Von der Obsoleszenz der deutschen Sprache
Ein Gedanke. Aber kein schöner.
Ich hatte ja in den letzten Tagen – wieder, vor einigen Jahren hatte ich das Thema schon einmal – darüber geschrieben, dass andere Länder zweisprachig mit Englisch sind, und ich in Ländern wie Zypern, Dubai usw. selbst sehr davon profitiere, dass ich auch ohne Kenntnis der Landessprache zumindest die wesentlichen Dinge auf Englisch erledigen kann, Supermärkte, Verkehrsmittel, Verkehrsschilder usw. zweisprachig sind und die Leute auch mehr oder weniger zumindest rudimentär ein paar Worte Englisch sprechen. Ob uns das in Deutschland nicht auch stünde.
Hintergrund war, dass linke Spinner versuchen, die Forderung nach Grundkenntnissen in Deutsch ablehnen, gar als „Fetisch“ einstufen.
Der Gedanke vagabundierte mir im Kopf herum. An Stellen, an die er nicht gehört.
Ergebnis dessen war die Frage, ob sich die deutsche Sprache nicht völlig erledigt hat und überflüssig, nutzlos geworden ist.
Deutsch ist eine schwere, schwer zu erlernende, komplizierte, ausschweifende (aber dafür vergleichsweise einfach, auch nach Schriftbild, auszusprechende) Sprache.
Aber: Keine andere Sprach der Welt ist so präzise, bietet so viele Ausdrucksmöglichkeiten, so viele Schattierungen und Begriffe, solche grammatikalischen Detailmöglichkeiten. In vielerlei Hinsicht ist Deutsch einfach die beste (oder eine der besten) Sprachen der Welt, konkurrenzlos Spitze. Nicht umsonst war Deutsch für kurze Zeit die führende Wissenschaftssprache.
Ich kann mich noch erinnern, wie mir arabische Kommilitonen damals sagten, was für eine wunderbare Sprache Deutsch doch sei, wenn man sie erst erlernt habe, weil sie sich vorher nie hätten vorstellen können, welche wunderbaren und effektiven Möglichkeiten es im Deutschen gäbe, jemanden wirkungsvoll zu beleidigen. „Arschloch“ sei so wunderbar einfach, klar, und direkt, schon der Klang so wirksam, aber auch „Depp“, „Idiot“ und so etwas so nützlich. Im Arabischen müssten sie immer erst umständlich Umschreibungen drechseln, wie „bist Du Sohn einer Hure und eines Bettlers“, und die Wirkung längst verpufft, bis sie damit fertig sind. Ich habe schon Leute gehört, die sich 20 Minuten erbittert auf arabisch stritten und mittendrin „Bisddu Arschloch!“. Ich kannte mal einen, der konnte sich an „Du Schmock!“ nicht satthören.
Aber natürlich hat Deutsch viel mehr zu bieten, einen riesigen Wortschatz, Fundus an Ausdrucksmöglichkeiten. Ich war mal in einer amerikanischen Buchhandlung und habe dort in einem amerikanischen Sprach- und Reiseführer geblättert, dessen Autor sich schier überschlug vor Lob und Begeisterung für die deutsche Sprache, weil sie in Ausdruck, Aussprache und Grammatik so präzise wie ein Schweizer Uhrwerk sei und eine unendliche Fülle und Auswahl an Ausdrucksmöglichkeiten biete. Und auch noch die Möglichkeit, nach Lust und Bedarf jederzeit neue Begriffe durch Zusammensetzung zu erfinden …
Umgekehrt fällt mir immer wieder auf, wie kurz, prägnant, knapp und direkt Aussagen auf amerikanisch oft ausfallen. „walk the dog“ und so etwas. Was für Informatiker ein enormes Problem ist, weil viele Softwarefenster und -eingabemasken für die amerikanischen Begriffe dimensioniert sind und die deutschen Formulierungen fast immer deutlich länger ausfallen, nicht reinpassen. Als Twitter in der Anfangszeit noch auf 140 Zeichen beschränkt war, konnte man damit auf Englisch allerhand sagen, auf Deutsch dagegen nicht.
Deshalb funktionieren auch Benutzeroberflächen bei Geräten mit kleinen Displays und deshalb begrenztem Platz für Text – Handy, Kamera und ähnliche – auf Englisch deutlich besser als auf Deutsch. Ich wähle manchmal die englische statt der deutschen Einstellung, um die Benutzeroberfläche verstehen zu können, weil sie auf Deutsch so viele Begriffe abkürzen oder durch Kürzere ersetzen müssen.
Während man im Deutschen beliebig neue Worte durch Zusammenfügen erfinden kann, habe ich im Amerikanischen oft den Eindruck, dass man nach Belieben Worte und Satzteile weglassen und Begriffe durch bedeutungsähnliche kürzere ersetzen kann. Amerikanern ist es oft gar nicht so wichtig, was man sagt, und wichtiger, dass es kurz ist, damit es auf Kappen, T-Shirts, Aufkleber usw. passt.
Ich habe mich mal als Informatiker blamiert, weil ich dachte, dass k8s deshalb die Abkürzung für „kubernetes“ sei, weil sich der zweite Teil ausgesprochen so ähnlich wie „eights“ anhört, und nicht wusste, dass es einfach nur bedeutet, dass man zwischen k und s 8 Zeichen weggelassen hat. Das war irgendwie an mir vorbeigegangen. Viele Amerikaner schreiben ja im Text längst „+“ statt „and“, weil man es „and“ ausspricht, und sie schon gar nicht mehr merken, dass das falsch und kein Wort ist. Oder „4U“ statt „for you“. Deshalb hatte ich k8s für lautähnlich gehalten.
Mit der Kürze des Amerikanischen geht auch eine enorme Ausdrucksarmut einher.
Man merkt das immer deutlicher und öfter, dass
- zu jedem Gedanken, zu allem, was man sagen will, nur noch ganz wenige, oder sogar nur eine „kanonische“ Aussage gibt, und Amerikaner dann auch erwarten, dass man es genau so ausdrückt, es dann auch korrigieren oder nicht einmal verstehen,
- sich umgekehrt auch das Denken auf die wenigen Ausdrucksmöglichkeiten reduziert.
Ein ähnlicher Effekt wie bei Emojis: Viele Amerikaner bauen keine Sätze mehr, sondern haben einfach eine Sammlung an kurzen Umgangssprachesätzen auswendig gelernt und feuern dann nur noch fertige Sätze aus dem Magazin ab – wie ein Papagei. Wie ein Smiley.
Die sprachliche Armut führt zu geistiger Armut – oder auch umgekehrt, die Korrelation ist da, die Kausalität wäre zu untersuchen.
Insofern spräche geistig alles für Deutsch.
Aber:
Wir sind längst so verblödet, dass eigentlich niemand mehr die Vorteile von Deutsch nutzt, kaum noch jemand die Ausdrucksmöglichkeiten verwendet. Im Gegenteil versuchen viele, die kurze, kanonische Ausdrucksweise des Amerikanischen zu imitieren. Und das kommt auch nicht von ungefähr, sondern passt exakt zur linken Verblödung, weil die ja auch ein völlig reduziertes Weltbild mit kanonischen, stark verkürzten Aussagen haben. Obwohl Marxismus eigentlich ein deutsches Ding ist, macht dessen blöde Simplizität und deren kategorisierte Weltsicht und Ausdrucksweise Englisch zur prädestinierten Linken-Sprache. Und wirklich etwas zu sagen haben sie ja sowieso nicht, es geht ja nur darum, das Gesagte endlos zu wiederholen.
Wenn aber die Vorteile der schwerer zu erlernenden, sperrigen deutschen Sprache nicht mehr genutzt werden, nicht mehr genutzt werden können, weil die meisten Leute inzwischen eh zu blöd dafür sind, und auch kaum noch Lesen und Schreiben lernen, geschweige denn Literatur auf Deutsch lesen.
Schlimmer noch: Es kommt ja immer mehr diese „Einfache Sprache“ zum Einsatz, die ja effektiv nichts anderes mehr als eine amerikanisch-äquivalente Untermenge des Deutschen ist. Da könnte man es auch gleich in klimaschonendem genderneutralem nebensatzfreiem Englisch hinschreiben.
Apropos genderneutral: Auch Gendersprache war ja oft nur ein Versuch, das Deutsche dem US-Englisch anzugleichen, weil das die Ursprungsprache des modernen Rumgelinkses ist.
Deshalb kann man sich durchaus die Frage stellen, ob Deutsch als Sprache obsolet ist, und sich der Mehraufwand für das Erlernen der Sprache nicht mehr lohnt, seit wir ohnehin zu blöde geworden sind, deren Möglichkeiten und Vorteile zu nutzen, und die Leistungsfähigkeit dieser Sprache überhaupt nicht mehr zum Tragen kommt. Schaut man sich etwa die Presse an, sind deren sprachliche Ausdrucksfähigkeiten ohnehin seit mindestens 25 Jahren voll verkrüppelt, deren Sprache Pflegestufe-3-berechtigt. Die meisten der Autoren sind längst zu doof, Deutsch zu nutzen, auszufahren, und selbst wenn sie es könnten und täten, wären die Leser überfordert, könnten es nicht mehr lesen. Viele Medien sprechen ohnehin nur noch Kommunistenkanak. Vermutlich wird die nächste Version des Thermomix mit KI 99% aller deutschen Journalisten in ihren sprachlichen Ausdrucksfähigkeiten locker abhängen.
Wir leben schon lange im Zeitalter „tl;dr“ und des 140/280-Zeichen-Tweets. Immer wieder stellen Forscher, Pädagogen fest, dass Kinder die Aufmerksamkeitsspanne nicht mehr aufbringen, den Text einer A4-Seite zu lesen, sondern nur noch zwei, drei Sätze am Stück lesen können.
Und dann nützt Deutsch nicht nur nichts mehr, sondern kann auch innerhalb dieser verkrüppelt kurzen Aufmerksamkeitsspanne weniger Grundinformationen unterbringen als dieses verkürzte Englisch, wird damit sogar zum Nachteil.
Deshalb hat sich die deutsche Sprache effektiv erledigt und kann weg.
In 10 oder 20 Jahren werden die meisten Leute hier Deutsch so lesen, wie ich neulich Japanisch: Handy mit Übersetzer-App hinhalten.
Vielleicht sollten wir Deutsch einfach in Würde und Ehren beerdigen, solange es noch eine Sprache ist, bevor es zwischen Gender und Kanak zerrieben und zum Witz gemacht wird, und es nur noch als KI-Modell ins Museum stellen.