Ansichten eines Informatikers

Teure Schulausstattung

Hadmut
12.8.2025 1:28

Ich verstehe es nicht.

Schon wieder sehe ich gerade einen Nachrichtenbeitrag darüber, wie teuer die Ausstattung für Schulkinder geworden sei, wieviel Geld Eltern inzwischen dafür ausgeben müssen.

Dabei glaube ich ihnen schon, dass das so ist. Aber ich verstehe nicht, warum das so ist.

Tagesschau:

Laut Statistischem Bundesamt sind die Preise für Schul- und Lehrbücher im Juni 2025 um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen – deutlich stärker also als die allgemeine Inflationsrate von zwei Prozent.

Laut einer Analyse des Vergleichsportals Idealo kostet ein Schuljahr im Schnitt rund 3.600 Euro pro Kind – für Materialien, Technik, Klassenfahrten und Verpflegung.

“Ein riesiges Problem ist, dass Schulbedarf heute immer teurer wird. Gerade für arme Familien oder Alleinerziehende ist das kaum mehr bezahlbar”, sagt Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, gegenüber tagesschau.de.

Eigentlich gilt in Deutschland das Prinzip der Lernmittelfreiheit: Öffentliche Schulen sollen grundlegende Lernmaterialien wie Schulbücher zur Verfügung stellen. Doch wie viel kostenlos gestellt wird und was Eltern selbst zahlen müssen, regeln die Bundesländer unterschiedlich. Tablets oder Laptops gehören meist nicht dazu.

Gerade hier klafft eine Lücke: In vielen Schulen gehört das Tablet heute fest zum Unterricht – auch zu Hause wird oft erwartet, dass Kinder damit arbeiten. Geräte kosten oft mehrere Hundert Euro. Wer sich das nicht leisten kann, ist im Nachteil. Rechtlich dürfen Schulen zwar nicht verlangen, dass Eltern Tablets kaufen, in der Praxis wird deren Nutzung aber oft vorausgesetzt: für Hausaufgaben, Recherchen oder Lernplattformen.

Manche Kinder bekommen Tablets von der Schule gestellt, aber längst nicht überall. Und selbst wenn: Geräte sind oft knapp, müssen geteilt werden oder können nicht mit nach Hause genommen werden. Wer kein eigenes Gerät hat, steht schnell außen vor und gerät im Lernalltag ins Hintertreffen.

“Wenn Kinder zu Hause nacharbeiten sollen, brauchen sie ein Gerät, WLAN, oft auch einen Drucker. Das ist in der Lernmittelfreiheit gar nicht drin – und die soziale Schere geht auseinander”, erklärt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE).

Stifte, Mäpchen, Hefte, Ranzen
Warum ist das in Deutschland so teuer?

Ich sehe das jährlich auf Zypern bei Jumbo, wo zum Schulanfang das Zeug palettenweise rumsteht, und habe es in Japan bei Daiso gesehen: Spottbillige Schulsachen wie Stifte, Mäppchen, Zirkel, Lineale, Schulhefte, Wasserfarbenkästen aller Art. Und das für wirklich kleine Preise, manchmal Pfennigartikel. Meistens allerdings Made in China.

Aber: Nicht schlecht. Zwar sicherlich nicht die allerbeste Top-Qualität, aber gute Qualität. Ich habe mir da auch schon Mäppchen (für Technikkram) Stifte, Büromaterial gekauft. Man merkt zwar, dass es nicht Top-Qualität ist, aber es sieht gut aus und ist völlig brauchbar. Zumal in der Schule sowieso immer etwas verloren gehen oder geklaut werden kann, ich da gar keinen Grund sehen würde, mit Top-Qualität dahin zu gehen.

Außerdem erscheinen mir die Schulhefte auf Zypern sogar besser, denn die sind deutlich dicker (damit allerdings auch schwerer) als die dünnen Heftchen, die wir damals hatten. Kosten aber wirklich nur kleine Beträge (jetzt nicht mehr im Kopf) im 5er-Pack.

Ich habe mal auf Amazon nachgesehen: Die Preise sind augenwässernd. Und dann im 10er-Pack aus gleichen Lineaturen. Man braucht aber verschiedene, also mehrere Zehnerpacks. Warum gibt es die nicht im gemischten Sortiment?

Anders gefragt: Warum muss man die überhaupt im Einzelhandel kaufen, einzeln verschicken? Warum bekommt nicht jede Schule einfach eine Palette von dem Zeug hingestellt, und der Hausmeister verkauft die zum Pfennigpreis? Oder gibt die – was im Endeffekt vermutlich noch billiger wäre – gleich kostenlos ab? So, wie die Schule ja auch Kreide in die Schulräume stellt? Warum fordern Feministinnen, dass sie kostenlos mit Tampons versorgt werden, was da aber über den Einzelhandel billiger ist, weil die dadurch kaum Mehrkosten haben, und es keine zentrale Stelle gibt, wo man die verteilen könnte, aber niemand die zentrale Versorgung mit Schulheften über die Schule, obwohl Papier sehr schwer ist, die Schüler aber alle in die Schule zusammenkommen? Wäre es da nicht einfacher und billiger, wenn die Schule – die ja auch das Klopapier beschafft, das bringt man ja auch nicht selbst mit, obwohl ich da auch schon gegenteiliges gehört habe – eine Palette pro Sorte hingestellt bekommt, statt die Läden zum Saisonstart damit vollzupacken und es dann wieder wegzuräumen? Und jedes Kind dann pro Quartal oder so und pro Fach ein neues Heft bekommt?

Schulranzen haben auf Zypern wie Flug-Trolleys und manche Flug-Rucksäcke zwei Räder und einen Ausziehgriff, damit man sie hinter sich herziehen kann. Kosten aber viel weniger als bei uns.

Schulbücher
Ich verstehe nicht, was an Schulbüchern teuer sein soll.

Der Buchdruck kann es nicht sein, es gibt ja Bücher gleicher Druckqualität auch für einstellige Beträge, das kann kaum mehr als zwei, drei, vier Euro ausmachen.

Der Inhalt?

Kann nicht sein. Allein in Rheinland-Pfalz gibt es 431.152 Schüler an allgemeinbildenden Schulen. Dividieren wir das durch 12 (Schuljahrgänge), kommen wir auf 36.000 Schüler pro Jahrgangsstufe. Wieviel Aufwand ist es, ein Schulbuch zu schreiben? Das muss ja nicht jedes Jahr von Grund auf neu geschrieben werden. Eine halbe Stelle pro Buch sollte ja wohl ausreichend sein. Heißt: Pro Schüler sollte das mit 1 bis 2 Euro abgedeckt sein. Warum aber kosten Schulbücher dann im Durchschnitt um die 20 Euro?

Meines Erachtens sollte ein Schulbuch (höchstens) um die 5 Euro kosten.

Seltsam finde ich vor allem, dass mich die Politik mit allem möglichen Druckmist zuwirft. Ich bekomme hier beispielsweise eine Zeitschrift „Fluter“ der Bundeszentrale für politische Bildung. Regelmäßig. Kostenlos. Vierteljährlich. Warum ist dafür Geld da, für Schulbücher aber nicht?

Warum überlässt man das Verlagen? Politisch neutraler sind die ja auch nicht.

Ist das immer noch so, wie damals zu meiner Zeit, dass die Schulbuchverlage für jedes Bundesland eigene Schulbücher machen müssen, um die den Lehrplänen anzupassen, und es dann mehrere konkurrierende Verlage pro Bundesland gibt, und die Schulen sich mal dieses, mal jenes aussuchen?

Was soll der Mist?

Warum haben wir nicht einheitliche Lehrpläne und damit deutlich weniger Schulbuchausgaben?

Und warum haben wir überhaupt noch Schulbücher, wenn die Kinder doch auch Tablets haben sollen?

Tablets
Ich bin zwar Informatiker, aber (oder gerade weil): Muss das wirklich sein? Sollten Kinder nicht erst einmal lernen mit Büchern und Schreibzeug umzugehen, statt auf dem Bildschirm herumzuwischen?

„Lernplattformen“ – wenn ich das schon höre.

Es gibt auf Youtube Videos, in denen Menschenaffen und Papageien verblüffend gut darin sind, mit Tablets und Handys umzugehen und offenbar die Benutzerführung verstanden haben, weil sie in der Lage sind, zu scrollen, Menüs auszuwählen, Programme zu schließen und andere zu öffnen, und sich Bilder und Videos nach ihrem Geschmack anzusehen. Es gibt Papageien, die bewusst und gezielt, kontrolliert Videotelefonate mit anderen Papageien starten und führen.

Ist das Gegenstand des Schulunterrichts, den Kindern etwas beizubringen, was auch Affen und Papageien hinbekommen? Nur weil die Lehrer damit besser klarkommen?

Ich weiß, dass die Schulbücher schon damals zu meiner Zeit sehr teuer waren. Und ich war in Rheinland-Pfalz auf dem Gymnasium, wo man die alle selbst kaufen musste. Und kaum gebraucht kaufen konnte, weil die sich jedes Jahr so ein kleines bisschen änderten (wohl, damit man sie neu kaufen musste).

Ich kann mich noch erinnern, wie wir damals einkaufen gingen, weil wir nach der Grundschule, nach der vierten Klasse, vom Gymnasium eine Liste bekommen hatten, was für die Schule alles zu kaufen war. (Einer der Gegenstände dabei, eine kleine Schere von Wilkinson, habe ich heute, 50 Jahre später, noch immer in ständigem Gebrauch, immer noch scharf, liegt hier in meiner Schreibtischschublade, nach meinen Asterix-Heften mein ältester Gegenstand aus eigenem Besitz.)

Damals schon höllenteuer.

Eines dieser Bücher war der Diercke-Weltaltas, damals die erste Auflage im kleinen Format mit buntem Umschlag. Der hat mir so gefallen. Dem Lehrer aber nicht. Denn die Hälfte der Schulklasse hatte dann das alte, sehr große, einfarbig braune Exemplar, das nicht einmal in den Schulranzen passte, und die andere Hälfte den bunten, neuen. Weil der Lehrer aber auch den alten Braunen, und gar keine Lust hatte, sich selbst einen neuen zu kaufen und umzugewöhnen, mussten wir alle den bunten zurück in die Buchhandlung bringen und gegen den alten umtauschen, weil die doch Buchhandlungen hätten wissen sollen/müssen, dass Lehrer X noch immer den alten Atlas verlangt. Ich war so höllenstinksauer über den Schwachsinn, mir hat der neue viel besser gefallen und der passte auch normal in den Ranzen.

Will sagen:

Ich habe für diesen ganzen Schulmaterial-Hokus-Pokus kein Verständnis.

Das ganze Verbrauchsmaterial könnte man deutlich billiger beschaffen, auf Zypern und in Japan geht es ja auch, und vermutlich in vielen Ländern ebenso.

Schulbücher müssten viel billiger möglich sein.

Tablets halte ich bei Kindern für nicht sinnvoll. Und die Preise, die ich da heute gehört habe, halte ich auch für überhöht. Da war von 200 bis 300 Euro die Rede. Ich habe aber schon sehr gute Markentablets, die dann auch jahrelang hielten, für 130 Euro gekauft. Würde man da einen Zentralvertrag mit Ausschreibung machen, dass man Modelle kauft, die das und das können müssen, aber nicht die neuste Generation sind, sondern die mit dem günstigsten Preis-Leistungs-Verhältnis, soundso lange mit Softwareupdates und Ersatzteilen versorgt werden müssen, leicht zu reparieren und robust sein müssen, und dann in Stückzahlen von 100.000 abgenommen werden, vielleicht sogar in Absprache mit anderen EU-Ländern einheitlich, damit man in die Millionen kommt, sollte ein brauchbares und robustes Tablet eigentlich für um die 100 Euro locker drin sein.

Ich hatte neulich erwähnt, dass mir ein Tablet kaputt gegangen ist, als es mir aus nur wenigen Zentimentern Höhe auf Steinboden gefallen ist. Frontglas gesplittert. Da merkt man, dass das Billig-Kram war und nicht robust gebaut, kein Gorilla-Glas. Das hatte aber auch nur um die 70 oder 80 Euro gekostet und keinen ordentlichen Softwaresupport. Davon abgesehen war es aber sehr gut und hätte von seiner Leistung für die Schule völlig gereicht. Wenn ich das einzeln über die Handelskette für den Preis kaufen konnte, und ich auch für 130 Euro vor vier oder fünf Jahren eines kaufte, das ich seither täglich in intensivem, mehrstündigem Gebrauch habe und auch noch auf jeder Flugreise mitschleppe, um unterwegs Videos zu schauen, und das damit bisher nicht kaputtzukriegen war, obwohl das schon mehrfach heruntergefallen ist, sollte es bei Großabnahme durchaus möglich sein, ordentliche und robuste Markentablets für um die 100 Euro zu bekommen, und dazu Wartung für fünf Jahre mit Software und Hardware, und mit modularem Aufbau, damit man die leicht reparieren oder ausschlachten kann. Stichwort Müllvermeidung, nur das wegwerfen, was auch kaputt ist. Dann kann man pro Stadt noch ein paar Leute anstellen, die lernen, wie man die Dinger repariert oder zerlegt, die dann dafür zuständig sind, die Dinger bei Bedarf in Schuss zu halten.

Es gab solche Initiativen schon, „one laptop per child“, aber die haben hier im Westen nicht funktioniert. In Dubai, Singapur, Japan funktioniert so etwas aber schon. Warum eigentlich?

Sagen wir es mal so:

Gäbe es diese Schul-Tablets in großen Stückzahlen mit entsprechender Hardware und Wartung, wie beschrieben, gäbe es noch mehr Abnehmer. Denn letztlich ist das, was ich an Tablet verwende, keine grundsätzlich andere Anforderung. Ich hätte es dann vielleicht nur in dezenteren Farben und anderer Software, anderem Erscheinungsbild, keine Schul-Apps, aber grundsätzlich sind meine Anforderungen die Gleichen: Denn ob man Unterrichtsvideos guckt oder wie ich im Flieger sitzt und Filme schaut oder abends Fernsehen, ist technisch kein Unterschied.

Man könnte die Dinger also in Zig-Millionen-Stückzahlen einheitlich herstellen und dann nur mit unterschiedlicher Firmware/Desktop versehen, je nachdem, ob für Schüler – und welchen Alters – oder Privatleute oder Behörden oder weiß der Kuckuck. Alle gleich gebaut, alle auf eine Lebensdauer von 5 Jahren ausgelegt, alle mit den gleichen Ersatzteilen.

Oder auch aufrüstbar: Prozessorboard austauschen gegen eines mit mehr RAM und schnellerer CPU. Oder besseres WLAN. Oder neue Video-Dekoder. Oder einfach ein frisches Gehäuse.

Und manche Hersteller haben das schon vorgemacht: Standardreparaturen oder das Zerlegen für das Recycling können von Robotern ausgeführt werden.

Dann macht man alle 5 Jahre eine Prüfung, ob man ein neues Modell braucht, oder ob das alte noch gut genug ist, ob man vielleicht den Prozessor austauschen muss. Was ja nicht heißt, dass man die alten wegwirft, sondern die dann langsam per Ausschlachten auslaufen lässt, bis nach 10 Jahren oder so noch noch 20% „am Leben“ sind, um die dann als Zweitgerät oder für die Grundschule weiterzuverwenden.

Das würde außerdem die Müllberge ganz enorm reduzieren. Und die Preise sehr drücken. Zur Erinnerung: Auch der „PC“ als Standard konnte nur entstehen, weil IBM einen Einheitscomputer erfunden hat, der von anderen Herstellern identisch oder kompatibel nachgebaut werden konnte, und auf denen überall dieselbe Software laufen konnte.

Stattdessen machen wir Jammersendungen darüber, warum der Schulbedarf so teuer ist.