Frisch die Füße geküsst
Zustand Berlin.
Eine 14J. soll gestern gegen 22:30 Uhr in #Niederschöneweide von einer Personengruppe aufgefordert worden sein, sich auf den Boden zu knien und einer bislang Unbekannten Hände und Füße zu küssen.
Beim Küssen der Füße soll die Unbekannte der 14J. ins Gesicht getreten haben. Die…— Polizei Berlin (@polizeiberlin) March 2, 2025
Die Pressemeldung der Polizei:
In der vergangenen Nacht griffen mehrere Personen in Niederschöneweide eine Jugendliche an. Dem bisherigen Ermittlungsstand zufolge soll eine 14-Jährige gegen 22:30 Uhr auf einem Parkplatz an der Schnellerstraße nach Streitigkeiten aus einer neunköpfigen Personengruppe heraus aufgefordert worden sein, sich auf den Boden zu knien und einer bisher noch unbekannten Tatverdächtigen die Hände und beschuhten Füße zu küssen. Die Tatverdächtige soll dem Mädchen beim Küssen ihrer Füße ins Gesicht getreten haben. Die anderen Personen der Gruppe sollen daraufhin die auf dem Boden liegende Jugendliche ebenfalls getreten und geschlagen haben. Darüber hinaus soll eine Person der Gruppe das Tatgeschehen mit einem Smartphone gefilmt haben. Anschließend wurde der 14-Jährigen das Handy weggenommen und in die nahegelegene Spree geworfen. Durch die Gewaltanwendungen erlitt das Mädchen diverse Verletzungen im Gesicht und klagte über Schmerzen an einem Handgelenk und den Beinen. Alarmierte Rettungskräfte brachten die 14-Jährige, die deutlich unter dem Eindruck des Geschehenen stand, zur ambulanten Behandlung in ein Krankenhaus. Der Vater des Mädchens wurde informiert und begab sich zur Abholung seiner Tochter ins Krankenhaus. Die weiteren Ermittlungen, insbesondere zur Namhaftmachung der Tatverdächtigen, übernimmt ein Fachkommissariat der Polizeidirektion 3 (Ost).
So weit, so geliefert wie bestellt.
Was ich daran jetzt aber so beachtlich finde, sind die Reaktionen auf Twitter/X auf diesen Tweet der Polizei. Denn anscheinend stört sich fast niemand an dem Vorgang an sich, aber viele fragen, was denn eine 14-Jährige um 22:30 draußen verloren habe.
Als wir noch feministisch drauf waren, nannte man das „victim blaming“. Heute meint ein erheblicher Teil der Bevölkerung, ganz nach islamischer Denkweise, dass eine 14-Jährige selbst dran schuld ist, wenn sie sich um 22:30 noch draußen herumtreibt, statt zuhause bei den Eltern zu sein. Das Konzept, dass es auch einer 14-Jährigen grundsätzlich frei steht, sich zu jeder beliebigen Uhrzeit an jedem beliebigen öffentlichen Ort aufzuhalten, wie das zu meiner Zeit noch selbstverständlich war, gilt nicht mehr. Was erlaubt sich eine 14-Jährige, nachts draußen herumzulaufen? Kurioserweise interessiert niemand, warum die draußen herumlief, ob die vielleicht gute Gründe dafür hatte. Vielleicht hatte die ihre bettlägerige Oma versorgt und war auf dem Heimweg? Was spielt das für eine Rolle, warum eine 14-Jährige um 22:30 draußen war?
Wohlgemerkt: Die Meldung ist vom 2.3., einem Sonntag. Die „vergangene Nacht“ bezeichnet also die Nacht von Samstag auf Sonntag. Zu meiner Zeit war das völlig normal, dass wir uns am Wochenende in dem Alter überall herumgetrieben haben, und beispielsweise mit den Pfadfindern auch im Wald das ganze Wochenende Zelten waren oder etwas in der Art.
Wir verlieren hier bereits unsere eigene Stadt, unsere Lebensumgebung, weil immer mehr Leute der Auffassung sind, dass man sich nachts nicht draußen herumzutreiben hat. Und ganz ehrlich: Berlin ist mir nachts auch nicht mehr geheuer, die Tage sind ja schon schlimm.
Solche Zustände deuten sehr stark darauf hin, dass die Übernahme von Städten schon stattgefunden hat und sie nachts schon nicht mehr der Bevölkerung gehören, sondern marodierenden Banden. Im Prinzip sind wir damit wieder bei Zuständen des frühen Mittelalters, als man um Städte eine Stadtmauer zog und sich in Burgen verschanzte, bei denen man abends dann die Tore geschlossen hat, damit Kriminelle draußen bleiben. Gated Community, wieder groß im Kommen.
Die Nächte haben wir schon verloren.
Ich finde es ebenso erschreckend, wie aufschlussreich über das Gehirn und dessen Rudelmechanik, wie leichtfertig, geradezu bereitwillig wir unsere Lebensweise aufgeben und umschwenken, weil es gerade Rudelkodex ist wie Schlaghosen, Arschgeweih und Nasenpiercing.
Wir müssen uns mit der Frage auseinandersetzen, ob der Drang nach Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie vielleicht gar kein intrinsischer, immanenter, selbstverständlicher Wunsch, keine innere Freiheitsveranlagung ist, sondern bei vielen Leuten einfach nur ein beliebig austauschbares, nachgeahmtes Rudelverhalten. Vielleicht funktionieren Freiheit und Demokratie in vielen Köpfen letztlich gar nicht anderes als die Nazis: Es wird einfach adaptiert, übernommen, befolgt, was das Rudel gerade ansagt. Und wenn das Rudel von Freiheit redet, dann fordern sie Freiheit. Sobald das Rudel aber Burka sagt, sagen dieselben Leute „Was hat eine 14-Jährige auch um 22:30 draußen verloren? Selbst schuld!“. Und genau so hat das vor 90 und vor 75 Jahren auch schon funktioniert. Das Rudel gibt vor, und die Mehrheit folgt.