Ansichten eines Informatikers

Die Sache mit den Bohnen

Hadmut
23.5.2025 15:38

Ich glaube, ich komme so langsam dahinter, dass ich mich vor ein paar Tagen blamiert habe.

Oder: Er weiß nicht, wie man die Bohnen benutzt.

Es sind die Bohnen.

Also, die Sache ist die. Das Essen ist hier zwar sehr lecker, aber mir fehlt noch völlig das Gefühl dafür, wo man wie was in welcher Kombination bestellt.

Ich hatte das schon erlebt, dass man in einfachen Garküchen – wo es inzwischen üblich ist, dass man nicht beim Kellner, sondern entweder bei oder vor dem Betreten des Restaurants an einem Automaten (kennt man in Deutschland inzwischen von McDonalds und IKEA, ist hier aber auch bei so richtigen Restaurants völlig gang und gäbe und erleichtert es ungemein, wenn man kein Japanisch kann) bestellt und gleich bezahlt, und dann entweder der Bedienung den Bestellzettel überreicht oder aber wartet, bis das Essen auf einem Monitor als abhohlbereit angezeigt wird, was sich sehr McDonalds- oder kantinenmäßig anhört, hier aber auch für ordentliche, gute Restaurants normal ist, oder aber man entweder beim Betreten einen Thermobon mit einem QR-Code bekommt oder an jedem Sitzplatz einer dauerhaft angebracht ist, und man von da per Handy bestellt, was man will. Mist. Jetzt fällt mir gerade auf, dass das ein einziger langer Satz ist, und der nicht mal zu Ende ging, also: Ich hatte das schon erlebt, dass man in einfachen Restaurants, wo man nur eine Kleinigkeit für den Hunger zwischendurch bestellt, ein ganzes Tablett mit Riesenteller Suppe oder viel Fleisch und Reis und Beilagen und Miso-Suppe bekommt, und für kleines Geld hinterher pappsatt ist, also man gar nicht mehr als ein Ding bestellen sollte.

Andererseits aber habe ich es erlebt, dass man irgendwas bestellt, und dann so vier, fünf perfekte, aber eben nur vier oder fünf Sushi-Röllchen bekommt. Ich hatte schon Fleisch bestellt, und das war dann wirklich exzellent und Spitzenklasse – aber so aufgeschnitten vier kleine Scheibchen. Schmeckt göttlich, aber macht nicht satt.

Eben war ich gerade in einem Restaurant, dass sich auf Ente spezialisiert hat, und wusste nicht, ob man da nur eine Portion bestellt und davon satt wird, oder Beilagen dazu, was gut war, weil sie mir extra die sehr hübsche Kellnerin geschickt haben, weil die etwas Englisch konnte, und die Frage auch nicht mit ja oder nein beantwortete, sondern den Koch veranlasste, mir breit grinsend (der war sehr freundlich, schien sich aber durchgehend über mich zu amüsieren) einen Teller in die Luft zu halten, auf dem das angerichtet würde, damit ich eine Vorstellung davon bekam. Gut (hat exzellent geschmeckt), aber nicht genug für Abendessen-satt, also habe ich noch etwas zweites dazubestellt, und mich natürlich vertan, denn mit der zweiten Bestellung bekam ich (der Koch hat gegrinst) so ein einzelnes, kleines Spießchen, so einmal dran lutschen und weg ist es. Es schmeckt alles sehr gut, aber ich kann die Mengen überhaupt nicht abschätzen und weiß nicht, bestellt man sich da jetzt noch etwas dazu oder nicht?

Jedenfalls habe ich da wohl für Heiterkeit gesorgt. Und die Kellnerin war sehr hübsch und fröhlich.

Leider sprach sie dann aber auch nicht so gut Englisch, dass ich nach Aufklärung eines anderen Sachverhaltes gefragt hätte: Die Bohnen.

Mir kam nämlich der Verdacht, dass ich mich damit schon schwer blamiert habe.

Das war nämlich schon der dritte Restaurant-Besuch, bei dem ich als Appetizer vorab diese Bohnen bekam.

Man bekommt ein Schüsselchen, darin einige, so zwischen vielleicht 10 und 20, Bohnen. Und damit meine ich nicht die Samen, also die geschälten Bohnen, sondern die geschlossenen Hülsen. Die sind irgendwie eingelegt und außen gewürzt, und weil man sie also sichtbar und schmecklich außen bearbeitet und gewürzt hat, nahm ich bei meinem ersten Mal an, dass man die wohl so im Ganzen isst. Warum sonst hätte man sie außen würzen sollen?

Mir war damals schon aufgefallen, dass meine Anwesenheit zu Heiterkeit geführt hatte, und sogar der Koch aus der Küche kam um zu gucken, was denn das für einer ist. Ich hatte das darauf zurückgeführt, dass ich statt des obligatorischen Sake – ich trinke keinen Alkohol – Orangensaft bestellt hatte, was nach hiesigen Maßstäben wohl schon als hart am Wahnsinn gilt. Jedenfalls hatte ich, beim Warten auf das Essen, auf diesen Bohnen herumgeknabbert und mich noch a) über deren Wohlgeschmack gefreut und b) über deren verfluchte Zähigkeit geärgert. Ich hatte da eigentlich erwartet, dass die ganz zart sind, wenn die einem das so und überhaupt servieren, aber das war echte Arbeit, so ein Ding zu essen. Sehr faserig.

Ich dachte mir: Naja. Schmecken tun sie gut, und Ballaststoffe sollen ja gut für die Verdauung sein.

Ich habe da also mühsam auf den Dingern herumgekaut, und nach der dritten keine Lust mehr, das Essen kam dann auch, und hatte einige Fasern, die ich nicht runterbekommen habe, zurück auf das Tellerchen gelegt.

Ich bemerkte so eine latente Heiterkeit im Raum.

Als ich das zweite Mal in einem anderen Restaurant solche Bohnen bekam, kam mir das verdächtig vor. So pagodenhaft Schüsselchen auf Unterteller, wieder diese Bohnen. Nein, die will ich nicht nochmal kauen.

Ich versuchte mal was anderes. Ich habe die Dinger gelutscht. Mir fiel da nämlich auf, dass man die Dinger recht leicht auslutschen kann und dann die inneren Samen (was wir in Deutschland oft als Bohnen bezeichnen) rauslutschen kann und dabei die zarten Samen mit dem Geschmack des Gewürzes außen auf der Hülse zusammen bekommt, und das a) sehr gut schmeckt und b) superzart ist, man muss es gar nicht kauen. Ich habe genau auf die Reaktionen geachtet, und es wurde als normal angesehen, erzeugte jedenfalls keine erkennbare Reaktion, dass ich die Bohnen auslutschte statt sie komplett zu essen.

Eben bekam ich die zum dritten Mal, und da wieder zwei Schüsselchen, aber getrennt hingestellt. Eins mit den Bohnen, eins leer.

Damit war nun klar, dass beim Verzehr irgendetwas übrig bleibt, wofür das zweite Schüsselchen ist. Und es wohl wirklich so ist, dass man die nur auslutscht, nur die Samen und die Gewürze außen drauf isst, aber nicht die Hülsen.

Und damit dämmerte mir so langsam, was der Grund für die Heiterkeit bei einem ersten Bohnen-Abendessen gewesen sein dürfte:

Guck Dir den Europäer an, das glaubst Du nicht, der frisst die Bohnen mit der Hülse!

Ich sage mir eben, Ballaststoffe sollen ja gesund und gut für die Verdauung sein.

Anscheinend saß ich da gerade vor den Bohnen und man sah mir an, dass ich lachen musste, was wiederum dazu führte, dass sich der Koch und die hübsche Kellnerin sehr freuten und sich ihrerseits lachend und freundlich zeigten. (Wenn die wüssten, warum ich lachen musste …)