Ansichten eines Informatikers

Facebooks Sperrmechanismen

Hadmut
25.10.2016 21:04

Gelegentlich fragen mich Leser, warum ich nicht bei Facebook schreibe. Da hätte ich doch viel mehr Leser.

Oder auch gar keine mehr. Denn die Saat von Maas geht auf: Ähnlich wie man das auch schon bei Twitter und dem Google Suchindex erlebt hat, wird das Sperren auch (teil-)automatisiert und damit automatisch gesperrt, wenn sich nur genügend viele Leute beschweren. Und zwar selbst dann, wenn in Texten oder auf Bildern gar nichts beschwerdefähiges enthalten ist, wie etwa Katzenbildern. Das Ergebnis: Wie man politische Gegner im Internet unauffällig kaltstellt.

Solange sich nur genügend viele Leute zusammenrotten (und die müssen bekanntlich ja nicht mal echt sein, es können auch Fakes, Bots, Agenturen dahinterstecken, und es finden sich ja auch in Parteien, Studiengängen, Lobbygruppen immer genug Leute), kann man jeden Inhalt rauskicken, egal ob der Inhalt rechtswidrig oder anstößig ist oder eben auch nicht.

Die Politik hat da so ein richtig fieses, dreckiges Zensursystem etabliert, mit dem der Staat (und damit der Grundrechtsverpflichtete) scheinbar nichts zu tun hat und die Zensur durch Diffamierungstruppen erfolgt.

Hätte man noch ordentliche Juristen, würde sowas längst als vertrags- und sittenwidrig eingestuft, aber die Juristen sind ja selbst längst auf diesem Trip.

Man wird sich also überlegen müssen, wie man künftig noch seine Meinung äußern kann. Man sollte tunlichst die Finger von großen, insbesondere amerikanischen Providern lassen und auch keinesfalls Dienstleister auf Content-Ebene beauftragen, sondern sich einen höchstens mittelgroßen Hoster suchen und sich eine eigene Maschine hinstellen oder eine auf Hardware- oder auch noch virtueller Ebene mieten. Es gibt auch noch Webhoster, denen man einen HTML-Baum hochlädt, aber das sehe ich dann schon langsam kritisch, weil der damit schon Zugriff auf Dateiebene bekommt. Ich halte es für wichtig, dass man selbst als Betreiber des Servers auftritt, damit irgendwelche Sperrversuche immer an einen selbst gehen müssen.

Da sind wir auch wieder an dem Punkt, mit dem ich mich neulich auf der Pressesprecherveranstaltung unbeliebt gemacht habe: Wir sind zu doof (oder zu politisch verdreckt) um unseren Kram selbst zu hosten und die Verantwortung selbst zu übernehmen. Es muss immer alles beim „großen Bruder” abgeliefert und damit zwischen Mainstream und Meinenden immer eine Zwischenschicht eingezogen werden.

Das dreckige daran ist nämlich auch: Wer gesperrt wird, ist rechtlich praktisch chancenlos, denn er muss sich gegen ein Milliardenunternehmen in den USA wehren und steht vor dem Problem, dass ihm amerikanische Grundrechte wie Redefreiheit als Nichtamerikaner in Europa ja nach amerikanischer Lesart gar nicht erst zustehen, er also gar keine Rechtsposition hat. Die, die diese Sperren betreiben, Leute wie Maas, Internet-Agenturen, Politagitatoren, Ideologen, stecken zwar dahinter, sind rechtlich gesehen aber gar nicht betroffen und müssen keine Haftung oder Rechtsstreitigkeiten fürchten.

Das Ergebnis ist pervers: Man muss gar nicht mehr gegen irgendein Recht verstoßen, es genügt schon, wenn sich genügend viele Leute (ob echt oder fake) daran stören.

Allerdings hält sich mein Mitleid mit den Gesperrten jetzt auch in gewissen Grenzen. Es gelten mal wieder die alten Weisheiten wie „You get what you pay for” und „There is no free lunch”. Letztlich kann man auch nur sagen, dass jeder daran auch irgendwo selbst schuld ist, der glaubt, dass ein externern Dienstleister sich freuen würde, es ihm so ganz kostenlos zu besorgen. Facebook konnte sich nur etablieren, weil Geiz und Naivität zentrale Triebe sind.

Wer sich jetzt fragt, wie es dazu kommen konnte?

SPD.

Wer wählt sowas?