Das Geschwätz der Frauke Brosius-Gersdorf (Verfassungsrichterkandidatin der SPD)
Warum ich die Kandidatin der SPD nicht nur charakterlich, sondern auch verfassungsjuristisch-fachlich für nicht befähigt halte.
Ich hatte mir fest vorgenommen, mir die inkriminierte Festschrift „Rechtskonflikte – Festschrift für Horst Dreier zum 70. Geburtstag“, die die SPD-Verfassungsrichterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf mit herausgegeben habe und in der sich die streitauslösende Textstelle finde, nachzulesen, wenn ich wieder in Deutschland bin. Es zu kaufen fällt aus, denn für eine belang- und bedeutungslose Festschrift 224,00 Euro zu verlangen, ist eine blanke Unverschämtheit, auch wenn sie 1059 Seiten hat, und wieder mal ein Beispiel der kriminellen Verzahnung zwischen Verlagen und Professoren, die ich in den Naturwissenschaften schon beschrieben hatte (Elsevier usw.), bei denen Monographien, Journale usw., die kein normaler Mensch kauft, zu Mondpreisen verkauft werden, wohl wissen, dass die ganzen Universitäts-, Instituts- und Landesbibliotheken den Mist kaufen müssen, worüber ja auch die Professoren wieder entscheiden. Im Prinzip ist das ein Mischung aus Veruntreuung und Geldwäsche: Man schreibt irgendeinen Mist, den keiner liest, druckt und verkauft ihn zu Mondpreisen, lässt die vom Steuerzahler finanzierten Bibliotheken die Dinger aufkaufen, und hat schwups nicht nur einen dicken Posten auf der Veröffentlichungsliste, sondern oft auch deftig Geld auf dem Konto. Manchmal sacken es die Verlage aber auch alleine ein. Viele wissenschaftliche Publikationen sind reiner Fake, reine Pseudopublikationen.
Auf die Ausleihe in der Bibliothek habe ich mir nicht viel Hoffnung gemacht, weil ich wahrscheinlich nicht der Einzige bin, der auf die Idee gekommen ist. Und oft bekommt man zwar auch Aufsätze und so weiter inzwischen digital, aber eher nicht bei Festschriften.
Nun begab es sich aber, dass mir ein Leser einen Auszug aus diesem Werk schickte. Nicht die 1059 Seiten, sondern nur die mit dem Aufsatz „Menschenwürdegarantie und Lebensrecht
für das Ungeborene – Reformbedarf beim!Schwangerschaftsabbruch“ von Frauke Brosius-Gersdorf, Seite 753 ff.
Und dabei ist mir beim ersten Lesen schon ein heftiger Fehler aufgefallen.
Ich habe die angegebenen Quellen noch nicht nachvollzogen, dazu fehlen mir gerade Zeit und Zugang zu Juris und BeckOK. Aber:
Wie das bei den Juristen nun mal so ist, auch in Dissertationen und ähnlichen Texten, besteht die Substanz aus kultiviertem Abschreiben, angereichert durch sowohl volumenblähende, als auch plagiatsvorwurfabwehrende und zitierkartellfördernde Quellenangaben, die oft fast oder sogar mehr als die Hälfte der Seite einnehmen, und dazwischen wird manchmal mit einer Pipette in homöopathischen Dosen eigener Text eingeträufelt. Viele juristische Dissertationen enthalten weniger Eigentext als die Einleitung in Naturwissenschaften.
Artikel 1 Grundgesetz: Die Menschenwürde
Ich hatte vor einiger Zeit mal einen Artikel im Blog, auch mit Quellenangaben, zu einem häufig gemachten Fehler. Viele Leute, auch Juristen, die gerne vom Grundgesetz und den Grundrechten palavern, ohne sich je damit näher befasst zu haben, hantieren gerne mit der „Menschenwürde“. Weil man damit so herrlich rumfuchteln und einfach alles begründen kann. Frauenrechte, 3497 Geschlechter, Schwanzwedeln, Regenbogenflagge – für alles muss die Menschenwürde herhalten, für jeden noch so absurden Mist.
Eigentlich müsste man fast jeden, der heute von Menschenrechten redet, wegen Holocaust-Relavitierung verdonnern, denn eigentlich und ursprünglich hatte man den Grundrechtekatalog, der originär aus der Paulskirchenversammlung stammt und als Reaktion auf die Karlsbader Beschlüsse entstand, unter dem Eindruck des Dritten Reiches, des Holocausts hineingeschrieben, weil man als Aufmacher und schon aus literarischen Gründen nicht nur einen Aufmacher wie Donnerhall brauchte, sondern auch ein Nie-Wieder festschreiben wollte, um sich auch deutlich vom Dritten Reich abzugrenzen und zu zeigen und zu sagen: „Wir haben etwas daraus gelernt, wir machen das nicht mehr.“
Die „Menschenwürde“ aus Artikel 1 heißt, dass man nicht wie Schlachtvieh in Güterwaggons verladen, nicht in Konzentrationslagern zusammengepfercht wird wie wertloser Müll, dass man nicht vergast und nicht in Massengräbern verscharrt oder in Öfen wie Müll verbrannt wird.
„Menschenwürde“ heißt nicht, dass sich jeder Dummschwätzer, jeder Depp von Geistes- und Sozialwissenschaftler, jeder Armleuchter von Journalist, jeder Staatsexamensinhaber von Jurist, der sich nie damit befasst hat, irgendeinen Scheiß ausdenken und mit dem Begriff herumwedeln kann. Menschenwürde ist nicht Gegenstand einer Laienauslegung.
Insbesondere bedeutet die „Menschenwürde“ nicht, dass man einen Anspruch gegenüber anderen hat, sich wie ein Idiot aufzuführen. Sie bedeutet nicht, dass man sich Phantasiegeschlechter ausdenken und von anderen mit Phantasieanreden ansprechen lassen darf, sie bedeutet nicht, dass man Regenbogenflaggen auf dem Reichtstag hisst, sie bedeutet nicht, dass Männer sich in den Damenumkleide herumtreiben und bedeutet auch nicht, dass man schwanzwedelnd und eierläutend durch die Fußgängerzone schaukelt.
Die Menschenwürde ist keine Freakshow.
Und sie ist auch kein Freifahrtschein, um sich beliebigen Blödsinn darunter auszudenken, als hätte ein Soziologe eine Korrelation gefunden. Sie ist kein Gummiparagraph.
Was also bedeutet Artikel 1 Grundgesetz, was bedeutet die Würde des Menschen denn dann konkret?
Es wird manche überraschen, einige frappieren, andere werden es mir nicht glauben, aber:
Artikel 1 Grundgesetz, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, bedeutet, für sich betrachtet, einfach gar nichts.
Das ist reine Verzierung, dazu da, damit das Ding beim Aufschlagen und Lesen toll und eindrucksvoll wirkt, das ist bei Verfassungen eben so und wird erwartet, wie das Portal eines Gerichtsgebäudes. Artikel 1 hört sich gut an, sagt aber selbst gar nichts. Und deshalb ist es blödes Geschwätz, wenn sich linke/grüne/rote/pseudoakademische Großmäuler auf die „Menschenwürde“ als Universalfreifahrtschein berufen.
Man kann sich auf die Menschenwürde juristisch eigentlich gar nicht berufen, weil sie selbst – zunächst – keinen definierten Inhalt hat. Viel zu diffus und – zunächst – völlig undefiniert. Taugt nicht als Rechtsbegriff.
Wieso ist das so? Und wie ist es denn dann?
Nun, gerade das steht in Artikel 1. Die wenigsten derer, die mit der Menschenwürde herumfuchteln, haben Artikel 1 schon mal gelesen. Ich kann mich erinnern, dass sie mal irgendwann mit einem Fernsehteam vor oder im Bundestag Politiker abgepasst und gefragt haben, ob sie Artikel 1 kennen. Mehr als „Irgendwas mit Menschenwürde“ oder „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ kam da nicht.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Artikel 1(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Wenn man es denn mal gelesen hat, und das findet man auch in der Verfassungsrechtsprechung, ist die Sache eigentlich klar:
Die Menschwürde selbst ist kein Grundrecht, sondern die nachfolgenden Grundrechte dienen der konkreten Ausgestaltung der Menschenwürde. Erst durch den Grundrechtekatalog wird der Begriff der Menschenwürde konkretisiert. Die Menschenwürde ist nur der Grund, der Anlass, die Begründung, die Legitimation, der Zweck, warum man die Grundrechte als Katalog auflistet. Sie alle zusammen stellen das her, was Menschenwürde sein soll. Als seien die Grundrechte die Schubladen im Schrank „Menschenwürde“.
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Ja.
Aber wenn man daraus einen konkreten Schutzanspruch ableiten will, kann man sich nicht auf die Menschenwürde berufen, sondern muss eines der Grundrechte hernehmen. Deshalb ist die Menschenwürde auch kein Anspruch, Regenbogenflaggen zu hissen oder als Mann in Damenumkleiden zu gehen. Das wäre dann Artikel 2 Grundgesetz:
Artikel 2 Grundgesetz
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Heißt: Ja. Jeder Mann hat das Recht, seine Persönlichkeit, seinen Dödel und seine Klöten in die Damenunkleide hinein zu entfalten. Aber nur, solange keine Frauen sie benutzen (wollen). Das Recht endet, wenn Frauen drin sind. Weil in Damenumkleiden herumzudödeln eben nicht die unantastbare Menschenwürde aus Artikel 1, sondern die durch Rechte anderer begrenzte Entfaltungsfreiheit aus Artikel 2 ist. Aus demselben Grund hat man auch keinen Anspruch auf Hissen einer Regenbogenflagge, weil man damit die Rechte anderer verletzt (z. B. Erziehungsrecht der Eltern oder die negative Religionsfreiheit).
Eigentlich ist das ganz einfach. Und klar. Viel einfacher und klarer als zu glauben, „Menschenwürde“ sei ein Gummibegriff, unter dem jeder nach Lust und Laune, Gutdünken und Inkompetenz verstehen kann, was ihm gerade dazu einfällt, ohne jemals etwas dazu gelesen zu haben. Der Grundrechtskatalog sagt einigermaßen konkret, was man darunter zu verstehen hat.
Dieser Zusammenhang ist fast keinem der vielen „Menschenwürde“-Schwätzern klar, und nicht einmal vielen Juristen. Sogar viele „Staats- und Verfassungsrechtler“ und sogar mitunter Verfassungsrichter scheitern daran.
So ist mir bisher kein Text der – ehemaligen – Verfassungsrichterin Susanne Baer bekannt, indem sie sich inhaltlich (über das bloße, seltene Nennen der Nummer und des Titels hinaus) über Artikel 3 hinauswagt, und zu irgendwas wie Meinungs- und Berufsfreiheit äußert.
Warum? Na, die Artikel 1 und 3 sind ganz einfache Laber- und Schwafelartikel, für die muss man nichts wissen und nichts können. 4 ist schon schwieriger, und ab 5 geht die Schwergewichtsrechtskunde los. An Artikel 5 verheben sich schon die meisten Berufsrichter und Staatsanwälte.
Alles ab 4 ist nichts mehr für Quotentussis, Quereinsteigerinnen und „Quality is a myth“-Strateginnen mit Work-Life-Balance. Spätestens ab Artikel 5 muss man richtig ranklotzen. Baer wäre mangels Verfassungsrechtskunde nicht in der Lage gewesen, meine Verfassungsbeschwerde zu bearbeiten.
Frauke Brosius-Gersdorf
Nach der langen Einleitung kommen wir zu der Frage, was mir an Frauke Brosius-Gersdorf auffällt.
Sie differenziert bei der Abtreibung stark zwischen Artikel 1 (Menschenwürde) und Artikel 2 (Recht auf Leben):
Für die Geltung des Art. 1 I GG erst ab Geburt spricht, dass zwischen dem Ungeborenen und dem geborenen Menschen trotz ihrer beider Zugehörigkeit zur Spezies Mensch, der kontinuierlichen Entwicklung des Embryos/Fetus, seiner Identität mit dem späteren geborenen Menschen und seinem Potenzial, sich zum geborenen Menschen zu entwickeln (sog. SKIP-Argumente)14 im Hinblick auf die Würdebegabung Unterschiede bestehen.15 Die SKIP-Argumente verfangen nicht zur Begründung von vorgeburtlichem Würdeschutz.16 Würdeschutz für den Embryo/Fetus folgt auch nicht aus der vorgeburtlichen Geltung des Art. 2 II 1 GG, weil17 der personale Schutz von Art. 1 I und Art. 2 II!1 GG nicht kongruent sind.18 Die Annahme, dass die Menschenwürde überall gelte, wo menschliches Leben existiert,19 ist ein biologistisch-naturalistischer Fehlschluss.20 Menschenwürde- und Lebensschutz sind rechtlich entkoppelt.21
Erstreckte man Art. 1 I GG gleichwohl auf den Embryo/Fetus ab Nidation, überzeugte es wenig, die Menschenwürde mit geringerem Schutz zur Geltung zu bringen als für den geborenen Menschen. Dies bräche mit der tradierten Dogmatik, dass die Menschenwürde einer Relativierung und Abwägung nicht zugänglich ist.22 Eine Abstufung des vorgeburtlichen Würdeschutzes nach Maßgabe der Entwicklung des Embryos/Fetus relativierte die Bedeutung des Art. 1 I GG und würde seiner herausragenden Stellung als oberstem Verfassungswert23
und tragendem Konstitutionsprinzip24 des Grundgesetzes nicht gerecht. Deutet man die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts so, dass die Menschenwürdegarantie einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht nicht per se unzugänglich ist,25 spricht das ebenfalls für den gleichen, vollen Würdeschutz vor und nach Geburt. Auch dann wäre (erst recht) nicht erkennbar, worin noch die verfassungsrechtliche Besonderheit des Art. 1 I GG, seine Bedeutung als höchster Rechtswert innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung26 bestehen soll.[…]
2. Grundrecht auf Leben (Art. 2 II 1 GG)
Anders als bei Art. 1 I GG besteht im Schrifttum weitgehend Einigkeit, dass das Grundrecht auf Leben (und körperliche Unversehrtheit) aus Art. 2 II 1 GG nicht erst für den Menschen ab Geburt gilt,53 sondern bereits dem Embryo/Fetus zusteht. Umstritten ist, ob für den Beginn des Lebensschutzes auf die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle54 oder auf die Nidation55 abzustellen ist, wobei für den Schwangerschaftsabbruch allein relevant ist, ob das Lebensrecht ab Nidation gilt. Vereinzelt wird der Beginn des verfassungsrechtlichen Lebensschutzes auf den Zeitpunkt der Hirntätigkeit,56 der Empfindungsfähigkeit57 oder der extrauterinen Lebensfähigkeit58 des Fetus datiert. Soweit Art. 2 II 1 GG vorgeburtlich ganz überwiegend jedenfalls ab Nidation bejaht wird, wird teilweise ein voller Lebensschutz ebenso wie nach Geburt angenommen.59 Nach anderer Auffassung soll pränatal ein Konzept des gestuften oder kontinuierlich anwachsenden Lebensrechts gelten.60 Die Abstufungen sollen sich am jeweiligen Entwicklungsstadium des Embryos/Fetus (z. B. Nidation, Organanlage, Empfindungsfähigkeit, Hirntätigkeit, Lebensfähigkeit ex utero) orientieren, sodass der Lebensschutz mit fortschreitender Ontogenese
von einem geringen Niveau bis zu einem dem geborenen Leben gleichwertigen Schutzniveau anwächst.61 Ab Lebensfähigkeit ex utero62 bzw. spätestens ab Geburt (unstreitig) entfalte Art. 2 II 1 GG vollen Schutz.a) Geltung des Art. 2 II 1 GG ab Nidation mit geringerem Schutz als nach Geburt
Für die Geltung des Art. 2 II 1 GG für den Embryo/Fetus spricht, dass biologisch-physiologisch menschliches Leben bereits vor der Geburt existiert.6 Anders als bei Art. 1 I GG gibt es beim pränatalen Lebensrecht aber gute Gründe für ein geringeres Schutzniveau. Anders als der geborene Mensch ist das Ungeborene bis zur Lebensfähigkeit ex utero existenziell abhängig vom Organismus der Schwangeren. Der Embryo/Fetus ist für seine Lebensfähigkeit angewiesen auf die körperliche Einheit mit der Schwangeren.64 Und auch danach hängt seine Existenz als Mensch noch vom Geburtsakt ab. Dieser durch leibliche Einheit mit der Schwangeren gekennzeichneten besonderen Situation des Ungeborenen entspricht die Annahme eines geringeren Schutzstandards des Art. 2 II 1 GG als beim geborenen Menschen.
Die SKIP-Argumente tragen eine lebensrechtliche Gleichordnung des Ungeborenen mit dem Menschen ab Geburt nicht.65 Sie blenden im Gegenteil die besondere Situation des Ungeborenen, das für seine Überlebensfähigkeit auf die leibliche Einheit mit der Schwangeren angewiesen ist, aus. Aus der Zugehörigkeit des Embryos/Fetus zur Spezies Mensch, der kontinuierlichen Entwicklung des Ungeborenen, seiner Identität mit dem später geborenen Menschen und seinem Entwicklungspotenzial zum geborenen Menschen folgt nicht, dass eine Abstufung des Schutzes von Art. 2 II 1 GG nach Maßgabe embryonaler Entwicklungsstadien unzulässig ist.
Boah.
Was macht sie da? Was treibt sie da? Das müssen wir jetzt erst einmal beleuchten und verstehen.
Sie will Abtreibung bis zur Geburt. Genauer gesagt, bis zum Abschluss des Geburtsvorgangs.
Nun liest sie die Verfassungsliteratur und -rechtssprechung, und findet darin mehrfach zwei für sie problematische Aussagen:
- Auch der ungeborene Fötus hat das Recht auf Leben aus Artikel 2.
- Die Würde des Menschen aus Artikel 1 ist unantastbar. Und „unantastbar“ heißt nicht „stark belastbar“, auch nicht ein bisschen, sondern „Flossen weg, da geht gar nichts!“
Und das ist ein Problem. Deshalb versucht sie nun per Faselakrobatik, Menschenwürde und Recht auf Leben voneinander zu trennen (wer mitgedacht hat, weiß jetzt, worauf es hinausläuft), denn: Die Menschenwürde ist unantastbar, daran kommt sie nicht vorbei, aber das nach Literatur und Rechtsprechung bestehende Recht auf Leben des Embryos ist es, das sie an der Abtreibung hindert. Weil sie aber eben jenes Recht auf Leben des Embryos antasten, nämlich reduzieren will, damit sie ihn töten kann, muss sie dazu an der Unantastbarkeit der Menschenwürde vorbei.
Und deshalb versucht sie per Rabulistik und Gefasel zu dem Punkt zu kommen, dass für den Fötus zwar das Recht auf Leben so ein bisschen gelte (nicht, weil sie will, sondern weil das halt in Literatur und Verfassungsrechtsprechung so steht), aber nicht die Menschenwürde, damit sie das Recht auf Leben antasten kann, also das Töten des Fötus nicht gegen die Unantastbarkeit verstoße.
Und nachdem sie vermeintlich die Unantastbarkeit beseitigt hat, geht sie nun daran, den Fötus zu erwürgen, nämlich indem sie ihm das Recht auf Leben dadurch abspricht, dass er es jetzt ja noch gar nicht wahrnehmen könne. (Was schon medizinisch falsch ist, denn auch 7-Monatskinder können mit Kaiserschnitt überleben, sind also weder auf den letzten Metern auf die Mutter, noch den Geburtsvorgang zwingend angewiesen.)
Das ist ungefähr so, als hätte ein Gesunder keinen Anspruch auf Krankenversorgung, ein Reicher nicht auf Sozialhilfe, ein Minderjähriger nicht auf den Führeschein und ein 30-Jähriger nicht auf Rentenversorgung, weil sie das alle noch nicht in Anspruch nehmen könnten.
Es ist, als hätte man niemals einen Zahlungsanspruch, weil der Zahlungsanspruch sich auf Geld bezieht, dass man noch nicht hat, als gäbe es bei Geld nur einen Behaltensanspruch. Denn sie sagt ja, dass nur der einen Lebensanspruch hat, der selbständig leben kann.
Demnach hätte jemand auf der Intensivstation, jemand mit Herzschrittmacher, jemand, der auf Medikamente angewiesen ist, ein lebensgefährlich Schwerverletzter keinen Lebensanspruch, weil er ja ohne fremde Hilfe nicht leben kann. Als hätten den nur Gesunde, die selbst aus eigener Kraft leben könnten.
Wie Leser wissen, war ich vor über 30 Jahren mal schwer krebskrank, kurz vor dem Abnippeln, eigentlich schon alles zu spät, und habe nur überlebt, weil ich an gute Ärzte gekommen bin. Lag einen Tag auf der Intensiv. Nach der Logik von Frauke Brosius-Gersdorf wäre damals mein Grundrecht auf Leben erloschen, weil ich nicht mehr in der Lage war, aus eigener Kraft zu überleben.
Mit anderen Worten:
Die Frau geht juristisch über Leichen, um Föten umbringen zu können.
Das ist aber ein moralischer Aspekt. Ich will, wie anfangs schon angedeutet, auf etwas anderes hinaus. Nämlich den Punkt, dass sie die Menschenwürde aus Artikel 1 und das Recht auf Leben aus Artikel 2 entkoppeln will, weil sie das Recht auf Leben mit dem Argument der Nabelschnur antasten will, und dazu die Unantastbarkeit aus Art. 1 loswerden muss. Menschenwürde gilt hier nicht.
Diese Vorgehensweise kennt man aus den linksextremen Juristenlager:
- Meinungsfreiheit? Ja, klar! Aber was Meinung ist und was nicht, das bestimmen wir willkürlich im Hinterzimmer, denn „Hass ist keine Meinung“, und was Hass ist, legen wir nach Belieben und Gutdünken aus (wie vom NDR beschrieben).
- Pressefreiheit? Ja, klar! Aber wer Presse ist, das bestimmen willkürlich wir (siehe Themenkomplex Pressefreiheit). Natürlich nur Linke.
- Wissenschaftsfreiheit? Ja, klar! Aber was Wissenschaft ist, das bestimmen willkürlich wir. Und Wissenschaft ist nur, was uns politisch passt („Klima-Konsens“ = wer nicht zustimmt fliegt raus, wird ausgeladen, gefeuert, bekommt von der Antifa aufs Maul)
- Berufsfreiheit? Ja, klar! Aber was ein Beruf ist, bestimmen wird, und den anderen schießen wir das Konto weg.
und nun eben
- Menschenwürde? Ja, klar! Aber wer „Mensch“ ist, das bestimmen wir.
- Recht auf Leben? Ja, klar! Aber unter welchen Voraussetzungen, das bestimmen wir.
- Parteienfreiheit? Ja, klar! Aber wer „demokratische“ Partei ist, das bestimmen wir (AfD-Verbot)
Auch bekannt als „Unsere“ Demokratie.
Das ist die Denkweise, und deshalb wollen SPD und Grüne sie unbedingt als Richterin haben. Und es fehlt dann auch nicht viel, bis sie die Denkweise Föten-Töten und AfD-Verbieten vermischt und die Antifa dann nicht mehr nur Schädel einschlägt, sondern mordet, weil Art 1 und 2 wegdiskutiert.
Inkompetenz
Das alles ist stringent mit dem, was sie will.
Aber es ist nichts rechtskundig. Das ist nur so das übliche flache Feld-Wald-und-Wiesen-Juristen-Gefasel, die Allgemeindialektik, mit der man auch die Abstandsflächen der Landesbauordnung zerredet, das juristenübliche „Im Allgemeinen ja, aber nicht in diesem Fall, weil …“ um stets nach persönlicher Willkür und gegen das Gesetz zu entscheiden. Kennt man aus unzähligen Urteilen.
Sie hat dabei aber einen Laienfehler begangen: Sie hat übersehen, dass sie Artikel 1 und Artikel 2 gar nicht entkoppeln kann und die Menschenwürde gar keine geringere Reichweite als das Recht auf Leben haben kann, weil das keine konkurrierenden Grundrechte sind, sondern der Artikel 2 als Teil des Grundrechtekatalogs die konkrete Ausgestaltung des Artikel 1 ist.
Die Frau hat das Konstruktionsprinzip der Grundrechte nicht verstanden. Sie ist eine allgemeine juristische Faselette, aber keine Verfassungsrechtlerin.
Ich halte sie deshalb für als Verfassungsrichterin ungeeignet. Verfassungsrichtern dürfen solche Fehler nicht unterlaufen.
Ich habe bisher nur diesen Text von ihr gesehen, aber ich halte sie in Verfassungsrecht für fast so unbefähigt wie Susanne Baer. Von der habe ich bisher noch nicht einmal allgemeines Juristenblabla entdeckt, sondern nur „Rechtssoziologie“.
Sie würde aber dazu passen, dass es mit der Rechtskunde des Bundesverfassungsgerichts ohnehin nicht mehr weit her ist.
Oder wie man bei den Genders sagt: „Quality is a myth.“