Der dressierte Jurist
Ich hatte mich vorgestern über einen Juristen lustig gemacht.
Fahren wir heute damit fort.
Zur Erinnerung:
Sie haben sich das Dokument des Wiss. Dienstes des BT nicht durchgelesen, oder? Ganz höflich: Sie lesen und zitieren einen Informatiker, der im Impressum einen Briefkasten auf Zypern angibt. Schauen Sie stattdessen mal, was Rechtsprofessoren dazu schreiben, die kennen sich aus 🙂
— Alex Völker (@AlexVau95) July 30, 2025
Man müsse Rechtsprofessoren lesen. Ich sei unbeachtlich, weil in meinem Impressum Zypern steht und er eine Briefkastenadresse nicht von einem Postfach unterscheiden kann. Die im Impresssum angegebene Adresse entscheidet nämlich darüber, ob das, was man sagt, stimmt, vertretbar, beachtlich ist, oder eben nicht.
Das habe ich ihm dann geantwortet und er meint nun
Sie haben den Punkt nicht verstanden. Es geht mir nicht ums Impressum, ich will verdeutlichen, dass Sie absurde Dinge ohne jegliche Zitierung von Fachliteratur und ohne Kenntnis der Fachdebatte behaupten. Das "Informatiker auf Zypern" ist nichts gg Sie, sondern gg Ihr Argument
— Alex Völker (@AlexVau95) August 1, 2025
Ach, es ging ihm gar nicht um das Impressum.
Sondern darum, dass sich die Kritik am Impressum nicht gegen mich als Person (was ja noch einen gewissen Zusammenhang mit dem Wohn- und Aufenthaltsort hätte), sondern gegen das Argument als solches richte.
Es kommt also bei Argumenten juristisch nicht darauf an, was man sagt, sondern wo man es sagt. Das erinnert mich an den Fall des Ulrich Kutschera, Bio-Professor aus Kassel, der sich über Homosexualität geäußert hatte und darauf in erster Instanz verurteilt (und in zweiter freigesprochen) worden war. Argument des Amtsgerichts: Freiheit von Forschung und Lehre gelte nur auf dem Campus, er habe das aber außerhalb des Campus geäußert.
Es geht solchen Juristen also nicht darum, was man sagt, und ob es stimmt, sondern wer es sagt und wo man es sagt, weil davon abhängt, ob man überhaupt befugt ist, eine eigene Meinung zu haben.
Wobei ich es überaus fruchtig finde, dass er damit mein Argument angreift – weil ich ihm gegenüber gar kein Argument geäußert hatte. Ich war an der Diskussion gar nicht beteiligt. Jemand anderes hatte mich zitiert, wofür ich von diesem „Juristen“ blöd angepöbelt wurde und mich dagegen verwahrt hatte. Und jetzt soll plötzlich der Wohnort darüber entscheiden, ob ein Argument gültig ist, das ich gar nicht geäußert habe.
Völlig panne.
Genau das, was ich so oft über Geisteswissenschaftler schreibe: Die können nicht inhaltlich denken, sondern kategorisieren Leute nach gut und böse, nach beachtlich und unbeachtlich, nach relevant und irrelevant. Es geht überhaupt nicht um das, was man sagt, sondern allein darum, Leute vorab danach zu kategorisieren, ob sie sich äußern dürfen.
Zum Überblick deshalb der gesamte Thread, sollte man sich durchlesen:
Dazu muss man jetzt wissen, dass der Mann – wie beschrieben, soweit ich das über Linked In eruieren konnte – zwischen den Staatsexamen steckt und Doktorand ist. Und wie mir einige befreundete Professoren schon sagten, dass für Professoren die Menschwerdung, das Recht sich zu äußern, der Anspruch, mit Quellenangabe zitiert zu werden, erst nach dem Doktor anfängt.
Der ist überhaupt nicht fähig, nicht in der Lage zu verstehen, dass Leute eigene Meinungen haben können und dürfen. Der ist völlig darauf dressiert und abgerichtet worden, dass man sich ausschließlich durch Zitieren aus einem vorgegebenen Katalog zulässiger, von meinungsbefugten Leuten publizierter Meinungen äußern, aber keine eigene Meinung haben darf.
Auf Begründungen, auf eine inhaltliche Bewertung kommt es nicht an. Er sagt nicht, dass mein Artikel falsch ist, weil er Fehler hätte, irgendwas unrichtig sei, sondern dass ich mich nicht auf die pulizierten Meinungen gestützt hätte – was nicht einmal stimmt. Ich stütze mich das aufs Prüfungsrecht und hatte zu der Zeit, als die fragliche Dissertation der Richterkandidatin geschrieben wurde alle Entscheidungen und Literatur zum Prüfungsrecht gelesen. Und habe mich ja auch auf Urteile gestützt, nur unterwegs nicht alle Aktenzeichen nach 20 Jahren noch im Kopf und auswendig parat gehabt.
Das ist nur einer. Aber man muss sich anhand dieses Beispiels – pars pro toto – klarmachen, wie Juristen heute … nein, ausgebildet kann man das nicht nennen, sondern auf Gehorsam dressiert und abgerichtet werden. Die lernen überhaupt nichts von Logik und Argumentation, sondern – im Prinzip wie in einer Religion – der orthodoxen Lehre der Propheten und Autoritäten zu folgen.
Und dann gerät man an solche Leute als Richter oder Staatsanwälte.