Steinmeier und das falsche Pferd
Ein Leser unterbreitet eine andere Theorie, warum Steinmeier Bundespräsident wurde.
Wie konnte Steinmeier Bundespräsident werden? Eine Antwort auf die Frage.
Hallo Herr Danisch!
Zu Ihrer Frage, warum [ Piiieeep – zensiert] – Verzeihung, Steinmeier! – Bundespräsident wurde, habe ich eine einfache und naheliegende Erklärung, für die man aber ein wenig Gedächtnis und geopolitische Erkenntnis braucht.
Im Jahr 2016 wurde in den USA gewählt. Die dortigen Medien sind alle davon ausgegangen, dass Hilary Clinton das Rennen macht, und da die deutschen Medien ihre Kommentare zur US-amerikanischen Innenpolitik weitgehend von dort abschreiben, hat auch in Deutschland niemand damit gerechnet, dass Donald Trump US-Präsident wird. Dementsprechend haben sich alle auf die Seite der vermeintlich zukünftigen Präsidentin geschlagen, und über Donald Trump nur abfällig berichtet.
Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier war bei dieser Tendenz ganz vorne dran, er hat Donald Trump in einer Rede als “Hassprediger” bezeichnet. Zu dieser Wortwahl hätte er sich sicherlich nicht hinreissen lassen, wenn er das spätere Wahlergebnis geahnt hätte.
Nun kam die Wahlnacht der USA und die grosse Überraschung, und in Deutschland das große verkaterte Aufwachen nach dieser Nacht. Man hatte peinlicherweise auf das falsche Pferd gesetzt und musste irgendwie schauen, wie man aus der Nummer wieder heraus kommt. Steinmeier war als zukünftiger Kanzler nicht mehr tragbar, denn rman rechnete damit, dass Trump sehr nachtragend wegen dieser Äußerung sein würde. Deswegen diese Rochade: Der unbelastete EU-Schulz als Kanzlerkandidat der SPD, der Fettnäpfchen-Aussenminister als Frühstücksdirektor, und die bewährte Merkel weiter als Kanzlerin. So versprach man sich eine Chance darauf, auch mit dem zukünftigen US-Präsidenten irgendwie weiterhin zusammenarbeiten zu können.
Vom zeitlichen Ablauf her stimmt es genau.
Erst nach Trumps Vereidigung kam Obama nach Berlin, um Merkel zu erklären, dass die Trump-Ära schneller vorbei sein würde als alle denken – was sich aber dann als Irrtum herausgestellt hat.
Ist das für Sie nachvollziehbar?
Nachvollziehbar ja, aber vielleicht nicht so unbedingt überzeugend. Zwei Schwachpunkte sehe ich in der Theorie:
- Ich glaube nicht, dass Leute wie Steinmeier auf einen Posten verzichten, weil sie sich mit Trump angelegt haben. Allerdings könnte es zu Merkel passen, denn Merkel war ja alles egal, solange es ruhig blieb und niemand Stress machte.
- Wenn Steinmeier als Kanzler und als Außenminister untragbar geworden war – was ich mir vorstellen könnte – würde es dann helfen, ihn zum Bundespräsident zu machen? Gut, aus US-amerikanischer Sicht ist ein deutscher Bundespräsident nur ein irrelevanter Grüß-August, weil ja in den USA der Präsident weit mehr zu sagen hat, als in Deutschland Präsident und Kanzler zusammen. Und so richtig „gewählt“ ist ein deutscher Bundespräsident ja auch nicht. Möglich wäre es schon, vor allem unter Merkel, aber so richtig die Brüller-Erklärung ist es jetzt auch nicht.
Von der Hand weisen kann ich es nicht, aber als alleiniger Grund scheint es mir auch nicht ausreichend zu sein. Das war vielleicht einer von mehreren Gründen.
Andererseits merkt man ja gerade aktuell, dass Steinmeier seinen verbalen Jähzorn auch nicht gerade im Griff hat.
Das Problem an der Sache ist, dass letztlich nur solche Leute darüber genau Auskunft geben könnten, denen ich nichts mehr glauben würde.
Wie auch immer, ich halte das Ergebnis für problematisch. Der macht das nicht gut. Bei den Briten zum Beispiel gilt, dass sich das Königshaus nicht zur Politik äußert (was Charles allerdings auch nicht immer befolgt). Und genau das könnte ein Hinweis auf die Art und Weise sein, wie er zu dem Amt kam.