Expo 2020 Dubai vs. Expo 2025 Osaka, Teil 1
Ein Leser fragt an:
Schönes Video!
Frage: Welche Expo-Reise hat @Hadmut besser gefallen, Dubai oder Osaka?
Meinetwegen auch getrennt bewertet nach Expo und Land.
— Paul Breitner (@breitn20707) May 24, 2025
Das muss man wirklich völlig getrennt beantworten. Auch, weil ich ja damals nur eine Woche in Dubai war, weil ich Dubai schon gut kannte, und Corona-Maßnahmen waren.
In diesem Blogartikel also mal nur die Expo.
Obwohl sich Osaka da mit der Expo sehr viel Mühe gegeben hat, und die das auch sehr schön gemacht haben, mit kleinem Wald und Oase drin und Licht- und Wasserschows auf dem Wasser und diesem spektakulären Holzbogen, hat mir die in Dubai etwas besser gefallen.
Man muss dabei natürlich berücksichtigen, dass das erste Mal immer beeindruckender ist, als das zweite Mal.
Aber: In Dubai war weniger Stress. Man konnte da mit einer Dauerkarte hinfahren, wann man wollte, musste etwas an der Sicherheitskontrolle anstehen, und dann, wenn man drin war, tun und lassen, was man wollte. Ich hatte zwar mal einen Tag, an dem alles voll war und man fast nirgends reinkam, freundlicherweise hatten mich aber damals die Saudis aufgeklärt, dass irgendein islamischer oder arabischer Feiertag war, die Leute deshalb alle frei haben und zur Expo gehen. Am nächsten Tag sei schon wieder alles besser, was auch stimmte. Es gab zwar auch in Dubai Vorzugsreihen, für die man sich anmelden konnte und dann auf dem kurzen Weg reinkam, aber man kam auch überall mit Anstehen rein. An drei Tagen gab es fast nirgends Schlangen, und ich bin fast überall sofort, oder, wenn der Zugang in Gruppen erfolgte, mit der nächsten Gruppe reingekommen. Auf die Art und Weise habe ich in Dubai nahezu alle Pavilions besucht, weil die Expo auch räumlich in mehrere Themen-Schleifen aufgeteilt war und jede Schleife so ein Tagespensum darstellte.
Außerdem war in Dubai auch für die, die gerade nirgends drin waren, mehr geboten, weil ständig irgendwelche Gaukler, Musiker, Alleinunterhalter über das Gelände zogen und alles bespaßten, was nicht bei drei auf dem Baum war – und Bäume gab’s nicht. Da kamen dann mal Derwische oder auch irgendwelche arabischen Krieger zum Säbeltanz, und abends zogen dann illuminierte Drachen über das Gelände.
In Osaka gibt es das zwar auch, da treten auch Musikgruppen auf, aber erst gegen Abend und alles eine Nummer kleiner.
Gut, dafür habe ich in Osaka ein kostenloses Fußbad gewonnen (und öffentliches Staunen verursacht, weil ich an dem Tag gerade die passende Trekking-Hose mit per Reißverschluss abnehmbaren Hosenbeinen anhatte).
In Dubai gab es überall Schatten und Nebelanlagen zur Erfrischung. In Osaka lassen sie einen gerne Mal lange in der prallen Sonne stehen und verweise darauf, dass das in den Bedingungen steht, dass man für seinen Sonnenschutz selbst zu sorgen hat. Klassischerweise hat das dann die Dame hinter einem in der Schlange getan und haut einem bei jedem zweiten Schritt ihren Sonnenschirm in den Hinterkopf.
Osaka hat mehrere Probleme. Zu wenig Platz für zu viele Menschen. Dubai hatte mehr Platz für gefühlt weniger Personen.
Was nicht ganz fair ist, denn Dubai hat viel Wüste und wollte da sowieso ein großes Messegelände hinbauen. Osaka hat eigentlich keinen Quadratmeter mehr Platz und musste eine Insel künstlich aufschütten.
Ich war fünf zweidrittel-Tage (ich habe immer zu lange geschlafen und kam erst gegen Mittag los) auf der Expo in Dubai und dort fast alles gesehen, bis auf zwei oder drei Pavilions.
Ich war vier ganze Tage (von morgens zwischen 9 und kurz vor elf, bis Ende ca. 21:30) auf der Expo in Osaka und habe nur einen Teil gesehen, weil ich schlicht nicht überall reinkam. Morgens steht man schon ewig an, um überhaupt reinzukommen.
Sie haben hier so ein Scheiß-Reservierungssystem, und in viele der Pavilions kommt man ohne Reservierung gar nicht rein. Das funktioniert aber miserabel, ist abends oft gar nicht oder nur mit einer Stunde Wartezeit zugänglich. Man muss dann an einer Lotterie teilnehmen, die 7 Tage vor dem Termin auslost, wer darf, was aber nicht geht, weil man immer nur 3 Termine im Voraus überhaupt eintragen kann, müsste das also sehr spreizen, um daran teilnehmen zu können. Zwar kann man danach die übrig gebliebenen vorher reservieren – das geht aber auch nicht. Denn man muss erst einmal wissen, was man überhaupt buchen kann. Dann muss man das über eine Suchfunktion finden, damit es in die Liste zum Anklicken kommt. Die findet aber nicht die Namen der Pavilions oder der Länder, sondern sucht in einem Text der Veranstaltung, man muss also den Titel wissen. Und wenn man auf Englisch sucht, findet es meist gar nichts, weil sie – Japanisch kennt keine Groß- und Kleinschreibung – case-sensitive suchen. Und wenn dann irgendein Hirni den Titel zur Verwichtigmachung groß geschrieben hat, findet an ihn auch nicht.
Man merkt den Platzmangel auch an anderer Stelle: Viele Länder, die in Dubai noch groß aufgefahren hatten, backen hier deutlich kleinere Brötchen, weil der Platz fehlt. Und das gibt dann kein ausreichendes Thema mehr.
Und je kleiner die Hütte, desto weniger Besuchervolumen pro Zeiteinheit können sie absolvieren, und am Ende reicht das eben nicht – deshalb kommt man nicht überall rein.
Ich kann deshalb dort auch keinem Plan folgen, sondern laufe eigentlich planlos dort herum, ob ich irgendwas finde, wo ich rein kann – auch ohne Reservierung.
In Dubai hat man die arabische Methode angewandt: Nicht kleckern, sondern klotzen, dann muss das Ding eben größer – und vergoldet – werden.
In Osaka hat man die japanische Methode angewandt: Man muss den Leuten nur genügend viele Regeln geben, sie ihnen einhämmern und alles sehr dicht packen.
Womit wir beim nächsten Problem wären:
Mir geht die Schreierei auf den Wecker. Schon morgens in der Innenstadt beim Umsteigen mit der U-Bahn kommt man an mindestens 5 Leuten in Uniform vorbei, die per Megaphon irgendwas auf japanisch brüllen. Wenn es wichtig ist: Warum nicht auch auf Englisch? Wenn es nicht wichtig ist: Warum überhaupt?
Es nervt, dass sie in Osaka versuchen, alles, was nicht leicht von selbst läuft, mit Regeln zu lösen, für die nur genügend viele Leute mit Megaphon rumstehen müssen.
Dass mir die Pavilions kleiner erscheinen, hatte ich schon gesagt.
Es sind aber auch weniger Länder da. Russland, Irak, Iran wären mir jetzt nicht aufgefallen. Afghanistan weiß ich nicht mehr, ich glaube aber, die habe ich gesehen. In Dubai war mehr Welt.
Und was mir auch auf die Nerven ging: Kaum jemand spricht da englisch, und sich mit Leuten per Übersetzer-App zu unterhalten, geht zwar rudimentär, ist aber nicht der Brüller, weil das Ding auch vieles falsch versteht. Manchmal habe ich den Eindruck, man habe gar nicht mit Leuten aus dem Ausland gerechnet und ist auch gar nicht so glücklich darüber.
Und ich habe mit einigen wenigen Leuten gesprochen, so gut es ging: Dass ihr Reservierungssystem nicht gut ist, wissen sie. Man darf es halt nicht so laut sagen. Das können sie wohl auch nicht mehr ändern. Es macht auf mich aber den Eindruck, als wären einige der Probleme vor allem der englischen Version und den englischen Inhalten geschuldet, etwa wenn die Suchfunktion einen Pavilion nicht nach nach dem Land oder dem Namen der Halle findet oder es beim Suchen auf die Groß- und Kleinschreibung ankommt und man wissen muss, wie die Veranstaltung heißt und ob sie sich normal oder alles groß schreibt.
Kurz:
Sie sind zwar in Japan in der Lage, ein sehr schönes Messegelände zu bauen. Wirklich schön und der Holzring ist eine tolle Sache. Aber mit Organisation und App hapert es. Die Araber haben das einfach mit viel Platz, viel Großzügigkeit und viel Geld erschlagen, aber auch viel entspannter gelöst.
Osaka hat viel Geld und Mühe aufgewandt – macht sich das aber selbst durch die Art der Organisation und mit dem Zwang zur Nutzung einer wirklich lausigen App kaputt – die, wenn man es genau betrachtet, nicht einmal eine richtige App ist, sondern den Browser anschiebt, über den man sich alle paar Minuten per 2FA (one time password) anmelden muss um dem Server dabei zusehen zu können, wie er in die Knie geht.
An der Stelle haben sie es vermurkst, und das haut ziemlich rein. Was bringt einem die Expo, wenn man in viele Pavilions einfach nicht reinkommt, und außerhalb der Pavilions nicht viel los ist? In Dubai gab es zentral und verteilt mehrere riesige Showbühnen. Wenn man nichts gefunden hat, um reinzugehen, oder die Füße eine Pause brauchten, hat man sich dann da einfach hingesetzt und irgendeine Bühnenschow, Popstars, Orchester, Fernsehshow und sowas zugesehen. Dort gab es das gar nicht, dass man dastand und sich fragte, was mache ich denn jetzt. In Osaka kann man mitten in der Expo stehen und sich fragen, was man denn als nächstes machen könnte, weil unübersichtlich und es eben sein kann, dass man nur noch vor Pavilions steht, die entweder eine Reservierung erforderlich machen, die man nicht hat und nicht bekommt, oder aber Wartezeiten von ein bis zwei Stunden haben, auch in der prallen Sonne.
Organisation ist eben nicht, genug Leute hinzustellen, die die Besucher mit dem Megaphon anschreien, was sie zu tun haben, sondern es so zu machen, dass das gar nicht nötig ist.
Mathematisch–ingenieurtechnisch gesagt: Die Expo hat nicht genug Besichtigungs- und Bespaßungsleistung, um alle Menschen abzudecken – und das obwohl es schon heißt, der Zuspruch unter Japanern sei verhalten. Es ist doch trivial, sich auszudenken, dass wenn man mit x Menschen pro Tag rechnet, man y Stunden Besichtigungskapazität haben muss, damit die alle froh werden. Und dann kann man das doch klären: Land A, sorgt bitte dafür, dass Euer Pavilion b Personen pro Stunde durchschleusen kann. Oder das pro Quadratmeter Pavilionfläche darstellen.
Ich weiß nicht, wie sie sich das vorgestellt haben. Aber Organisation ist nicht die Stärke der Japaner. Die machen alles überkompliziert und überumständlich. 30 Seiten Anleitung, um einen Account anzulegen. Geht’s noch?
Dabei hätte man hier wirklich viele Probleme mit einer richtig guten App lösen oder abmildern können: Um Dich herum gibt es zwei Pavilions, die ich Dir vorschlagen will, in denen Du noch nicht warst und bei denen die Wartezeit gerade weniger als 10 Minuten beträgt.
Kurioserweise bekommen sie so etwas mit Kloschüsseln hin. Ich habe hier ein Kaufhaus entdeckt, in dem die Toilettenkabinen Sensoren haben und die Nutzung überwachen, und man dann per App abfragen kann, auf welcher Etage man mit welcher Wartezeit rechnen muss.
Und anstatt zu sagen, ich würde gerne mal in den Pavilion X, ich bewerbe mich für 14:00, 15:00 und 16:00 Uhr, ohne zu wissen, dass um 16:30 noch viel frei wäre, wäre es hilfreicher, wenn ich sagen könnte, ich komme an dem Tag gegen 10 und möchte in Pavilion X, sag mir einfach die Zeit, wann ich dort sein soll.
Man merkt sehr deutlich, dass das mit irgendeinem Web-GUI-Frontend gemacht ist, ohne groß nachzudenken.
Vielleicht wäre es einfach besser gewesen, erst im Herbst zur Expo zu gehen und darauf zu spekulieren, dass bis dahin der Besucherstrom abgeebbt ist.
Ich war mal am Stand der Vereinigten Arabischen Emirate, um ihnen zu sagen, dass ihre Expo da besser (weil viel weniger) organisiert war und besser lief. Das hat sie sehr gefreut, auch weil der, mit dem ich gesprochen habe, an der Organisation der Expo in Dubai beteiligt war, und dafür haben sie mir etwas verraten: Sie hätten da gute Kontakte nach Riad (Expo 2030) und wüssten, was die da so vor haben. Wenn mir die Expo in Dubai gefallen habe, dann werde mich die Expo in Riad aus den Schuhen blasen. Da müsse ich kommen. Was jetzt nicht unbedingt günstig für Osaka ist, weil sie ja dann zwischen zwei Riesen eingeklemmt sind. Da werde ich wohl nach Riad müssen. Saudi Arabien habe ich auch noch auf der Bucket List.
Außerdem habe ich den Eindruck, dass in Dubai die Ländern mehr erzählt und von sich dargestellt haben, während in Osaka nur noch irgendein Unterhaltungskäse gezeigt wird (z. B. USA). Als hätten die Länder nichts mehr zu erzählen.
Tut mir leid, aber meines Erachtens geht dieser Punkt an Dubai.