Drehende Sitze
Eben war ich baff.
Ich hätte es auf Video aufgenommen, habe damit aber überhaupt nicht gerechnet. Das ging zu schnell.
Ich war heute nochmal in Kyoto, etwas die Stadt besichtigen. Thema in Kürze.
Ich bin wieder mit der Keihan Linie zurückgefahren. Die ist zwar die langsamste (und billigste) der drei mir bekannten Zugverbindungen zwischen Osaka und Kyoto, aber dafür hat sie mehr und andere Haltestellen und hält sowohl in Kyoto, also auch in Osaka einfach da, wo ich hin will oder herkomme. Man muss nicht erst oder hinterher mit der U-Bahn weiterfahren, und damit ist sie für mich die effektiv schnellste Verbindung.
Als ich neulich von Kyoto nach Osaka mit dieser Linie zurückfuhr, war ich verblüfft. In japanischen Zügen macht die erste Klasse deutlich mehr her als in Deutschland, und in manchen Zügen gibt es so richtige dicke, abgekapselte Sessel. Bei Keihan heißen die Erster-Klasse-Wagen „Premium Car“. Da aber hatten sie einen besonderen, anscheinend ganzen Premium-Zug mit Schaffner angezogen wie ein Butler, schönen Tischen, die wie Teak aussahen, es war so verblüffend, als würde der Orient-Express in einer U-Bahn-Station einfahren.
Ich dachte mir, damit muss ich mal fahren. Man bucht das hier etwas anders, man bucht nämlich nicht das erster Klasse-Ticket, sondern zahlt normal an den Automaten, und kauft sich dann online oder an einem Automaten am Bahnsteig ein Zusatzticket für die Premium Cars, zahlt also den Aufpreis. 500 Yen. Zwar mehr, als die Fahrt selbst kostet, womit die Erste Klasse sogar etwas mehr als doppelt so teuer ist, aber ich dachte, die 3,30 Euro ist mir das jetzt wert.
Leider war es dann ein moderner, aber normaler erster Klasse-Wagen, bequem, schöne Sitze, aber halt modern, das Übliche, mit Klapptisch, Steckdose, Wifi. Ich habe nicht rausgefunden, wie man mit diesem „Elegant“ train (er hieß irgendwas mit elegant) fahren kann.
Naja, war trotzdem bequem, angenehm, ruhig.
Fahrt bis zum Endbahnhof, Yodobashi.
Wie ich also an der Endstation, ich hatte es nicht gleich gemerkt, weil ich auf dem Handy im Web gesurft hatte und abgelenkt war, als letzter ausstieg, merkte ich, wie hinter mir der Eingang des Wagens mit einer Kette gesperrt wurde, an der ein Schild hin, dass der Wagen erst gereinigt wird, bevor man ihn wieder betreten kann.
Und dann: *Staun*
Während nämlich diese Kette sicherstellte, dass keiner reinkommt und der Wagen leer ist, also kein Mensch verletzt werden kann, drehten sich plötzlich alle Sitze automatisch um 180°.
Die haben an der Entstation keine Wendegleis, sondern fahren von dort in entgegengesetzter Richtung wieder los. Und damit man in der ersten Klasse immer in Fahrtrichtung sitzt, sind alle Sessel motorisiert und werden umgedreht.
Ich hatte so etwas auch schon in den zweiter-Klasse-Abteilen der JR-Linie gesehen. Die haben dort einen Mittelgang und auf jeder Seite davon 2er-Sitzbänke. Die Bänke sind fest montiert, aber die Rückenlehnen sind beweglich, die kann man hin- und herklappen, damit man immer in Fahrtrichtung sitzt.
Aber dass sich in einem Eisenbahnwagen wie von Geisterhand alle Sitze um 180° drehen, das habe ich noch nie gesehen.