türkischstämmige sein

Als besonders anfällige Bevölkerungsgruppen hebt das Papier “Russlanddeutsche” sowie “türkischstämmige Menschen” hervor, bei denen eine “Intensivierung der politischen Bildungsarbeit” erfolgen solle.

Zudem legt das Bundesinnenministerium den Parteien nahe, sich noch vor den nächsten Landtagswahlen auf Grundregeln des Wahlkampfes und gegen den Einsatz von Social Bots und Fake News zu einigen. “Die Akzeptanz eines postfaktischen Zeitalters käme einer politischen Kapitulation gleich”, schreiben die Beamten.

Ein Ministerium für Wahrheit nach Orwells Zuschnitt, und Wahrheitsminister wird Steffen Seibert. Ausgerechnet der Seibert, der immer alles so propagandistisch-opportunistisch-weichgespült schönredet.

Ausgerechnet die Bundesregierung, die ja auch im Fall Berliner LKW-Anschlag gerade mal wieder voll im Nebel tappt, ausgerechnet die will der Bevölkerung die Wahrheit verkünden.

Wahrscheinlich werden die dann direkt mit der Facebook-Zensurstelle zusammengelegt.

Ist Euch mal aufgefallen, wie oft bei uns die Satire nicht mehr mit der Realität mitkommt und von der überholt wird?

Man kann’s nicht anders sagen: Satiriker sind von dieser unserer Bundesregierung echt überfordert.