Das Problem mit den Drehungen beim Yoga
Zur Abwechslung mal wieder etwas rein Technisches.
Ich hatte vor einiger Zeit mal beschrieben, dass ich mit gleich zwei neuen china-stämmigen 11-Zoll-Notebooks ein besonderes Problem habe: Bei beiden Geräten sind die Bildschirme, die wie bei normalen Notebooks aussehen, als wären sie 16:9 Landscape (Querformat)-Bildschirme, wie das bei Notebooks so üblich ist, in Wirklichkeit aber Portrait-Format-Bildschirme 9:16 (Hochkantformat)-Bildschirme sind, die um 90° gedreht eingebaut sind, dass sie nach Horizontal aussehen.
Das weiß aber die Software nicht, dass sie gedreht sind (dazu gleich mehr), und der Bildschirmtreiber sieht eben ein Hochkantdisplay mit 1080 Breite und 1920 Höhe.
Heißt: Alles funktioniert zwar, aber alle Anzeigen sind gedreht, alles steht auf der Seite, um 90° gedreht.
Das ist kein Problem, wenn man sich erst einmal eingeloggt hat, weil man in den Benutzereinstellungen der Desktops auswählen kann, wie der Bildschirm zu drehen ist. Das stellt man einmal ein, und dann ist das für die Desktop-Sitzung dauerhaft gelöst.
Drei Probleme bleiben:
- Unter Grub (also bevor Linux gestartet ist, dafür gibt es bisher keine Lösung)
- Splash und Konsole beim Booten und für Fehlermeldungen/Recovery (kann man durch Kernelparameter drehen)
- Der graphische Login-Screen, der sich noch nicht um Benutzereinstellungen schert, weil der Benutzer ja noch nicht ausgewählt und eingeloggt ist. (Kann man dann, wenn der Login-Screen unter X11 läuft, mit Xorg-Einstellungen korrigieren, für Wayland habe ich noch keine Lösung gefunden.)
Ich hatte mich damit nicht weiter beschäftigt, weil ich ganz andere Sachen zu tun hatte.
Ich bin aber zufällig auf Hinweise gestoßen, weil inzwischen auch andere Leute das Problem und Zeit zum Forschen hatten.
Das Problem betrifft sogenannte „Yoga-Books“. Der Begriff hat sich irgendwie für Notebooks eingebürgert, bei denen man den Bildschirm einmal komplett um 360° herumklappen kann, bis er wieder auf dem Boden des Notebooks ankommt, damit man sich dann das Notebook wie einen Tablet-Computer (mit Touchscreen oder Griffel) in die Hand nehmen kann.
Diese Notebooks haben einen Lagesensor, der dem Rechner – wie bei Handys und Tablets – meldet, wo nach Ansicht der Schwerkraft beim Bildschirm gerade oben ist. Und diesen Sensor soll der iio-sensor-proxy auswerten und automatisch den Bildschirm softwaremäßig immer so drehen, dass die Anzeige dazu passt, wo gerade physisch oben ist. Wie beim Tablet.
Das kollidiert bei aktuellen Fedora-Versionen aber mit fehlerhaften Selinux-Einstellungen, die es dem Dämon nicht erlauben, die Lage auszulesen, und es scheint wohl auch noch nicht in Wayland integriert zu sein. Das Fedora-Problem scheint inzwischen gelöst zu sein, weil bei dem Gerät unter Fedora /dev/iio:device0 existiert und monitor-sensor anzeigt, wenn ich das Gerät drehe, nur eben nichts passiert, während auf dem Ubuntu-Gerät zwar /dev/iio:device0 ebenfalls existiert, aber monitor-sensor gar nichts anzeigt. Im Ausgleich dazu gibt es einige Fehlermeldungen.
Das Problem ist also identifiziert, und es ist damit zu rechnen, dass es in nicht allzu ferner Zukunft auch von den Distributionen gelöst wird.
Aber: Damit erscheint die Sache deutlich sinnvoller, wenn der Hardwarehersteller davon ausging, dass da sowieso im Hintergrund Software werkelt, die kontinuierlich die Lage des Displays überwacht und die Anzeige immer so dreht, dass sie passt.