Über Englisch und wie man über Lehrer lacht
Heute ist mir etwas seltsames passiert.
Fünfmal.
Ich wurde heute auf der Expo immer wieder von Schülern angesprochen, verschiedener Schulen.
Ob ich einen Moment Zeit hätte, ihnen Fragen zu beantworten oder mit ihnen zu reden. Oder ob ich überhaupt englisch spräche.
Offenbar nämlich werden Schüler in Osaka inzwischen von ihren Lehrern gezielt mit der Aufgabe losgeschickt, sich irgendwelche Fremden zu suchen und mit ihnen ein Gespräch auf Englisch zu führen. Üben, Ausprobieren.
Eine Gruppe, sechs Schüler, geschätzt, so nach Gefühl, vielleicht achte oder neunte Klasse, hatten sogar einen Zettel dabei mit Fragen auf Japanisch und Englisch, oben der Name der Schule. Ganz einfache Fragen, und es ging wohl auch nicht um den Inhalt, sondern darum, überhaupt mal mit Fremden zu quatschen, sich das zu trauen. Vorgestern hatte mich ja schon eine vom Pavillon-Personal angesprochen, ob ich Englisch spräche. Ich dachte erst, ich bekäme wegen Fotografierens einen Anschiss, aber die hatte einfach nur alle ihren Mut zusammengenommen und die Gelegenheit, dass ich hinter dem Besucherschwung hinterher war und deshalb gerade alleine, ohne Zeugen, vor denen man sich blamiieren kann, angesprochen werden konnte, zu nutzen, um mal mit jemandem so in echt Englisch zu sprechen (oder es zu versuchen).
Auch bei den Schülern merkte ich, wie schwer es denen fällt, englische Sprache auszusprechen. Die brechen sich schier die Zunge dabei, das fällt denen unheimlich schwer, und L können sie oft gar nicht, scheinen es, so habe ich gelegentlich den Eindruck, nicht einmal hören zu können. Ich habe vor vielen Jahren mal irgendwo einen Artikel gelesen, dass genau dass das Problem sei, dass sie als Kinder nie das L hören und deshalb nicht lernen, es zu hören. Bei denen mit dem Zettel musste ich bei einer Frage mal auf den Zettel schauen, weil partout nicht zu verstehen.
Umso besser, es zu üben.
Und ein Beweisfoto mit dem Fremden mussten sie auch machen, um zu beweisen, sich das nicht ausgedacht zu haben.
Finde ich aber eine tolle Idee, die Schüler damit zu zwingen, ihre Hemmungen und ihre Blamage-Angst zu überwinden und mal zu lernen, dass Englisch zu sprechen nicht weh tut und es lustig ist, mit Fremden zu sprechen.
Und immer kam die Frage „Where are you from?“ – und dann kam immer mein großer Augenblick. Auch weil nicht alle mit dem Wort „Germany“ etwas anzufangen wisse. Ich kann ja – wie erläutert – nur diesen einen Satz auf Japanisch, „watashi-wa deutsu-jin des“. Ich bin ein Deutscher. Gelernt vor 25 oder 30 Jahren in der einzigen Japanisch-Unterrichtsstunde (Studium Generale), die ich je hatte, weil dann der Termin mit einer Vorlesung kollidierte. Obwohl ich ihn ganz grauenhaft schlecht ausspreche, versteht ihn komischweise jeder sofort. Stimmung und Gelächter immer groß, die freuen sich total, wenn ein Fremder was auf Japanisch sagt, auch wenn es nur drei banale Worte sind.
Was aber der größte Stimmungsbrüller ist:
Wie in Deutschland gibt es auch in Japan fast immer einen Klassenkasper, einen, der die größte und schnellste Klappe hat. Der in allen Fällen auch der körperlich größte war.
Ich habe so getan (nachdem ich einmal damit Erfolg hatte, auch bei den anderen), als würde ich sie alle für Schüler und den Klassenkasper für den Lehrer halten. Keine Ahnung warum, aber die kriegen sich nicht mehr ein vor Lachen. Irgendwas muss an der Vorstellung, ich würde ihren Klassenkasper für ihren Lehrer halten, irre komisch sein. Hat jedesmal funktioniert. Danisch inmitten einer Gruppe von Schülern, die plötzlich losbrüllen vor Lachen, beste Stimmung. Viel Spaß, viel Lachen, viel Winken. Sind schon sehr lustige Leute, diese deutsu-jin.
Gestern abend half mit ein Tischnachbar in einem Restaurant beim Bestellen, weil die an jedem Tisch einen Tablet-Computer zum Bestellen hatten, der aber auch dann, wenn man im Auswahlmenü „Englisch“ wählte, weiterhin Japanisch anzeigte. „watashi-wa deutsu-jin des“. Unglaublich, wie oft ich diesen einen Satz hier schon gesagt habe und wieviel der mir schon genutzt hat. Er gab mir dafür zum Besten, dass er zwei Worte Deutsch kann: „Dankeschön“ und „Bundesliga“.