Ansichten eines Informatikers

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof über das Dienstverbot gegen einen Professor

Hadmut
13.11.2025 16:06

Ich habe gerade die Entscheidung vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof bekommen.

Sehr aufschlussreich darüber, wie das Land Hessen Recht und Verfassung bricht.

Es ging um diesen Professor in Hessen, den ich schon erwähnt hatte, und dem man auch das Konto ausspioniert hat. Weil mich das natürlich interessiert, habe ich dem – bisher unveröffentlichten – „Urteil“ hinterhergeforscht und soeben eine anonymisierte Version vom VGH Hessen bekommen. Die muss und will ich jetzt hier aber nicht veröffentlichen, denn sie schreiben dazu

anbei erhalten Sie zum Aktenzeichen 1 B 112/25 den anonymisierten Beschluss vom 13.05.2025.

Die von Ihnen angeforderte Entscheidung können Sie ferner in 1 bis 3 Werktagen in der Landesrechtsprechungsdatenbank abrufen (www.lareda.hessenrecht.hessen.de).

Schick. Da kann sie dann auch jeder abrufen. Ich hatte nämlich beim VGH angefragt, weil ich sie dort nicht gefunden habe.

Zur Kontospionage steht da leider nichts drin, obwohl das der Punkt war, der mich vorrangig interessiert hätte.

Der Sachverhalt ist dabei interessant, nämlich interessant dünn, aber zumindest beim Überfliegen habe ich da nichts gefunden, was nicht schon in der Presse erwähnt wurde. Deshalb ist da wohl auch nicht mehr „Sachverhalt“, was wiederum darauf schließen lässt, dass es auch keinen rechtlich haltbaren Grund für die Kontospionage gab.

Interessant ist die rechtliche Begründung: Sie sagen nämlich (stark verkürzt dargestellt), dass sie das Ausübungsverbot gegen den Professor aufheben, ohne überhaupt näher zu prüfen, ob es ursprünglich gerechtfertigt war, weil es zwar Gründe geben kann, so ein Verbot kurzzeitig zu verhängen, bis die Sache geklärt ist, aber man eben kein Dauerverbot verhängen kann, ohne die Sache dabei ständig weiter aufzuklären und voranzutreiben.

Man hatte da also eine sehr, sehr dünne Sachlage, genauer lässt sich das dann nachlesen, wenn dieser Beschluss veröffentlicht wurde, nämlich dass er Kontakt zum Elsässer und zur AfD hatte:

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2023 übermittelte das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen (LfV Hessen) der O. ein Behördenzeugnis betreffend den Antragsteller. Hiernach seien beim Antragsteller tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes (HVSG) festgestellt worden, so dass er im nachrichtendienstlichen Informationssystem
gespeichert worden sei. Zur Begründung wurde angeführt, dass nach den vorliegenden Erkenntnissen der Antragsteller in persönlichem Kontakt zu zentralen Akteuren der rechtsextremistischen COMPACT-Magazin GmbH, dem Ehepaar Elsässer, stehe. Er werde daher der rechtsextremistischen Szene zugeordnet.

Man muss also gar nicht mehr selbst irgendetwas „Rechtsextrememistisches“ – was auch immer das sein mag – tun, sondern es reicht schon, wenn man „persönlichen Kontakt“ hat, um vom Verfassungsschutz „der rechtsextremistischen Szene zugeordnet“ zu werden. Welcher Art diese Kontakte sind, interessiert dann schon nicht mehr.

Und dann das Bundesverwaltungsgericht zu Nancy Faeser (die ja auch aus Hessen kommt) schon gesagt: Nee, so geht das nicht.

Und nun hat der hessische Verwaltungsgerichthof auch gesagt: Das reicht nicht, das geht so nicht.

Wobei sie das ja offen lassen, ob das kurzfristig reicht, weil man sofort reagieren muss (quasi so eine Gefahr-im-Verzug-Situation), aber dann muss man eben tätig werden und die Sache aufklären und ständig nach dem Stand der Erkenntnisse aktualisieren.

Man kann es nicht dabei belassen, einfach irgendwen „der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen“, ihm dauerhaft die Berufsausübung zu verbieten, und es dabei zu belassen.

Zumal, und das finde ich besonders übel, ihn „der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen“ ja nicht einmal eine eigene Handlung des Professors ist, nicht in seine Verantwortungssphäre fällt. Das ist irgendwas, was das irgendein linker Antifa-Honk beim Verfassungsschutz blubbert, wogegen der Professor sich da nicht einmal wehren kann, geschweige denn dafür verantwortlich ist, und das soll nach Ansicht der Hessischen Regierung ausreichen, um ihn beruflich zu erledigen, ihm dauerhaft vom Beruf auszusperren.

Zustände wie bei der Stasi.

Man sollte die vielleicht „die Hessi“ nennen.

Und da hat der VGH nun eben gesagt, so geht es halt nicht.

Die streitgegenständliche Verbotsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 39 Satz 1 BeamtStG. Danach kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Hierüber entscheidet die oberste Dienstbehörde (§ 49 Abs. 1 HBG). Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegenüber der Beamtin oder dem Beamten ein
Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf die bei Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist (§ 39 Satz 2 BeamtStG).

[…]

Dabei tragen Maßnahmen nach § 39 Satz 1 BeamtStG nur vorläufigen Charakter. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Juli 1979 – 1 WB 67/78 -, juris Rn. 44 und vom 19. November 1998 – 1 WB 36/98 -, juris Rn. 8; OVG S-A, Beschluss vom 23. Februar 2011 – 1 M 16/11 -, juris Rn. 9; Sächs. OVG, Beschluss
vom 6. September 2011 – 2 B 519/09 -, juris Rn. 7). Für eine Anordnung nach § 39 Satz 1 BeamtStG ist daher keine erschöpfende Aufklärung erforderlich; es genügt vielmehr, wenn der zuständige Vorgesetzte auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse zu der begründeten Überzeugung gelangt, dass dienstliche Gründe ein sofortiges Handeln erfordern und das Verbot der Ausübung des Dienstes nach § 39 Satz 1
BeamtStG als zwingend geboten erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 1998 – 1 WB 36/98 -, juris Rn. 8; OVG S-A, Beschluss vom 23. Februar 2011 – 1 M 16/11 -, juris Rn. 10; Bay. VGH, Beschluss vom 12. März 2018 – 6 ZB 17/2316 -, juris Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 4. August 2023 – 1 B 413/23 -, juris Rn. 16).

Das Amtsführungsverbot ist eine Maßnahme der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr. Es soll künftig eintretende gravierende Nachteile einer weiteren Amtsführung durch den betroffenen Beamten für den Dienstbetrieb, den Dienstherrn oder den Beamten selbst verhindern. Als vorläufige Maßnahme dient es wesentlich dem Zweck, eine sofortige oder doch wenigstens sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn zu ermöglichen, einem Beamten die weitere Führung der Dienstgeschäfte zu untersagen, ohne bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung des Beamten gewonnen zu haben. Während des
Amtsführungsverbots hat der Dienstherr die Möglichkeit, ohne laufende Gefährdung der dienstlichen Interessen ungehindert Ermittlungen anzustellen (vgl. Kohde, in: v. Roetteken/Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, 211. Lfg, Stand: November 2023, Bd. IV/2, § 39 BeamtStG Rn. 23 f. m. w. N. sowie zum Ganzen auch Senatsbeschluss vom 21. März 2024 – 1 B 73/24 -, n. v.).

[…]

Dabei kann dahinstehen, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtmäßig und das Disziplinarverfahren wirksam eingeleitet worden sind. Weiter bedarf keiner Klärung, ob zwingende dienstliche Gründe in dem Sinne gegeben sind, dass der Antragsgegner rechtsfehlerfrei davon ausgehen kann, dass das außerdienstliche Verhalten des Antragstellers in Form eines – wie auch immer gearteten – privaten Kontaktes zu den „zentralen Akteuren“ des COMPACT-Magazins, dem Ehepaar Elsässer, mit seiner Mäßigungs-, Verfassungstreue- und Wohlverhaltenspflicht nicht in Einklang stand und damit das Ansehen der öffentlichen
Verwaltung gefährdet ist.

Jedenfalls ist das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als Dauerverwaltungsakt im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten rechtswidrig. Denn der Antragsgegner ist spätestens im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung dem Erfordernis einer Aktualisierung und etwaigen Anpassung des fortwirkenden Verbots der Führung der Dienstgeschäfte vor dem Hintergrund des Anspruchs des Antragstellers auf amtsangemessene Beschäftigung und dem im Disziplinarrecht geltenden Beschleunigungsgrundsatz (§ 7 HDG) nicht hinreichend nachgekommen.

[…]

Vor diesem Hintergrund gilt der Grundsatz der Unbeachtlichkeit der Verfahrensdauer unter zwei Voraussetzungen:

Zum einen muss der Dienstherr bei einem auf unbestimmte Zeit währenden Dienstausübungsverbots jederzeit von Amts wegen prüfen, ob die geltend gemachten Gründe noch vorliegen und weiterhin solches Gewicht haben, dass sie eine Fortdauer des Eingriffs in das Recht eines Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung rechtfertigen (BVerwG, Beschluss vom 28. Oktober 2021 – 1 WRB 2/21 -, juris Rn. 31).

Zum anderen darf die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts unter Berücksichtigung der zwingenden dienstlichen Gründe und Belange des Beamten sowie des Beschleunigungsgrundsatzes nicht über die erforderliche Dauer hinausgezogen werden. Das Disziplinarrecht selbst gibt insoweit vor, dass die für ein behördliches Disziplinarverfahren regelmäßig vorgesehene Frist von sechs Monaten seit dessen Einleitung bis zu dessen Abschluss (vgl. § 67 Abs. 1 Satz 1 HDG) ohne zureichenden Grund nicht unverhältnismäßig überschritten werden darf.

Kommt der Dienstherr daher seiner Aufklärungspflicht aus nicht vertretbaren Gründen nicht nach, überwiegen die schutzwürdigen Belange des Beamten. Ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte kann ausnahmsweise dann rechtswidrig werden, wenn das Disziplinarverfahren offenkundig ohne sachlichen Grund fortdauert, sich die Verfahrensdauer in Anbetracht des konkreten Falles als krasse Verzögerung oder sonst als unangemessen im Sinne einer Rechtsverweigerung in der Verantwortlichkeit staatlicher Entscheidungsträger darstellt […]

Verfassungswidrig handelt also nicht der Professor, sondern das Land Hessen.

Und damit liegt ein Totalversagen des Verfassungsschutzes Hessen vor, indem er den Professor und nicht die eigene Regierung als verfassungsfeindlich einstuft. Würde der Verfassungsschutz in Hessen seine Arbeit machen, müsste er die hessische Landesregierung beobachten.

Es bleibt die Erkenntnis, was für ein korrupter rechtsbeugender Sauhaufen die hessische Landesregierung ist. Denn allein schon die falschen Leute zu kennen (die nach BVerwG gar nicht so falsch sind, wie Nancy Faeser und der Verfassungsschutz behaupteten), soll dort für ein dauerhaftes Berufsverbot reichen.

Das hat (vom VGH abgesehen) überhaupt nichts mehr mit Rechtsstaat oder Demokratie zu tun.

Das sind einfach nur noch korrupte Parteien, die die Staatsgewalt (Verfassungsschutz, Dienstvorgesetzte) missbrauchen, um ihre Besitztümer, ihre Beute zu behalten.