Ansichten eines Informatikers

Über Wokeness, Erdkunde und den erstaunlichen Zusammenhang zwischen Japan und dem Ärmelkanal

Hadmut
28.11.2025 2:43

Da wächste eine Generation von Idioten heran.

Geographie ist schon zu schwer.

Man wettert ja ständig und immer gern gegen die Kolonialisierung, und das auch gerne am Beispiel von Landkarten.

Fällt Euch ein Fehler auf? Ich weiter unten darauf zurück.

Jedenfalls fällt das in das Großthema Mercatorprojektion, das Thema habe ich vor Jahren ja schon durchgekaut. Es gibt nun einmal keine Projektion der Kugel in die Ebene, die flächen-, geraden- und winkeltreu ist, irgendwas muss man immer opfern. Und weil der gute Mercator damals Karten brauchte, mit denen man Navigieren kann, und es beim Navigieren völlig schnurz ist, ob man Afrika antirassistisch abbildet, sondern die zum Navigieren mit Kompass und Sextant so wichtigen Loxodrome, weil man Orthodrome unterwegs (ohne Computer) einfach nicht berechnen kann, auf der Karte als Gerade darstellt und mit dem Lineal einzeichnen oder ausmessen kann.

Eine Orthodrome ist auf der Kugel der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten – hat aber das Problem, dass sich der Kurse – magnetisch bzw. rechtweisend gegenüber Nordpol ständig ändert, und man das mit analogen Mitteln früherer Jahrhunderte nicht berechnen kann. Heute, mit GPS und Bordcomputer, kann man das. Damals konnte man es nicht. Deshalb braucht man Wege von A nach B, die zwar nicht die kürzesten sind, aber die Besonderheit haben, dass der Winkel gegenüber den Meridianen – also der Kurs den man fährt, konstant bleibt. Und wenn man die Karte so projizieren will, die Erde so abbilden, dass eben solche Loxodrome, Wege von A nach B, die jeden Meridian unter demselben Winkel schneiden, als Gerade erscheinen, wenn die Meridiane genau gerade von oben nach unten erscheinen, damit man sie mit dem Lineal als „Rechenmaschine“ errechnen und bestimmen kann – dann muss die Karte winkeltreu sein. Und das läuft zwingend auf die Mercator-Projektion hinaus.

Kapieren die Generationen nach den Boomern nicht mehr. Die sind nicht mehr mit Kompass und Karte durch den Wald gerannt. Haben in Erdkunde nur noch Kolonialismus-Scheiß gehört.

Und nachdem ich dem auf den obigen Tweet eine Antwort gegeben habe, dass ich einem 5-Jährigen sagen würde, dass er leider warten muss, bis er das in Erdkunde und Geometrie dran hatte, damit er das verstehen kann, blökte mich einer auf deutsch blöd an.

Unter anderem damit:

Mal ganz abgesehen davon, dass Texas auf dieser Karte gar nicht drauf ist und auf Mercator-Karten ungefähr so groß wie Deutschland oder Polen abgebildet wird, was ja von der Größenordnung auch ungefähr stimmt (ca. 1100 km hoch, ca. 1100 km breit), will ich mal diese Frage in den Raum stellen – und das ist jetzt wirklich für Fortgeschrittene, für Geometrie- und Projektionsprofis, für den wirklichen Fachmann:

Warum erscheint der Ärmelkanal auf Mercatorkarten ungefähr so breit wie Japan?

Na?

Wer weiß es?

Der Ärmelkanal und Japan erscheinen auf Mercatorkarten deshalb ungefähr gleich breit, weil …

– TROMMELWIRBEL –

… beide ungefähr gleich breit sind.

* TUSCH *

Der Ärmelkanal hat zwar eine schmale Stelle mit etwa 34km, aber so im Allgemeinen ist er so zwischen 100 und 200 km breit. Genau wie Japan. Warum also sollte er auf der Mercatorkarte nicht genauso breit erscheinen?

Wollen die einen verarschen, wollen die die Öffentlichkeit (und ihre Generation) täuschen, oder sind die so blöd?

Ich habe mal die beiden Längenangaben auf der oben angegeben Karte nachgemessen.

Afrika stimmt ungefähr.

Aber: Misst man Russland, gibt einem Google Maps inzwischen nämlich die kürzeste Entfernung an. Und das ist die Orthodrome, und nicht die Loxodrome, wie in diesem Tweet oben eingezeichnet. Das sind nämlich Geraden und Gerade auf einer Mercatorkarte sind Loxodrome. Google Maps, womit man das wohl gemessen hat, und auch alle anderen mir bekannten Entfernungsanwendungen, messen aber Orthodrome, also die kürzestmögliche Entfernung. Und das ist ein Unterschied.

Wenn Ihr auf der Karte schaut, wie man von Berlin nach New York kommt, denkt man ja so, dass man da direkt von rechts nach links gerade fliegt. Auf einer Geraden. Denkste, das ist die Loxodrome. Die würde man fahren, wenn man mit dem Segelschiff ohne GPS und Bordcomputer, nur mit Kompass fahren würde. Nehmt mal einen Globus und einen Bindfaden oder eine Gummiband und bestimmt mal damit die kürzeste Verbindung, indem ihr es möglichst straff durch beide Punkte Berlin und New York zieht.

Was seht ihr?

Genau, der Faden geht nicht entlang der „gerade Linie“ auf der Karte, sondern oben über Grönland. Das sieht auf der Karte wie ein Riesen-Umweg aus, ist aber kürzer, weil man auf der Kugel die Abkürzung am Nordpol vorbei nimmt.

Und was bekomme ich, wenn ich bei Google Maps eben diese oben abgebildete Entfernung messe?

Ich bekomme die kürzeste Entfernung, nämlich die Orthodrome, die aber auf einer Mercator-Projektion ganz krumm aussieht, während die längere Loxodrome, die einen längeren Weg fährt, aber dafür immer denselben Winkel (=Kompass-Kurs) zu den Meridianen hat, und deshalb mit einem Kompass gefahren werden kann (und außerdem die Polkappen vermeidet, da tut man sich mit Segelschiffen auch recht schwer).

Zieht man die Entfernungsmessung durch Zwischenpunkte aber so hin, dass sie ungefähr der Loxodrome, also einer horizontalen Gerade, entspricht, ist man dann schon bei 7500 km:

Das ist zwar immer noch verzerrt und überdimensional gegenüber Afrika, und eben der Projektion geschuldet.

Es zeigt aber, dass diese Leute, die sich da aufregen, dass Karten nicht flächentreu seien und Afrika kolonialistisch benachteiligten, keine Ahnung haben, was sie da tun, und Orthodrome und Loxodrome nicht unterscheiden können – aber eine große Klappe haben, Politik machen und Kartenprojektionen bestimmen wollen.

Und das könnt Ihr Euch dann vorstellen, was dabei herauskommt, wenn solche Leute Landkarten machen.

Die Mercator-Projektion wurde 1569 von Gerhard Mercator entwickelt. Fast 500 Jahre lang konnte man damit prima navigieren. Was man, zugegebenermaßen, im Zeitalter von GPS heute anders macht, heute fährt man nicht mehr unbedingt Loxodrome, zumal man auch noch Wind, Strömungen, Schiffahrtsstraßen berücksichtigt.

Aber stellt Euch mal vor, GPS und die Konkurrenzdienste fallen aus. Krieg. Hack. Mangelnde Wartung.

Und dann?

Dann haben wir so Scheiß-Karten, auf denen Afrika politisch korrekt groß eingezeichnet ist, aber sonst gar nichts stimmt.

Oder eben gar keine. Bisher hat nämlich noch keiner eine nichtlächerliche, wirklich brauchbare Projektion vorgeschlagen. Man versucht dann, die Erde in Schnitze wie Orangenschalen aufzuteilen.

Der eigentliche Knackpunkt ist, dass die einzig wirklich taugliche Kartenprojektion einfach gar keine ist, und den Kindern im Unterricht einen Globus hinzustellen.

Das Problem daran ist, dass die heutige Generation das Konzept Globus nicht mehr kapiert. Die kennen nur noch das Konzept Bildschirm, da muss alles plan sein, und dann bekommen sie eine Heulkrise, weil genau das eben aus mathematischen Gründen schlicht nicht geht. Man kann eine Kugel nicht fehlerfrei in eine Ebene und damit auch nicht auf einen Bildschirm oder planes Papier abbilden. Es geht nicht. Versucht mal, eine Kugel faltenfrei in Geschenkpapier einzuwickeln.

Und das kapieren diese Leute nicht mehr.

Ich bin mir nur noch nicht ganz sicher, ob das schon die nicht mehr kapieren, die mit solchen Tweets auf Dummenfischen gehen – oder nur die, die darauf hereinfallen.

Gibt es eigentlich noch Erdkundeunterricht? Oder wurde der durch Antikolonialismus ersetzt?

Ist die ganze Generation zu doof für Erdkunde?

Oder ist es vielleicht sogar so, dass die durch den Gebrauch von Flachbildschirmen und Tablets gar nicht mehr verstehen, dass die Erde rund, eine Kugel ist, das zwar – natürlich – noch sagen, um nicht den Querdenkern zugerechnet zu werden, aber intellektuell nur noch die Vorstellung haben, dass die Erde flach ist und man sie deshalb gerecht kartographieren kann?

Schade eigentlich. Hätte man nämlich Karten, auf denen Länder flächentreu dargestellt werden, würde man merken, was für eine bekloppte Idee es ist, Afrika nach Deutschland einwandern lassen zu wollen.

Aber vielleicht ist genau das das Problem bei dieser Migrationsgier: Das Unverständnis – Schwester der Zahlenblindheit – sphärische Geometrie und die Größenverhältnisse zwischen Deutschland und Afrika zu verstehen.

Aber eine große Klappe haben sie.