Was mir fehlt
Mir fehlt etwas.
Mir fehlt etwas sehr.
Hätte ich vorher nicht gedacht, dass mir das fehlen könnte.
Wisst Ihr, was mir fehlt?
Mir fehlt das japanische Essen.
Diese unendliche Fülle von Restaurants, dieses riesige Angebot an fertigen aber frischen Gerichten, die man direkt kalt isst oder kurz in die Mikrowelle steckt, all das Sushi und die vielen Sachen die ich da gegessen oder nur gesehen habe, alles so lecker, lecker, lecker.
Die hohe Qualität des Essens.
Diese Esstische mit dem Gasgrill, an denen man sich sein Fleisch selbst grillt.
Diese vielen Dinge, von denen ich weder weiß, was sie sind, noch wie sie heißen, die so wunderbar schmecken.
Die Art und Weise, wie man begrüßt wird, wie einem das Essen dargeboten und serviert wird.
Mir fehlen sogar diese seltsamen Fresskabinen, diese mit kleinen Trennwänden vom Fressnachbarn abgetrennten Fressplätze, bei denen man seine Tasche an einen Haken unter dem Tisch hängt, ein Tablett voll mit den leckersten Sachen bekommt, und man dann da einfach gar nichts anderes macht, sich völlig ausschließlich damit befasst, das einfach alles zu vertilgen. Mir fehlt, dass man wirklich überall feuchte Servietten bekommt, um sich danach auch wirklich sauber das Maul abzuwischen.
Deutschland kommt mir seither kulinarisch öde, eintönig, langweilig vor.
Mein Lieblingsgericht ist die Abwechslung. Und in Osaka hatte ich da hunderte kleiner Restaurants in der Entfernung, die Makler in ihren Angeboten als „fußläufig“ bezeichnen. Ungefähr 20 gleich um die Ecke. Und jedes irgendwie anders. Ich bräuchte Jahre, um mich da einmal von vorne bis hinten durchzufressen. Und es war nicht mal teuer. Wenn man nicht gerade ins Luxusrestaurant geht, alles so zwischen ungefähr 5 und 20 Euro, so ab ungefähr 700 Yen.
Und alles immer so schön und edel serviert. Alles so sauber. Alles so erzogen, höflich, gesittet.
Ich fand es toll, dass es Restaurants gibt, in denen man die Schuhe am Eingang abgibt, damit es sauber bleibt. Bei denen man in einer Reihe direkt vor dem Koch sitzt und dem beim Kochen zuschaut.
Es war so wunderbar, in Sushi-Restaurants zu gehen und Dinge zu bestellen oder vom Band zu nehmen, die man noch nie gesehen hat, von denen man nicht wusste, was es ist, und sich vom Geschmack überraschen zu lassen.
Und sie waren zwar hässlich, aber es war so angenehm, dass da so alle 30 bis 50 Meter, spätestens an jeder Ecke, Getränkeautomaten stehen. Unfassbar viele Getränkeautomaten.
Ich glaube, ich muss da nochmal hin.
Einfach nur zum Essen. Eine Tour durch die Restaurants.
Vielleicht, als so eine Art Zwischengewöhnungsstation, Akklimatisierungskammer, mit Zwischenstopp in Bangkok. In Bangkok könnte ich mich auch totfressen. Dort haben sie überall diese kleine Straßenküchen, wo man überall leckere Spieße, Suppen, weiß der Kuckuck was nicht alles bekommt. Sehr, sehr lecker.
Ich müsste mal wieder nach Singapur. Das war früher, so vor 35 Jahren, sehr, sehr lecker, da hatten sie ganz viele dieser winzigen asiatischen Garküchen, oft zig oder hunderte auf einem Haufen. Die gibt es nicht mehr, die hat man irgendwann aus Hygienegründen abgeschafft und durch einige wenige Fresstempel ersetzt, damit die da geordnet unter Dach und Fach sind. Ich müsste mal den aktuellen Stand testen. Hat nicht neulich irgendein Chinese in einer solchen Winzküche, der dort für kleines Geld eine gebratene Ente zum Mitnehmen anbietet, einen Michelin-Stern bekommen, weil es so gut schmeckt? Die einzige Michelin-Stern-Mitnehmküche, der einzige Michelin-Stern-Koch, wo man unter 10 Euro essen kann?
Und in Berlin?
In Berlin sitzt man kulinarisch inzwischen ziemlich auf dem Trockenen. Döner. Pizza. Pommes. Gelegentlich noch ein Asiate oder eine Curry-Wurst.
Gut, ja, es gibt auch noch gute Restaurants in Berlin, aber teuer. Und in einige bin ich nicht reingekommen, weil nur mit Reservierung. Und: Ich muss da erst mit der U-Bahn usw. hinfahren. Kostet hin und zurück mindestens eine Stunde plus soviel für Fahrscheine, wie das ganze Essen in Singapur.