Gequirlte Scheiße aus Deutschland
Das anzumerken kann ich mir jetzt auch nicht verkneifen.
Normalerweise habe ich ja aus bekannten Gründen oft eine Hintergrundberieselung durch Fernsehen und schaue auch viel Fernsehen, allein schon um über das zu bloggen, worüber andere sagen, dass sie das schon seit Jahren nicht mehr ertragen.
Nun hatte ich für so etwas in Osaka aber nicht nur keine Zeit, denn ich war dann abends oft müde und damit beschäftigt, den nächsten Tag vorzubereiten, sondern hatte auch eine Zeitverschiebung von +7 Stunden. Wenn man der Zeit hinterherhinkt, ist das kein Problem, dann schaut man die Nachrichten halt einfach ein paar Stunden später. Und wenn man, wie auf Zypern, nur eine Stunde voraus ist, ist das auch kein Problem, dann bleibt man halt abends eine Stunde länger wach, was gut passt, weil ich ja morgens ohnehin gerne zwei Stunden länger schlafe. Was in Osaka übrigens schon deshalb nicht funktioniert hätte, weil ich da, völlig entgegen meiner Gewohnheit morgens zwischen sechs und kurz nach sieben aufgestanden bin, wegen Straßenlärm, weil das Bett direkt am und unter dem Fenster stand und mir die Morgensonne ins Gesicht schien (was ich durch Schließen der Vorhänge hätte verhindern können, aber nicht wollte, denn ich wollte ja früher aufstehen) und durch die dünnen und völlig schalldurchlässigen Wände das Gepolter der Zimmernachbarn jeder Schlaf fast unmöglich wurde, war gar nicht daran zu denken, 7 Stunden länger wach zu bleiben um Nachrichten zu sehen.
Ich habe zwar mal versucht, japanisches Fernsehen zu schauen, das Hotelzimmer hatte ja einen Fernseher, aber es kam nur japanisches Fernsehen, kein CNN oder so etwas, nichts zu verstehen. Ich hatte einige Male eine eher alberne Sitcom oder Soap Opera aus der Samurai-Zeit gesehen, die wohl älter gewesen sein muss, weil noch in 4:3 gedreht, und das wohl auch noch eine Billigproduktion, weil man doch sehr deutlich gesehen hat, dass man den Schauspielern Gummiglatzen (die manchmal so transparent waren, dass man die echten Haare hat durchscheinen sehen oder aussahen, als hätten sie eine Badekappe auf) auf- und Samuraifrisuren mit langen Koteletten so angeklebt hat, dass man die Klebekanten sehr deutlich sah, wo dann irgendwelche Belanglosigkeiten, die ich nicht verstanden habe, ausdiskutiert wurden, mitunter mit dem Schwert, Tote gab es ganz am Rande auch. Das hat mich auch nicht weiter gebracht, war aber unterhaltsamer als irgendwelche Talkshows und Spielshows.
Ich habe deshalb ein paar Mal abends die Nachrichten des Vortages gesehen, aber so richtig Spaß macht das nicht, und ich habe eher ein Notprogramm an Informationsgewinnung durch ein paar Zeitungswebseiten und Twitter/X betrieben, also keine völlige Medienenthaltsamkeit, aber das alles eben reduziert auf eine kurze Medienschau der Webseiten, weil das dann nämlich auch funktioniert, wenn man in der U-Bahn oder in der Bahn nach Kyoto oder Nara sitzt, oder zwischendurch mal Pause macht oder auf das Essen wartet. Also erst einmal die Wahrnehmung der Überschriften und Schlagzeilen, und dann das Lesen selektiv ausgewählter Texte.
Sorry, wenn ich es mal so direkt sage, aber was ich über den Mai aus Deutschland an Nachrichten gelesen habe – vielleicht habe ich einiges verpasst – war eigentlich nur gequirlte Scheiße.
Kaum oder keine inhaltlichen Nachrichten. Dafür solcher Mist, dass Person X irgendeinen Mist Y geredet hat, über den sich irgendwer aufregt, und all so einen Quatsch.
Irgendwie hatte ich da durch die Japan-Brille den Eindruck, dass in Deutschland gar nichts mehr passiert, was noch wirklich wichtig ist, stattdessen jeder irgendetwas schwätzt, um sich wichtig zu machen und ins Gespräch zu bringen, und die Medien das dann eben hochkochen, durchkneten, auswringen.
So etwas wie ein Schild rauszuhängen, auf dem steht „Sorry, heute keine Meldungen, denn es ist in Deutschland einfach nichts passiert, was unseren qualitativen Mindestanforderungen entspricht, und für das ganze blöde Geschwätz sind wir uns zu schade“ ist nicht drin.
Manchmal saß ich da, ob im Hotelzimmer, im Restaurant, in der Bahn, und fragte mich, was ist da für ein Land, was ist in Deutschland los, wenn da nur noch solche Dünnschissmeldungen kommen und die Medien sich darüber zerreißen müssen, dass irgendwo irgendeine dumme Nuss irgendwas Dummes gesagt hat, und viele andere Dumme es nicht ertragen können, dass die Nuss was Dummes gesagt hat und sie noch keinen dummen Kommentar dazu abgegeben haben.
Ich hatte da immer stärker den Eindruck, dass dieses Land an einer politischen und intellektuellen Demenz leidet, dass nur noch geplappert und gezetert wird, und inhaltlich gar nichts mehr passiert.
Es gibt so einen Spruch „Wenn die mal stirbt, muss man ihre Klappe nochmal extra totschlagen, damit Ruhe ist“.
So kommt mir das vor. Wie ein Land, das inhaltlich tot ist, und bei dem der Letzte eben vergessen hat, das automatische Geschwätz abzuschalten.
Deutschland ist ganz gruselig, wenn man das aus der Distanz betrachtet.