Ansichten eines Informatikers

Die Treibstoffschalter der Boeing 787 in Indien

Hadmut
13.7.2025 15:13

Es ist fraglich, ob das noch aufgeklärt wird. [Update]

Es geht gerade rum, dass man bei der Aufklärung des Flugzeugabsturzes in Indien betont schlampig vorgeht und sich nicht an ICAO-Regeln hält. Also ob man das gar nichts so wolle, dass das aufgeklärt wird.

Es läuft wohl darauf hinaus, dass aus bisher ungeklärte Gründen die beiden Treibstoffschalter der Triebwerke kurz nach dem Start abgeschaltet wurden, einer der Piloten fragte, warum der andere sie abgeschaltet habe, der das dann bestritt, man sie wieder einschaltete, die Triebwerke auch gezündet hätten und wieder angelaufen seien, die Triebswerkstemperatur habe sich wieder erhöht, aber es sei eben zu spät gewesen. Vor dem Schub kam der Boden.

Die Gerüchteküche brodelt jetzt in zwei Richtungen:

  • (Erweiterter) Suizid, ein Pilot habe die absichtlich abgeschaltet.
  • Irgendwas war mit den Schaltern faul.

Dazu hatte ich Mails von Lesern bekommen, die – mal sachkundig, mal laienhaft – verschiedene Vermutungen anstellten, ob denen vielleicht das Handy auf den Schalter gefallen oder verrutscht sei (Nein, ich glaube nicht, dass die Piloten beim Start Handy Lesen und auch nicht, dass sie es auf den Schubhebeln ablegen.), zumal ohne Quellenangaben.

Einer fragte, ob der mit dem Uniformärmel beim Vorschieben der Triebwerkshebel daran hängen geblieben sei. (Glaube ich nicht, weil man die Triebwerke schon am Anfang der Startbahn und nicht erst beim Abheben nach vorne drückt, sonst rollt’s ja nicht los, und weil der Ärmel nach vorne geht, man die Schalter zum Abschalten nach hinten/unten drücken muss.)

Einer schrieb, dass die Fluglinie verschiedene Wartungsarbeiten unterlassen hätte, darunter den Austausch dieser Schalter gegen neuere mit Verriegelung und den Austausch eines Bordcomputers, der wegen schlechter Lötstellen ausfallen kann oder schon ausgefallen ist.

Ich habe darauf zunächst nicht viel gegeben, weil es anderswo hieß, dass es seit den 1950er Jahren allgemeine Praxis sei, dass diese Schalter verriegelt und gegen unabsichtliche Bedienung geschützt sind. Eine 787 also schon ab Werk und nicht erst nachträglich verriegelte Schalter haben müsste.

Inzwischen schält sich aber doch etwas heraus.

Denn mit der Verriegelung ist wohl doch nicht so doll.

Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, ist es mit dieser Verriegelung nicht weit her:

Anscheinend besteht die nur aus diesen Zähnchen, die man da am Sockel der Schalter und an der Unterseite der beweglichen Teile der Schalter seitlich sieht. Anscheinend muss man am Schalter zum Umschalten ziehen, um diese Zähnchen übereinander weg zu heben.

Und irgendwo hieß es, dass sich diese Zähnchen, die das unbeabsichtigte Umklappen verhindern sollen, im Laufe der Zeit abnutzen und ihre Wirkung verlieren.

Deshalb gebe es von Boeing eine Anweisung, dass auch diese Schalter, wie viele Teile, nach x Flugstunden ausgetauscht werden müssen. Während die Maschine aber zweimal neue Schubhebel bekommen habe, seien die Schalter nicht getauscht worden. Irgendwo stand was, dass man es unterlassen habe, weil es im Falle der Schalter nur eine „Empfehlung“ gewesen sei, während der Austausch der Schubhebel geboten sei, also eine Kostensparmaßnahme.

Und damit könnte es sein, dass die Schalter keinen Schutz gegen unabsichtliche Bedienung (mehr) hatten, obwohl sie ja immer noch die beiden Schutzbügel links und rechts haben.

Es drängt sich förmlich der Gedanke auf, dass durch das Abheben und damit verbundene Aufstellen des Flugzeugs irgendwas nach hinten gerutscht sein könnte (Handy?).

Ich kann mir aber wirklich nicht vorstellen, dass ausgebildete Piloten irgendetwas auf diese hochwichtige Mittelkonsole legen würden.

Allerdings: Es gab ja mal einen Beinahe-Absturz, als ein Kopilot in der Luft oben mit einer Spiegelreflexkamera schöne Bilder aus dem Cockpit machen wollte, ihm dabei die Kamera herunterfiel und sich unter den Pedalen verkeilte.

Für mich würde sich da die Frage stellen, ob unerlaubt eine dritte Person im Cockpit war. Ich muss da an zwei Vorfälle denken:

  • Irgendwo ist mal ein Touristen-Hubschrauber fast abgestürzt, weil die Frau auf dem Kopilotensitz sich nicht beherrschen konnte und ihrem Drang nachgab, an dem lustigen großen Hebel oben an der Kabinendecke zu ziehen, um zu sehen, was dann passiert. Das ist die Rotorbremse, die man nach der Landung zieht, damit der Rotor stehenbleibt.
  • Schon oft erzählt: Auf einer Australienreise hat mir der Tour Guide mal erzählt, wie ihm eine Teilnehmerin mal den LKW geschrottet hat. Die macht ständig völlig absurde Dinge, und um auf sie besser aufpassen zu können, hatte er sie nach vorne in die Fahrerkabine genommen, wo normalerweise auch ein oder zwei Teilnehmer sitzen, weil alle Plätze belegt sind. Die Japanischen Gelände-LKW haben einen Schalter, mit dem man das Getriebe von normal auf Geländekriechgang umschalten kann, den man aber nur im Stand bedienen darf. Der ist nicht beschriftet, sondern hat zwei Symbole, einen laufenden Hasen und eine Schildkröte. Sie hat bei 100km/h auf der Landstraße den lustigen Schalter gedrückt, was zur sofortigen totalen Zerstörung des Getriebes weit draußen im Outback führte. Man stellte sie zur Rede und es kam heraus, dass sie einen Hirntumor und Hirnoperationen gehabt hatte, und sie nun nicht mehr richtig und falsch unterscheiden konnte und ständig Blödsinn trieb, wie etwa, sich mit Diesel statt Wasser zu waschen.

Hebel und Schalter üben auf manche Menschen eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus.

In Neuseeland habe ich mal auf dem Parkplatz vor einem Vergnügungspark einen amtlich-behördlich aussehenden Pfosten gesehen, an dem oben ein industrieanlage-mäßiger großer roter Tastenschalter war, Funktion nicht ersichtlich, aber ein Schild dran, dass es strengstens untersagt sei, die Taste zu drücken. „Don’t press!“

Natürlich hat spätestens alle 2 Minuten irgendeiner gedrückt.

War ein Scherzartikel, in den Bäumen daneben waren Wasserdüsen versteckt, und wenn man drückte, bekam man eine Ladung Wasser ab.

Mach einen Schalter, und die Leute werden ihn bedienen.

War da noch jemand im Cockpit?

Ist da nicht mal ein russisches Flugzeug fast abgestürzt, weil der Pilot Klein-Sohnemann mal fliegen ließ?

Ich bin nicht überzeugt, dass das völlig aufgedeckt wird. Unterlassene Wartung spielt sicherlich eine Rolle, aber so genau will man das wohl gar nicht wissen.

Was mich aber irritiert: Aus dem, was ich bisher gelesen habe, geht nicht klar hervor, ob der Flightrecorder die Schalter aufzeichnet, oder ob man das nur indirekt an anderen Aufzeichnungen erkennt. Es hieß an einer Stelle, dass die Schalter wieder eingeschaltet worden seien, weil sie beim Wrack nicht nur richtig standen, sondern auch die Triebwerkstemperatur wieder angestiegen sei, was man offenbar aufgezeichnet hat.

Was auch immer da passiert ist, irgendwie überzeugen diese Schalter nicht.

Ich würde eigentlich jedem Piloten raten, sich vor dem Anlassen der Maschine diese Schalter mal ganz genau und aus der Nähe anzuschauen und sich von deren Zustand zu überzeugen. Und mal Wartungspersonal zu befragen, was es mit deren Austausch auf sich hat.

Update: Es gab 2018 einen Hinweis der FAA, dass sich diese Sicherungszähne abnutzen können und die Schalter sich dann ohne Anheben bewegen lassen: